Gabun
(Gabon), franz. Besitzung im äquatorialen Westafrika (s. Karte »Guinea«), [* 3]
begrenzt im W. vom Atlantischen Ozean, im N. von der deutschen Kolonie Camerun [* 4] durch den Campofluß geschieden, dem die Grenze bis 10° östl. L. v. Gr. und von da ab dessen Parallelgrad bis zum Schneidepunkt desselben mit dem 15.° östl. L. folgt, im O. vom Congostaat und dem Congostrom bis zum 15.° östl. L., dem die Grenze nordwärts bis zur Wasserscheide zwischen Congo und Kuilu folgt und auf dieser und am Tschiloango westwärts zum Meer verläuft, ein Areal von 450,000 qkm (8170 QM.). Dies große Gebiet, welches erst in neuester Zeit durch die Reisen von Du Chaillu, Walker, [* 5] Lenz, Brazza, Comber, Grant Elliott u. a. einigermaßen bekannt wurde, hat eine ziemlich gleichmäßig verlaufende Meeresküste, welche nur durch die Ästuarien einiger Flüsse [* 6] etwas Abwechselung erhält.
An der äußersten nördlichen
Grenze mündet die
Angra,
[* 7] welche als Nundui von der
Serra do Cristal herabströmt
und später die
Namen Otambuni und Muni führt, in die Coriscobai. Weiter südlich empfängt das Ästuarium
[* 8] von
Munda, auch
wohl fälschlich Mundafluß genannt, eine ganze Anzahl kleiner
Flüsse. Das durch eine breite
Landzunge von dem vorigen getrennte
Ästuarium des Gabun
, von welchem die Besitzung ihren
Namen herleitet, dessen 16 km breite Einfahrt zwischen
Kap
Santa Clara und Pongara
Point, also zwischen 0° 31' und 0° 21' und 9° 25' östl. L. v. Gr.
liegt, hat auf seiner 65 km weit ins Land dringenden
Länge eine
Breite
[* 9] von 10-20 km und eine Tiefe von 5-20 m. Von W. her
mündet der
Como, von S. der Remboe.
Der erstere ist in seinem breiten Unterlauf (Olombo m polo) für große Fahrzeuge bis zur
Insel Ningeninge geeignet, dort
befindet sich eine Anzahl von
Hulks europäischer Kaufleute, später kann er nur mit
Booten befahren werden.
Größer als die
genannte sind die
Insel
Bunde im Unterlauf des
Flusses, im Gabun
selber die
Inseln Coniquet und
Perroquet,
an der Mündung des Remboe die
Insel Irongombene. Das Nordufer des Gabun
ist mäßig hoch, auf ihm liegen die europäischen
Ansiedelungen, das Südufer ist niedrig und sumpfig.
Der bei weitem größte Fluß des Gebiets ist aber der Ogowe, welcher unter 2° 40' südl. Br. und 14° 30' östl. L. v. Gr. auf der niedrigen Wasserscheide gegen den Congo entspringt und in großem Bogen [* 10] nahe an den Äquator heranreicht und dann eine Anzahl ansehnlicher Flüsse aufnimmt, darunter von S. her den großen, 200-250 m breiten Ngunie. Der Ogowe ist dort selber 600 m breit und verbreitert sich, nachdem er den Abfluß des Sonengesees aufgenommen, zu 2500 m, enthält aber eine Menge Inseln und Sandbänke, verflacht sich und mündet, ein 180 km breites Delta [* 11] mit dem vorspringenden Kap Lopez bildend, in drei Hauptarmen (Uango, der in die Lagune Fernand Vaz fällt, Mexias, Nazareth) nördlich vom 1.° südl. Br. in den Atlantischen Ozean.
Für den Verkehr ist der Ogowe trotz seiner Wassermasse von geringem Nutzen, an seinem Oberlauf kann Franceville als Sammelplatz der Produkte des obern Congogebiets wichtig werden. Unbedeutend ist der Sette Kama mit einer Faktorei des Hauses Wörmann, nur an der Mündung bekannt ist der Nyanga, gleichfalls mit Faktoreien; viel bedeutender ist aber der Kuilu Niadi, dessen zahlreiche Zuflüsse ein großes Gebiet entwässern, dessen Schiffbarkeit aber schon nach kurzer Entfernung von seiner Mündung durch Fälle unterbrochen wird. An seinen Ufern und denen seiner Nebenflüsse legte die Internationale Gesellschaft eine ganze Reihe von Stationen an, so in seinem Mündungsgebiet Rudolfstadt, Grantville, Alexandraville, weiter aufwärts Stanley Niadi, Stephanieville, Philippeville u. a. Brazza hat 1883 ¶
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1885 folgende Stationen angelegt: Mandschi am Kap Lopez, Njole, Okota, Obombi, Atschuka, Bowe, Bundschi, Madiville, Dume und Franceville am Ogowe, Diele, Ngampo, Leketi und Mbotschi an der Alima, Brazzaville, Ngantschuno, Mbe (Makoko), Nkeme, Bonga und Nkundscha am Congo und seinen rechtsseitigen Nebenflüssen, Pointe Noire, Loango, Bas Kuilu, Ngotu, Niari-Ludima an der Küste und im Kuilugebiet. Brazza wurde Anfang 1886 zum Gouverneur der Kolonie ernannt. Der Tschiloango bildet die Südgrenze. An dieser, Loangoküste genannten Strecke hat sich schon seit Jahren ein sehr lebhafter Handel entwickelt.
