Esche
(Fraxinus L.), Pflanzengattung aus der Familie der Oleaceen (s. d.);
man kennt gegen 30
Arten, die in den nördlichen gemäßigten und subtropischen Gegenden wild wachsen. Die Esche
haben gegenständige,
unpaarig gefiederte
Blätter und zweihäusige oder polygamische, hüllenlose, bloß auf die Geschlechtsorgane reducierte,
aus Seitenknospen sich entwickelnde
Blüten. Die männlichen sind aus zwei
Staubgefäßen, die
Zwitterblüten
aus einem
Stempel und zwei
Staubgefäßen zusammengesetzt, die weiblichen haben nur einen
Stempel. Die Blütezeit fällt in
den
Frühling vor dem Laubausbruch, wo die wegen der meist violetten
Staubbeutel gewöhnlich schwärzlich gefärbten
Blüten
in
Büschel oder Rispen gestellt erscheinen; aus den
Stempeln entwickelt sich eine einsamige Schließfrucht mit
langem, lanzettförmigem, lederartigem Flügel.
Unter den europ. Esche
narten ist die gemeine Esche (Fraxinus excelsior L.) die wichtigste.
Die großen
Blätter sind aus 8-15 sitzenden Blättchen an gemeinsamem Stiel zusammengesetzt; nur die ersten Laubblätter
der Keimpflanze sind stets einfach, die zweiten sind zwei- bis dreiteilig u. s. w.; die
Blättchen sind lanzettförmig, ungleich scharf gesägt. Die
Knospen
[* 2] sind dunkel schwarzbraun. Die gemeine
Esche
ist ein schöner
Baum erster
Größe, der nicht selten bis 30 m hoch wird, in der
Jugend mit grünlichgrauer, feinrissiger
Rinde, im höhern
Alter mit rauher, längsrissiger
Borke.
Sie ist durch fast ganz Europa
[* 3] sowie die Kaukasusländer verbreitet und mehr ein
Baum der feuchten Niederungen,
der Flußauen als des
Gebirges, doch fehlt sie letzterm nicht; in den
Alpen
[* 4] steigt sie bis 1200, wohl auch 1300 m Meereshöhe.
Waldbildend ist die Esche
nur auf ihr sehr zusagenden
Standorten, z. B. im ungar.
Tieflande, in
Slawonien in den feuchten
Inundationsgebieten
der
Flüsse;
[* 5] in
Deutschland
[* 6] findet sie sich einzeln und horstweise eingemengt in Laubwäldern, namentlich
in
Buchen, vielfach einzeln angebaut an Bachufern.
Sie besitzt eine große Ausschlagsfähigkeit sowohl aus dem Stock als aus dem Stamm, weshalb sie sich zum Niederwald-, Kopf- und Schneidelholzbetrieb gut eignet; letzterer wird namentlich zur Gewinnung von Futterlaub angewendet, z. B. in einigen österr. Alpenländern. Ihr weißes, zähes, hartes Holz [* 7] wird von Stellmachern und Tischlern sehr gesucht und steht bezüglich der Brennkraft nahe der Buche. Die schlanken zähen Stocklohden sind von jeher zu Lanzenschaften verwendet worden, jüngere zu Peitschenstielen.
Gefahren ist die Esche
in
Deutschland vielfach ausgesetzt; in der
Jugend leidet sie sehr von Spätfrösten
und
Verdämmung durch hohen Graswuchs. Später wird sie durch Wild und Weidevieh oft so beschädigt, daß sie eingeht. Mancherlei
Insekten
[* 8] werden ihr gefährlich, so z. B. die Hornisse, welche die jungen
Triebe schält, der hauptsächlich von Esche
nlaub
lebende, unter dem
Namen
Spanische Fliege
[* 9] bekannte
Käfer
[* 10] (Lytta vesicatoria L.), zwei
Borkenkäfer,
Hylesinus
crenatus Fabr. und fraxini Fabr.
