Hindukusch
(»Hindutöter«, nach einem der Pässe benannt, den indische Sklaven zu überschreiten hatten, auch Hindukoh, »indischer Berg«),
Gebirgssystem in Asien, [* 2] die Wasserscheide zwischen Indus und Amu Darja, der Grenzwall zwischen den Ländern indischer Kultur und den Uzbekenstaaten Zentralasiens, ist die südwestliche Fortsetzung des Karakorum, von welchem es der von Wachan nach Kafiristan führende, 3660 m hohe Baroghilpaß scheidet. Im W. steigen die Pässe, welche von S. her nach Badachschan geleiten, gewaltig empor, teilweise über 5000 m. Unter ihnen sind berühmt der Kalupaß im Thal [* 3] von Bamian (s. d.), der Siralang und Chawak, welche von Alexander, Dschengis-Chan und Timur überschritten wurden.
Der Verkehr zwischen Badachschan und Kafiristan geht über den Dorapaß und den 5180 m hohen Nukschanpaß, wobei ein Gletscher überschritten werden muß. Alle in neuerer Zeit von Europäern gemachten Versuche, dieselben zu überschreiten, sind dem Widerstand der Bergstämme von Kafiristan gegenüber vergeblich gewesen. Beide Seiten des Gebirges begleiten Längsthäler, in denen sich verschiedene Gewässer sammeln, um nach N. zum Amu Darja (Koktscha, Surchab), nach SW. zum Kabul und Hilmend abzufließen.
Eine tiefe Einsenkung bei
Bamian, durch welche die
Straße von Chulam nach
Kabul zieht, trennt den Hindukusch
von dem
Massiv des Kohibaba,
der eine westliche
Richtung nimmt. Das Land zu beiden Seiten der Hauptkette ist durchgehends ein Alpenland von
großartiger Szenerie mit teilweise vergletschertem
Hintergrund. Von Aussichtspunkten im
Kaschmir-Himalaja haben Beamte des
englischen Vermessungsamtes in den
Kämmen die von der Hauptkette herabziehen, Gipfel bis zu 7173 m
Höhe trigonometrisch bestimmt;
die höchsten Gipfel der Hauptkette liegen sicherlich noch bedeutend höher. Am Südabhang gedeiht in den untern Thälern noch Reis, stellenweise auch Zuckerrohr;
sonst sind die Abhänge mit Nadelholz bewachsen. Am Swatfluß in Kafiristan treten noch Olivenbäume auf;
Feigen-, Apfel- und Birnbäume sind Nutz-, Platanen Zierbäume;
die Weinrebe findet ausgedehnten Anbau, und Bienenzucht [* 4] wird allgemein betrieben.
Viel rauher ist der Nordabhang; die Querthäler sind hier weit kürzer als im S. Im Hochgebirge wird Baumwuchs spärlich, Alpenwirtschaft und Viehzucht [* 5] herrschen vor; in den Thälern gibt Getreide [* 6] volle Ernten, auch Wein wird noch häufig gebaut. Der Flora entspricht die Fauna: reich an Wild ist der Süden; unter den Vögeln sind die ihrer Schönheit und Raschheit wegen in ganz Zentralasien [* 7] gesuchten Falken hervorzuheben; Pferde [* 8] sind im Hochgebirge selten. Das Mineralreich liefert Lapislazuli (die Minen von Badachschan waren schon im Altertum berühmt) und Eisen, [* 9] wovon sich namentlich am Nordabhang ausgedehnte Lager [* 10] befinden, was die Entwickelung der Eisengießerei [* 11] begünstigt. - Die ältesten Bewohner waren Arier, von denen sich nur in den im Hauptkamm in Kafiristan wohnenden Hindki noch Reste erhalten haben; den Grundstock bilden am Südabhang die Afghanen, ein Mischvolk aus Ariern mit Iraniern (s. Afghanistan, [* 12] S. 143). Im N. herrscht das türkische Blut vor, das durch Uzbeken, Hazara und Kirgisen vertreten ist; iranische Bevölkerung [* 13] sitzt noch unterm Hochgebirge. Die Religion ist der Islam, den nur ¶
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die Hindki nicht angenommen haben. In politischer Beziehung gehört der Hindukusch
im Südabhang des nordöstlichen
Teils zu Kafiristan, im übrigen zu Afghanistan (s. d.); doch gebietet im Hochgebirge der Emir nur nominell, die Gewalt liegt
hier in den Händen der Oberhäupter der einzelnen Stämme. S. Karte »Zentralasien«.