Nach O. zum Congo strömen die noch wenig bekannten Likona, Alima und Lefini. Das Klima [* 13] ist am niedrigen Küstenrand äußerst ungesund, etwas besser wohl auf den über 800 m aufsteigenden Plateaus des Innern. Der mittlere Stand des Thermometers an der Küste ist 28,5° C. Die Bevölkerung, [* 14] deren Zahl auf 3-4 Mill. geschätzt werden kann, gehört zur großen Bantufamilie (s. Bantu) u. zerfällt in eine Unzahl von Stämmen, darunter die Mpongwe, Fanfan, Bakele, Bateke, Mayumbe (vgl. Tafel »Afrikanische Völker«), [* 15]
von welchen die Küstenstämme, wie überhaupt in Westafrika, fast ausschließlich Handel treiben; der Ackerbau ist ganz Sache der Frauen. Die Zahl der Europäer beschränkt sich auf wenige Beamte u. Kaufleute. Gegenstände der Ausfuhr sind vornehmlich: Kautschuk, Palmöl, Palmkerne, schönes, transparentes, sogen. grünes Elfenbein, außerdem Gummikopal, Erdnüsse, Sesamsame, Eben- und Rotholz, Malachit. Die Ausbeutung dieser Produkte besteht in einem seit Jahren befolgten Raubsystem.
Die französische Regierung führte in den 60er Jahren Kaffee- und Kakaobäume ein, und diese wurden nebst Palmen [* 16] in den Gärten der französischen Mission angepflanzt. Eigentliche Plantagen von Kaffee u. a. legte aber erst 1879 das Hamburger Haus Wörmann auf seinen großen, von der Regierung erworbenen Ländereien an; pekuniäre Erfolge hat dasselbe bisher nicht aufzuweisen. Andre Produkte sind: Brauneisenstein, bereits von den Fan bearbeitet, Quecksilber, Zuckerrohr, Baumwolle, [* 17] Ananas.
Viehzucht [* 18] wird wenig betrieben: Rinder [* 19] finden sich nur in den französischen und amerikanischen Missionen;
Schafe [* 20] und Ziegen sind zahlreich, die erstern liefern aber keine Wolle.
Die eigentliche französische Kolonie am rechten Ufer
des Ästuariums des Gabun
besteht aus der Ortschaft Plateau (Libreville) mit den Regierungsgebäuden, der schönen französischen
Mission, einigen kleinen französischen Geschäftshäusern und dahinterliegenden Negerhütten und aus Glaß, dem
Sitz eines deutschen Konsuls und englischer und deutscher Faktoreien. Etwas oberhalb Glaß liegt die englisch-amerikanische
Mission. In den Hafen von Gabun
liefen 1885 ein 111 Seeschiffe von 69,089 Ton., darunter 37 englische von 42,502 T. und 54 deutsche
von 18,732 T. Der Handel liegt fast ausschließlich in den Händen eines deutschen (Wörmann) und eines
englischen Hauses.
Die Einfuhr besteht in Salz,
[* 21] Spirituosen, Pulver, Steinschloßgewehren, Tabak,
[* 22] Baumwollzeugen, Eisen- und Messingwaren u. a.;
dieselbe wertete 1885: 4,2 Mill., dagegen die Ausfuhr (Rot- und Ebenholz, Gummi, Palmnüsse, Elfenbein) 4,4 Mill. Frank. Politisch
gehört Gabun
zu demselben Verwaltungsbezirk wie Senegambien, an der Spitze steht ein Kommandant nebst einigen
Zivil- und Militärbeamten; die Besatzung, senegambische Laptôts, zählt 100-150 Mann. Das Budget der Kolonie betrug 1884: 421,000
Fr.-
Die Landschaft am Gabun
wurde Ende des 15. Jahrh. von Portugiesen entdeckt, die hier bald
einen schwunghaften Sklavenhandel betrieben und ein Etablissement gründeten, dessen einzige Spuren zwei verrostete Geschütze
[* 23] auf der Insel Coniquet sind. Im J. 1824 wurde die Küste von dem englischen Kapitän Owen aufgenommen, 1842 ward auf den Vorschlag
des französischen Kapitäns Bouet-Willaumez am rechten Ufer eine Faktorei angelegt und im nächsten Jahr das Fort d'Aumale errichtet.
Dann kam 1862 durch Verträge mit den Häuptlingen das Terrain bis zum untern Ogowe hinzu; nach dem deutsch-französischen Krieg zog Frankreich aber die früher bewilligte Subvention zurück, und die Kolonie blieb sich selbst überlassen, man sprach sogar von einem Verkauf derselben an England, bis Brazza durch seine kühnen Reisen eine Verbindung der Küste mit dem Congo herstellte und die Wichtigkeit dieses Gebiets zeigte, so daß Frankreich bei seinen Verhandlungen mit der Internationalen Congogesellschaft nicht nur auf der Ausdehnung [* 24] seines Besitzes bis zum rechten Congoufer, sondern auch auf der Abtretung der 18 von jener Gesellschaft im Kuilugebiet gegründeten Stationen (s. Congostaat, S. 246) bestand, so daß Frankreich jetzt 43 Stationen in diesem Gebiet besitzt.
Vgl. Hübbe-Schleiden, Ethiopien (Hamb. 1878);