Landschaft
smalerei,
die malerische
Darstellung der
Natur in ihrer äußern
Erscheinung. In der geschichtlichen
Entwickelung
der
Künste tritt die Landschaft
smalerei im eigentlichen
Sinn des
Wortes, d. h. als besondere Kunstgattung, erst spät auf.
Der antiken
Welt war das moderne sentimentale
Naturgefühl fremd, und ihre
Kunst
war in erster
Linie auf die Durchbildung der
menschlichen Gestalt gerichtet;
Landschaften erscheinen daher geraume Zeit nur als
Hintergründe oder auch als
Dekorationen.
Erst in der alexandrinischen Zeit, welche auf dem Gebiet der
Dichtung das
Idyll schuf, trat ein merklicher
Umschlag ein, ein lebhafteres
Interesse für die
Schönheit der
Natur (auch in der
Pflege der
Gartenkunst namentlich in römischer
Zeit sich äußernd) erwachte und damit die
Neigung, der
Landschaft selbständigen
Charakter zu geben. Die bedeutendste uns
erhaltene Leistung, welche etwa dem Gebiet der historischen
Landschaft zuzuweisen ist, sind die auf dem
Esquilin in
Rom
[* 2] gefundenen, jetzt im
Vatikan
[* 3] befindlichen Odysseelandschaften
, Wandbilder, welche Homerische
Szenen in breitester
landschaft
licher Umgebung schildern.
Sie sind herausgegeben von
Woermann (»Die antiken Odysseelandschaften«
,
Münch. 1876). Außerdem finden sich in
Pompeji
[* 4] und
Herculaneum häufig kleinere
Park-,
Hafen- und Gartenansichten von selbständigem Wert.
Vgl. Woermann, Die Landschaft in der Kunst der alten Völker (Münch. 1876).
Auch im
Mittelalter tritt die Landschaft
smalerei zunächst sehr in den
Hintergrund, weil religiöse
Stoffe vorherrschen. Über das allmähliche
Erwachen des
Naturgefühls unterrichtet
Jakob
Burckhardt, Die
Kultur der
Renaissance in
Italien,
[* 5] 4.
Abschnitt. So
konnte erst Jan van
Eyck (gest. 1441) in der ersten Hälfte des 15. Jahrh., durch
glänzende Öltechnik und perspektivisches
Wissen unterstützt, der
Landschaft ein naturgemäßeres Äußere geben. Er widmete
ihr ein tiefes
Studium, verstand sich bereits auf die
Effekte der Sonnenbeleuchtung, des
Helldunkels etc., behandelte die Landschaftsmalerei
jedoch
noch nicht selbständig, sondern als
Hintergrund seiner historischen
Bilder.
Die ersten reinen
Landschaften finden sich unter den
Zeichnungen und Wasserfarbenmalereien A.
Dürers, welcher auf seinen
Wanderungen
zuerst das
Porträt der
Landschaft fixierte.
Sein Nachahmer
Altdorfer, der auch der erste Landschaftsradierer ist, wich wieder
von der
Natur ab und gab seinen
Landschaften einen phantastischen
Anstrich. In
Italien waren
Tizian und sein
Schüler
Andrea
Schiavone die ersten Landschaftsmaler. Sie verliehen ihren Bildern einen idealen, heroischen
Charakter, welchen
dann
Domenichino, die
Carracci, besonders aber G.
Poussin,
Salvator Rosa und
Claude Lorrain, die der spätern
Entwickelung der
idealistischen Landschaftsmalerei
die Wege wiesen, weiter ausbildeten.
Einen realistischen Weg schlug die niederländische Malerei ein. Lange kam man allerdings nicht viel über die van Eyck hinaus, und man staffierte die Landschaft mit Gruppen religiöser und mythologischer Bedeutung. Dieser Richtung gehörte noch Jan Brueghel (1569-1625) an, obwohl er auch reine Landschaften malte. Erst das 17. Jahrh. löste der Landschaft in den Niederlanden die Sprache, [* 6] sowohl in Brabant, wo Rubens, Arthois, Uden, Momper u. a. thätig waren, als ganz besonders in Holland.
Hier war der Vorgang J. ^[Jan] van Goyens entscheidend; man gelangte dazu, die heimische Landschaft in bezaubernder Feinheit zu malen (Wynants, Wouwerman, der Haarlemsche van der Meer, Koninck; S. van Ruisdael, Jac. van Ruisdael, Rembrandt, der auch hierin großen Einfluß ausübte und feine Landschaftsradierungen lieferte, A. van Everdingen, Hobbema u. v. a.). Die größten sind J. ^[Jacob] van Ruisdael (gest. 1682), der meist Waldlandschaften mit ernster Stimmung und Wasserfälle malte, und Hobbema, dessen Spezialität ebenfalls in Waldlandschaften liegt.
