Ironie
(griech. eironeia), im Reden die »verstellte Unwissenheit oder Zustimmung«, die als Mittel zur ¶
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Verspottung, Verhöhnung andrer dient; im ästhetischen Sinn [* 2] Figur des feinern Spottes, die das Gegenteil von dem sagt, was man verstanden wissen will, oder die scheinbar ernst gemeinte Aufstellung des entgegengesetzten Verhältnisses von dem Dargestellten, in der Absicht, das Verkehrte, Widersprechende oder Lächerliche des letztern desto mehr bloßzustellen. Die I. muß ganz unbefangen auftreten, wenn es ihr gelingen soll, das Unwahre, Leere und Nichtige einer Meinung, Sache oder Handlung dadurch recht in die Augen springend zu machen, daß sie jener Meinung, Handlung etc. den Anstrich der eignen Billigung gibt, daß sie also einen Kontrast zwischen dem eigentlichen Gedanken und dem wörtlichen Ausdruck desselben aufstellt.
Man kann daher die I. auch eine frei durchgeführte Darstellung des Unwahren in der Form des Wahren nennen. Am lebhaftesten wird sie, wenn der Ton der Rede mitwirken kann. Als wissenschaftliche Lehrweise ist die I. von Sokrates, als Grundlage der Kunstkritik von der sogen. romantischen Schule angewandt worden. Romantische Ästhetiker, wie Solger und Tieck, verstanden unter I. das freie Spiel des Künstlers mit seinem Stoff oder, nach Tiecks Ausdruck, die letzte Vollendung eines Kunstwerkes, jenen Äthergeist, der befriedigt und unbefangen über dem Ganzen schwebt, was aber dem Sprachgebrauch Gewalt anthut. Andre, wie namentlich Fr. Schlegel, haben den Ausdruck I. dadurch in Verruf gebracht, daß sie darunter ein Hinwegsetzen über alles Wesentliche und Ernste, ein blasiertes Über-alles-hinaus-sein verstanden. Eine Abart der I. ist der Sarkasmus; eigentümliche Durchführungen derselben sind Parodie und Travestie.
Vgl. Schasler, Das Reich der I. in kulturgeschichtlicher und ästhetischer Beziehung (Berl. 1879).