Goldoni
,
Carlo, berühmter ital. Lustspieldichter, geb. 1707 zu Venedig, [* 2] erhielt seine erste wissenschaftliche Bildung teils im Jesuitenkollegium in Perugia, teils bei den Dominikanern in Rimini und widmete sich dann zu Venedig und Pavia dem Studium der Rechte. Nach verschiedenen Hin- und Herzügen ward er Sekretär [* 3] des Vizekanzlers des Kriminalgerichts in Chioggia, dem er 1729 nach Feltre folgte. Hier versuchte er sich auf einem Liebhabertheater mit Glück in der von ihm selbst zur Aufführung ohne Musik eingerichteten Oper Metastasios: »Didone e Siroe« als Schauspieler und verfaßte die beiden Lustspiele: »Il buon padre« und »La cantatrice«, welche großen Beifall fanden.
Nachdem er 1731 in
Padua
[* 4] promoviert hatte, ließ er sich im folgenden Jahr als
Advokat in
Venedig nieder, wo er eine Zeitlang
mit
Glück praktizierte, ohne dabei seiner Lieblingsbeschäftigung, der dramatischen
Dichtung, zu entsagen. Sehr bald aber
nötigte ihn eine unglückliche Liebesangelegenheit,
Venedig plötzlich zu verlassen.
Immer litterarisch
beschäftigt, lebte nun Goldoni
mehrere Jahre in verschiedenen
Städten Oberitaliens, bis er in
Genua
[* 5] die Bekanntschaft der Tochter
eines
Notars machte, die er 1736 heiratete.
Inzwischen waren seine ersten größern dramatischen Versuche: »Il gondoliere veneziano«, »Belisario«, »Rosamunda« u. a., in Venedig durch eine Schauspielertruppe, die er in Verona [* 6] kennen gelernt hatte, zur Aufführung gebracht und zum Teil mit großem Beifall aufgenommen worden. Nunmehr stellte er sich, nach Venedig zurückgekehrt, die Aufgabe, der Reformator des italienischen Lustspiels zu werden und an Stelle der Commedia dell' arte mit ihren Harlekinaden und Possenreißereien, ihren Unanständigkeiten und phantastischen Erfindungen die Charakter- und Sittenkomödie nach Molières Vorbild einzuführen.
Während des jahrelangen, mühevollen Kampfes, den er gegen die bisherige Form zu führen hatte, und in welchem Carlo Gozzi (s. d.) sein Hauptgegner war, wechselte er, auch von mancherlei persönlichem Mißgeschick verfolgt, häufig seinen Aufenthaltsort, neben seiner Thätigkeit für die Bühne auch immer noch als Advokat praktizierend. Erst als es ihm nach einigen Jahren gelang, in ein festes Verhältnis zu der Madebachschen Truppe, die im Theater [* 7] Sant' Angelo in Venedig spielte, zu treten, gab er die Advokatur ganz auf, um sich ausschließlich der Arbeit für diese Bühne zu widmen. Er schrieb nun eine große Anzahl Stücke, die dem Geschmack des Publikums endlich eine entschiedene Wendung zu gunsten der neuen Richtung gaben.
Sein
Ruhm verbreitete sich bald auch über
Italiens
[* 8]
Grenzen
[* 9] hinaus und verschaffte ihm 1761 einen
Ruf nach
Paris,
[* 10] um für das dortige
Italienische
Theater zu arbeiten. Goldoni
folgte dem
Ruf und brachte die letzten 30 Jahre seines
Lebens in
Paris
zu. Hier schrieb er noch mehrere italienische
Stücke und zwei französische, deren eins, »Le
[* 11] bourru bienfaisant«, 1771 mit
großem Erfolg in
Fontainebleau aufgeführt wurde (deutsch als »Der gutherzige Murrkopf«,
Augsb. 1785). Als sein
Kontrakt mit der dortigen
Bühne abgelaufen war, ernannte ihn
Ludwig XV. zum italienischen
Sprachlehrer seiner Töchter und setzte ihm ein Jahrgeld von 3600
Livres aus.
Durch die Revolution verlor er dasselbe, ein Beschluß des Konvents gab es ihm jedoch zurück. Er starb kurz darauf, hat gegen 200 Stücke geschrieben und sich in allen dramatischen Gattungen versucht. Sein Ruhm beruht aber vorzugsweise auf seinen Lustspielen, von denen ein Teil noch der alten Gattung der Maskenspiele, wenn auch in wesentlich verbesserter Gestalt, angehört. Sein Hauptverdienst besteht in der Einführung des regelmäßigen Lustspiels, besonders der Sitten- und Charakterkomödie. Bei seiner außerordentlichen Fruchtbarkeit arbeitete er oft flüchtig und ungleich; auch fehlt es ihm, namentlich mit Molière verglichen, an komischer Kraft [* 12] und echtem Humor, wenn auch nicht an manchen guten Einfällen. Aber die Sitten ¶
mehr
seiner Zeit und Nation hat er mit großer Wahrheit und scharfen Umrissen, in natürlicher Sprache [* 14] und lebendigem Dialog gezeichnet. Die erste vollständige Ausgabe seiner Werke besorgte er selbst noch (Vened. 1788 ff., 44 Bde.). Von den folgenden nennen wir: die von Venedig 1817, 16 Bde.;
Prato 1819-27, 47 Bde.;
Florenz [* 15] 1827, 53 Bde. Außerdem gibt es mehrere Auswahlen.
Goldonis
Selbstbiographie erschien unter dem Titel: »Mémoires de Mr. Goldoni
pour servir à
l'histoire de sa vie et à celle de son théâtre« (Par. 1787, 3 Bde.;
deutsch, Leipz. 1789, 3 Bde.);
sein Briefwechsel wurde veröffentlicht von Masi (1880) und Mantovani (Mail. 1884).
Vgl. Carrer, Saggi su la vita e su le opere di C. Goldoni
(Vened. 1824, 3 Bde.);
Gavi, Della vita di C. e delle sue commedie (Mail. 1826);
Meneghezzi, Della vita e delle opere di C. Goldoni
(das. 1827);
Molmenti,
C. Goldoni
(Vened. 1879);
Galanti, C. e Venezia nel secolo XVIII (2. Aufl., Padua 1883).