Die holländische Landschaftsmalerei
bezeichnet einen Höhepunkt. Sie gipfelte in der Wiedergabe
der verschiedensten
Stimmungen und hat einen entscheidenden Einfluß auf die moderne französische und deutsche Landschaftsmalerei
geübt.
Viele
Holländer wandten sich nach
Italien und stellten, von
Claude Lorrain mehr oder weniger beeinflußt, südliche Gegenden
dar; die Hauptmeister sind
Both und
Berchem.
Berchem,
Potter, A. van de
Velde, J. H.
^[Johann
Heinrich]
Roos
pflegten ihre
Landschaften meist mit reicher Tierstaffage auszustatten, daher »Tierlandschaft«;
Porcellis, W. van de
Velde,
Bakhuizen malten
Marinen. Im 18. Jahrh. wurde die Landschaftsmalerei
glatt, geleckt, entweder zierliche
Feinmalerei oder oberflächliche
Dekoration.
Unter den
Franzosen ist J.
^[Joseph]
Vernet, unter den Engländern T.
Gainsborough zu erwähnen. Bedeutender
ist der treffliche
Maler venezianischer
Prospekte A.
Canale und sein
Schüler und
Neffe B.
Bellotto. Das angehende 19. Jahrh. zeigt
die Landschaftsmalerei
in kläglichem Zustand
(Hackert u. a.); das Erfreulichste wurde noch im Anschluß an die alten
Holländer geliefert
(Wagenbauer:
Kuntz).
Turners geniale
Effekte gingen in Formlosigkeit unter. Eine neue
Periode der deutschen
Landschaftsmalerei
hub mit J. A.
^[Joseph
Anton]
Koch an, der im Anschluß an
Poussin und
Claude Lorrain die stilisierte (historische)
Landschaft
wieder belebte. J.
^[Julius]
Schnorr,
Preller,
Rottmann,
Franz-Dreber,
Kanoldt u. a. haben diese
Richtung bis auf die Gegenwart
fortgesetzt.
Eine andre neue
Bahn eröffneten die
Düsseldorfer, voran
Lessing; die
Sentimentalität dieser
Schule fand
gerade in der
Landschaft, durch die Versenkung der subjektiven
Stimmung in die
Natur, einen angemessenen
Ausdruck. Neben ihm
wirkte J. W.
^[Johann
Wilhelm]
Schirmer, der sich auch der stilisierten Landschaftsmalerei
zuwandte.
Immer vielseitiger gestaltete sich die Landschaftsmalerei:
die
Stimmungslandschaft, die Vedutenmalerei, die romantische Landschaftsmalerei
etc. wurden
zu
Spezialitäten, denen sich zahllose
Künstler widmeten.
Wichtig wurde namentlich das Vorgehen der modernen
Franzosen, die den Hauptwert auf die malerische
Stimmung legen (paysage
intime) und die unscheinbarsten Vorwürfe behandeln
(Huet,
Corot,
Rousseau,
Dupré,
Daubigny,
Courbet u. a.). Zu gunsten der »malerischen«
Stimmung vernachlässigte man jedoch ungebührlich das Formenstudium, und die ungeahnte Erweiterung des
Kreises der Landschaftsmalerei
, die vom
Pol bis zum
Äquator, von
Australien
[* 7] bis
Amerika
[* 8] alles in ihren Bereich zog (E.
Hildebrandt), trug zunächst
mehr zur Effektlandschaft als zur künstlerischen Vertiefung bei; doch haben sich jetzt die
Gegensätze ausgeglichen, und
die Landschaftsmalerei bildet den erfreulichsten Teil der modernen
Malerei. Ausgezeichnete
Landschafts- und Marinemaler
der neuern Zeit sind: die
Deutschen
Andreas und
Oswald
Achenbach, A.
Zimmermann,
Leu, E.
Schleich,
Hoguet,
Eschke,
Graf
Kalckreuth,
¶
mehr
M. Schmidt, Gude, Lier, Dücker, Kröner, Körner, Ludwig, v. Kameke, Wenglein, Baisch, Schönleber, Österley, Chr. Wilberg u. a., die Schweizer Calame und Diday, die Holländer Koekkoek und Mesdag, die Belgier Schampheleer, Lamorinière u. a.
Vgl. Schnaase, Niederländische [* 10] Briefe (Stuttg. 1834);
Carus, Briefe über die Landschaftsmalerei (2. Aufl., Leipz. 1835);
Gilbert, Landscape in art, before the days of Claude and Salvator (Lond. 1885);
Kaemmerer, Die Landschaft in der deutschen Kunst (Leipz. 1886).
Hinsichtlich der Aquarellmaler s. Aquarellmalerei.