Hallucinat
ionen
eine Kategorie der Sinnestäuschungen (Sinnesdelirien),
sind scheinbare sinnliche Wahrnehmungen äußerer Objekte bez. Vorgänge, die nicht durch die unmittelbare Einwirkung entsprechender («adäquater») äußerer Reize (Licht, [* 2] Schall [* 3] u. s. w.) auf die betreffenden Sinnesorgane zu stande kommen, sondern durch innere Reizung der letztern oder ihrer Nerven, [* 4] deren Fortsetzungen und Endigungen im Gehirn; [* 5] es kommt so entweder zu weitern «subjektiven» Erscheinungen («Lichtblitze») oder zu einem lebhaften Wiederauftauchen (Reproduktion) von früher wirklich Wahrgenommenem («Erinnerungsbilder») in mehr oder weniger phantastischer Kombination im Bewußtsein.
Die Hallucinat
ionen sind ihrem Wesen nach nahe verwandt mit den Traumbildern, unterscheiden sich
aber von letztern dadurch, daß sie im wachen Zustande auftreten, sodaß der Hallucinant neben den Trugwahrnehmungen auch
die wirkliche Außenwelt gewahr wird. Am häufigsten sind
Gehör-Hallucinationen, z. B. das Hören von lauten Worten
(«Stimmen»,
wie sich die betreffenden
Kranken gewöhnlich ausdrücken), ohne daß wirklich jemand spricht, demnächst
die
Gesichts-Hallucinationen, die Wahrnehmung von Gestalten
(Menschen,
Tiere u. s. w.). Seltener sind
Geruchs-,
Geschmacks- und
Gefühls-Hallucinat
ionen.
Die Hallucinat
ionen sind eins der wichtigsten
Symptome der
Geisteskrankheiten
und kommen hier gelegentlich bei fast allen Formen vor, bei
einzelnen bilden sie die Haupterscheinung (sog. hallucinat
orische Formen von
Geistesstörung, wie
Wahnsinn,
Delirium, Verrücktheit). Auch Nervenkranke (Epileptische und
Hysterische) zeigen gelegentlich
Hallucinat
ionen ohne ausgeprägte
Geistesstörung. Von großer Bedeutung für die Entstehung von Hallucinat
ionen sind auch gewisse
Vergiftungen
(Opium,
Belladonna,
Haschisch,
Alkohol bei dauerndem
Mißbrauch); die Hallucinationen
treten hier teils als unmittelbare Folge der
Aufnahme, teils
bei Entziehung des zur Gewohnheit gewordenen Genusses auf.
Auch im Fieberdelirium spielen Hallucinationen
eine Rolle; doch überwiegt hier in der Regel eine andere Form der
Sinnestäuschungen, die
Illusionen (s. d.), d. h. die falsche Wahrnehmung
von wirklich äußerlich Vorhandenem. Im allgemeinen begünstigen geistige und körperliche Erschöpfungszustände (z. B.
strenge
Ascese) ihre Entstehung, die wohl immer eine abnorm große
Erregbarkeit
bez. Reizung gewisser Gehirnteile
voraussetzt. Es erklärt sich so, daß in seltenen Fällen Hallucinationen
gelegentlich auch bei sonst geistig Gesunden
vorkommen
(Goethes Selbstvision,
Spinoza,
Jean
Pauls Mädchenkopf, bei Künstlern mit lebhafter
Phantasie). Die Hallucinationen
haben eine
große kulturhistor. Bedeutung (Mohammed). Insofern der geisteskranke Hallucinant in der Regel vollständig
überzeugt ist von der Wirklichkeit seiner Trugwahrnehmungen, handelt er dementsprechend, wobei es vielfach zu Gewaltthaten
(Mord, Selbstmord u.s.w.) kommt. Mit Hallucinationen
behaftete
Personen sind deshalb häufig gemeingefährlich.