Titel
Lindenschmit
,
1) Wilhelm, Maler, geb. zu Mainz [* 2] als Sohn eines Medailleurs, besuchte 1823 die Akademie in München, [* 3] 1824-25 die zu Wien, [* 4] kehrte aber, als Cornelius von Düsseldorf [* 5] nach München übersiedelte, dahin zurück. Hier malte er für die Arkaden des Hofgartens den Sieg Ludwigs des Reichen über Albrecht Achilles von Brandenburg [* 6] bei Giengen, den Untergang der Oberländer Bauern an der Kirche zu Sendling bei München, die Mehrzahl der Bilder aus Schillers Dichtungen im Schreibzimmer der Königin im Königsbau, zwei Darstellungen aus dem Leben des Leonardo da Vinci für die Loggia der Pinakothek (nach Entwürfen von Cornelius) und schmückte sodann vier Gemächer der Burg Hohenschwangau mit Fresken aus der Geschichte Bayerns.
Nach Vollendung der letztern malte er in
Öl den
Kampf der cimbrischen
Frauen gegen die
Römer
[* 7] und die unglückliche
Schlacht des
Arminius auf dem Idistavisusfeld. Von seinen spätern Werken sind zu nennen die Luitpoldschlacht aus der Zeit
Ludwigs des
Kindes und der Einzug
Ottos d. Gr. in das befreite
Augsburg
[* 8] am
Abend nach dem
Sieg auf dem
Lechfeld.
Lindenschmit
zeichnete sich besonders durch ein gründliches
Studium der Geschichte und des
Kostüms aus. Seine Gestalten sind voll
Charakter
und
Ausdruck. Er starb in
Mainz.
2) Ludwig, Altertumsforscher, Bruder des ¶
mehr
vorigen, geb. zu Mainz, besuchte in München die Kunstakademie unter Cornelius und die Universität und widmete sich
der Kunst bis 1846, wo er sich der Erforschung der vaterländischen Altertümer zuwandte. Durch seine Schrift »Das germanische
Totenlager von Selzen« (Mainz 1848) gewannen die schwankenden Anschauungen über die altgermanischen Grabaltertümer
eine sichere Grundlage. Als 1851 der Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine die Gründung des römisch-germanischen
Zentralmuseums zu Mainz beschloß, wurde Lindenschmit
mit der Leitung desselben beauftragt, und seiner aufopfernden Thätigkeit
gelang es, dasselbe zu solcher Bedeutung zu erheben, daß dem Museum später eine Beisteuer von seiten des Deutschen
Reichs bewilligt wurde.
Die Sammlungen der Anstalt bilden ein wichtiges Vergleichungsmaterial für das Studium der vorzeitlichen Denkmäler Deutschlands
[* 10] von den frühsten Zeiten bis auf Karl d. Gr. Als Ergebnisse seiner umfassenden Studien veröffentlichte Lindenschmit:.
»Die vaterländischen
Altertümer der fürstlich Hohenzollernschen Sammlungen« (Mainz 1860);
»Die Altertümer unsrer heidnischen Vorzeit« (das. 1858-1886, Bd. 1-4);
»Handbuch der deutschen Altertumskunde« (Braunschw. 1880 ff.);
»Tracht und Bewaffnung des römischen Heers während der Kaiserzeit« (das. 1882).
ist Mitredakteur des »Archivs für Anthropologie«.
3) Wilhelm, Maler, Sohn von Lindenschmit
1), geb. zu München, erhielt seinen ersten Kunstunterricht von seinem Oheim Ludwig
Lindenschmit
in Mainz, kam 1844 auf die Münchener Akademie und übte sich nebenbei in Xylographie und Lithographie.
Nach des Vaters Tod studierte er erst am Städelschen Institut in Frankfurt,
[* 11] dann an der Akademie in Antwerpen,
[* 12] wandte sich aber
bald nach Paris
[* 13] und malte dort unter anderm: die Gräfin von Rudolstadt
[* 14] und Alba
[* 15] sowie eine Ernte
[* 16] (beide
in der Kunsthalle zu Hamburg).
[* 17] Im J. 1853 nach Deutschland
[* 18] zurückgekehrt, lebte er einige Jahre in Frankfurt, wo sein im Germanischen
Museum zu Nürnberg
[* 19] befindlicher Karton: Gefangennahme Franz' I. in der Schlacht bei Pavia, eine Episode aus der Geschichte des
Lützowschen Freikorps, 1861 der Tod Franz von Sickingens und 1862 die Reformatorenversammlung in Marburg
[* 20] entstanden. 1863 siedelte Lindenschmit
nach München über und zeichnete für Bruckmann die deutsche Ruhmeshalle; sodann entstanden:
der Fischer und die Nixe (in der Schackschen Galerie zu München), die Jahreszeitenfriese im Cramer-Klettschen Haus zu Nürnberg,
Luther, als Kurrendschüler im Haus der Frau Cotta um Brot
[* 21] singend (gestochen von Schultheiß). Im J. 1868 malte
Lindenschmit
die Stiftung des Jesuitenordens, 1869 den jungen Luther bei Andreas Proles, die Klosterfreuden und Ulrich von Hutten im Kampf
mit französischen Adligen (Museum zu Leipzig).
[* 22]
Ferner malte er den Tod Wilhelms von Oranien (für die Gesellschaft für historische Kunst), Fallstaff ^[richtig:
Falstaff] und die lustigen Weiber von Windsor, Knox und die schottischen Bilderstürmer, Anna Boleyn, Venus an der Leiche des Adonis,
Narziß, Luther und Kardinal Cajetan in Augsburg, Walter Raleigh im Tower. 1875 ward er zum Professor an der Münchener Akademie ernannt,
dekorierte 1883 und 1884 den Saal des Rathauses zu Kaufbeuren
[* 23] mit geschichtlichen und allegorischen Wandgemälden
und vollendete 1886 ein großes, figurenreiches Historienbild, den Einzug Alarichs in Rom.
[* 24] Lindenschmit
zeichnet sich als Kolorist besonders
durch eine glückliche Behandlung des Halbdunkels aus. Doch leidet der Gesamteindruck seiner Bilder unter einer
zu starken
Betonung
[* 25] bräunlicher Töne. In seinen letzten Gemälden ist er zu einer reichern Farbenentfaltung gelangt.