Die Abbildung auf
Tafel
Laubhölzer:
Waldbäume V,
[* 1]
Fig. 2, zeigt die gemeine Esche
als
Baum, außerdem 1 einen blühenden Kurztrieb
mit
¶
mehr
Zwitterblüten, dessen Endknospe sich bereits entfaltet, 2 ein Blatt, [* 12] 3 und 4 Zwitterblüten, 5 männliche Blüte, [* 13] bloß aus zwei Staubgefäßen bestehend, 6 Fruchtknoten mit weggeschnittener Vorderwand, um die am Samenträger hängenden Samenknospen zu zeigen, 7 Querschnitt desselben, 8 Zweigspitze im Winter mit anhängenden Früchten, 9 geöffnete Frucht mit an dem Samenfaden hängenden Samen, [* 14] 10 einen Teil des auseinandergelegten Samenlappens mit dem Keimling, 11 Querschnitt des Samens, 12 Keimpflanze.
Die südeurop. Esche
narten, so z. B. Fraxinus oxycarpa Willd.,
sind meist zu empfindlich für das deutsche Klima,
[* 15] dagegen vertragen mehrere nordamerik. Arten dasselbe gut, so namentlich
die gemeine amerikanische oder Weißesche
(Fraxinus americana L.), die Rotesche
(Fraxinus pennsylvanica
Marsh.)
u. a. m., die vielfach in Gärten angebaut werden. Die meisten amerik. Arten haben nicht sitzende, sondern gestielte Blättchen.
Von der gemeinen Esche
kennt man mancherlei Varietäten, so die einfachblätterige Esche
(Fraxinus monophylla Desf.
oder simplicifolia Willd.),
eine Spielart, die früher für eine eigene Art gehalten wurde, deren Blätter alle auf der Entwicklungsstufe
der ersten Laubblätter verharren, also nicht gefiedert sind, sondern einfach eiförmig bleiben;
die Hänge- oder Traueresche (var. pendula) mit herabhängenden Langtrieben und Ästen, die man vielfach zu Lauben verwendet;
sie entsteht zuweilen von selbst aus Sämlingen und wird durch Pfropfen [* 16] auf Stämme gewöhnlicher Form vervielfältigt;
die Goldesche (var. aurea), deren Zweige rötlichgelbe Rinde besitzen;
die krausblätterige Esche
(var. crispa) mit dunkelgrünen, am Rande
gekräuselten Fiederblättchen.
Zur Gattung Esche
wird gewöhnlich auch die Blumenesche (Fraxinus ornus L.) gerechnet. Andere bilden aus den Blumeneschen eine
besondere Gattung Ornus. Die meist zwitterigen Blüten dieser Gattung öffnen sich erst nach völliger
Entfaltung der Blätter, stehen in endständigen, großen, aus Trugdolden zusammengesetzten Sträußen, die in den Endknospen
sich entwickeln, haben kleine zwei- bis vierteilige Kelche und zwei bis vier lange schmale Blumenblätter. Im übrigen sind
die hierher gehörigen, in Südeuropa, Asien
[* 17] und Nordamerika
[* 18] heimischen Arten denen der Gattung Fraxinus
sehr ähnlich.
Die häufigste Art ist die Blumen- oder Manna-Esche (Ornus europaea Pers.). Die Blätter bestehen nur aus drei bis fünf Paaren gegenständiger Fiederblättchen mit einem Endblättchen; die Knospen sind hell graubraun; die wohlriechenden Blüten haben vier weiße Blumenblätter. Der mit hell aschgrauer, etwas rauher Rinde bedeckte Baum wird selten bis 10 m hoch; er ist in fast ganz Südeuropa und im Orient heimisch, steigt in Südtirol bis etwa 800 m Meereshöhe, ist als mehr oder weniger krüppeliger Strauch häufig in den Steinmeeren der Karstgebiete Österreichs u. s. w. Die Blumenesche liefert zwischen Mitte Juni und Ende Juli an Stämmen und Zweigen durch selbstentstehende oder auch künstlich hervorgerufene Risse der Rinde einen zuckerreichen, sich selbst verdickenden Saft, der als Manna (s. d.) in den Handel kommt. Auch infolge der Stiche einer großen Cikade (Cicada orni L.) quillt dieser Saft aus. Die Blumenesche wird als Zierbaum häufig angepflanzt, ebenso einige gärtnerische Varietäten. Im Elsaß, z. B. um Straßburg, [* 19] sieht man Alleen von Blumeneschen.