Galla
(Oromo, Argatta), eine zu den
Hamiten und zwar zum äthiopischen
Zweig derselben gehörige, sehr ausgebreitete
Völkerfamilie im Innern
Ostafrikas (an 50
Stämme), deren
Wohnsitze sich gegenwärtig bis tief nach
Abessinien, in die Gebiete
der
Somal und die um den Ukerewesee gelegenen
Länder erstrecken. Eine kompaktere Volksmasse stellen sie
zwischen dem 9. und 3.° nördl.
Br., dem 34. und 48.° östl. L. v. Gr. dar.
Krapf schätzte ihre Zahl auf 6-8 Mill. Nach
ihm soll der
Name Galla
s. v. w. Eingewanderte bedeuten, während
Brenner angibt, daß damit die mohammedanischen Küstenbewohner
alle »Ungläubigen« bezeichnen.
Sie selbst nennen sich Oromo (»starke und tapfere Männer«),
und sie machen diesem
Namen
Ehre; sie zeigen
eine außerordentliche Freiheitsliebe, im
Kampf aber furchtbare Grausamkeit.
Ihre Hautfarbe ist ein ins Rötliche spielendes
Braun, das Haupthaar voll und gekräuselt, der
Bart aber dünn, die
Nase
[* 2] gerade und stumpf, der
Mund fleischig, der
Körper schlank
und wohlgebaut, die
Haltung stolz und selbstbewußt. Die
Frauen zeichnen sich durch zierlichen
Bau, volle
Brust und hübsche
Gesichter aus. Die nördlichen Galla
sind teilweise von
Abessinien abhängig und haben hier und da das
Christentum,
häufiger den
Islam angenommen; die südlichen leben in voller
Freiheit und sind
Heiden, stehen aber ihrer
Religion nach unter
den Afrikanern sehr hoch.
Sie verehren ein unsichtbares höchstes
Wesen, Wak, das bei Landplagen angerufen wird. Den nördlichen Galla
sind
Sonntag und
Sonnabend heilig; auch verehren sie die
Schlange
[* 3] als
Mutter der
Menschen. Die südlichen Galla
lieben die
Freiheit über alles; in der
Sittenstrenge stehen sie unübertroffen da. Die gewöhnlichen Galla
haben selten mehr als eine
Frau, die übrigens keine untergeordnete
Stellung einnimmt und bei der Bewerbung das entscheidende
Wort zu sprechen hat. Die
nördlichen Galla
treiben
Ackerbau und
Viehzucht,
[* 4] die südlichen sind ausschließlich
Viehzüchter und verschmähen den
Ackerbau;
ihre
Herden bestehen aus Fettschwanz- und Mähnenschafen,
Rindern,
Kamelen und
Ziegen. Die
Pferde
[* 5] der nördlichen
Galla
sind im ganzen
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Sudân begehrt, die südlichen halten Reitochsen. Ihre Verfassung hat republikanischen Anstrich. An der Spitze des Stammes steht ein Rat von Männern, welche acht Jahre hindurch die oberste Gewalt in den Händen behalten (gada) und nach Ablauf [* 7] derselben wieder wählbar sind. Diese sind der Aba Saa (Finanzminister), Irresa (Oberpriester), Aba bokku (Präsident des Parlaments) und Moti (Chef der Exekutive). Bei den nördlichen Stämmen hat der Bokku auch die Anführung im Krieg, und der Dori ist Chef des Landes.
Diesem unterstehen die Raba und Rorissa. Die Priester heißen Lubu. D'Abbadie hat in der Religion der Galla
Anklänge an den christlichen
Glauben zu finden geglaubt. Die Sprache
[* 8] der Galla
gehört zu der äthiopischen (südlichen) Gruppe der hamitischen
Sprachen. Ein Wörterbuch derselben, nebst Grammatik, lieferte Tutschek (Münch. 1844-45, 3 Bde.), eine Grammatik auch Massaja
(Par. 1867).
Vgl. Krapf, Travels, researches and missionary labours in Eastern Africa (Lond. 1860);
Cl. Denhardt in »Petermanns Mitteilungen« 1881; d'Abbadie, Sur les Oromo (Brüss. 1880);
Bianchi, Alla terra dei Galla
(Mail. 1884);
Paulitschke,
Beiträge zur Ethnographie
[* 9] und Anthropologie der Somal, Galla
u. Harari (Leipz. 1886).