Kirchengut.
Bei den ersten
Christen bestritt die Gemeinde alle kirchlichen Bedürfnisse durch freiwillige Beiträge.
Weiterhin aber bildete sich der
Begriff eines selbständigen Kirchengut
aus, dessen
Verwaltung und Nießbrauch dem Klerus zukomme,
während die
Substanz nur im Falle dringender
Not mit Genehmigung der Kirchenobern veräußert oder belastet werden dürfe.
Dasselbe wurde durch Gnadenbezeigungen des
Staates, Beiträge von Stadtgemeinden, Schenkungen und Vermächtnisse von Privatpersonen
und den auf
Grund der mosaischen Vorschriften von der
Kirche in
Anspruch genommenen Zehnten vermehrt.
Zahllose Stiftungen der Gläubigen für kirchliche Zwecke und besonders die sog. Seelgaben (pro remedio animae) steigerten den Reichtum der Kirche allmählich ins Grenzenlose. Bereits seit dem 12. und 13. Jahrh. wurde aber der Widerspruch gegen die materielle Übermacht des Klerus, welcher in Deutschland [* 2] fast ein Viertel, in Spanien [* 3] ein Sechstel alles Grund und Bodens an sich gebracht hatte, immer allgemeiner, und es gelang den Fürsten etwa seit der Mitte des 15. Jahrh. wenigstens die Erwerbung von liegenden Gründen, Zinsen, Renten u. s. w. durch Kirchen und geistliche Korporationen von der landesherrlichen Genehmigung abhängig zu machen.
Die
Reformation des 16. Jahrh. führte zur
Säkularisation (s. d.) vieler
Güter des Klerus, welche teils
in Privatbesitzungen, weltliche Herrschaften oder
Domänen verwandelt, teils zu
Kirchen- und Schulzwecken bestimmt wurden,
und der Reichsdeputationshauptschluß von 1803 nahm der kath.
Kirche
Deutschlands
[* 4] einen großen
Teil ihres Vermögens. Allerdings
haben die deutschen Regierungen ihre Pflicht zur Neudotation der
Kirche anerkannt und in den
Cirkumskriptionsbullen zur
Ausführung gebracht. Aber das ist doch überall in der
Weise geschehen, daß bestimmte Geldsummen aus der Staatskasse für
kirchliche Bedürfnisse gezahlt werden, nicht, wie die
Kirche gewünscht hatte, ihr Kapitalien oder Immobilien übergeben
worden wären. - Die evang.
Kirche ist nur in seltenen Ausnahmefällen in das Vermögen der frühern kath.
Kirchen nachgefolgt; und selbst wo ihr das gelungen ist, wie in
Württemberg,
[* 5] ist ihr schließlich doch durch Gewaltakt ihr
Vermögen genommen worden. Darum muß hier vielfach durch
Besteuerung der Gemeindeglieder der
Mangel eigenen Vermögens ersetzt
werden. - Während in der kath.
Kirche für die
Verwaltung des Kirchengut
lediglich die kirchlichen Organe zuständig
sind, gebührt dieselbe nach evang. Grundsätzen der Gemeinde, und wenn diese Gemeindebefugnisse
auch jahrhundertelang brach gelegen haben, so sind sie doch durch die moderne Gesetzgebung nicht nur anerkannt und den Presbyterien
übertragen, sondern in einzelnen
Ländern auch für die kath. Gemeinden ins Leben gerufen worden. Als Eigentümer des
Kirchengut
gilt nicht die allgemeine christl.
Kirche oder die Landeskirche, soweit letzteres nicht besonders begründet ist,
sondern
die einzelne kirchliche Anstalt oder die
Kirchengemeinde, in deren Nutzung sich das Kirchengut
befindet.