[* 1] (griech.), die
Lehre
[* 2] von den Bewegungserscheinungen, welche durch die gegenseitige Einwirkung elektrischer
Ströme hervorgebracht werden. Die beiden auf dem Brettchen A
[* 1]
(Fig. 1) stehenden Messingsäulchen
v
u. t, die
oben rechtwinkelig umgebogen sind, tragen an ihren
Enden stählerne, mit
Quecksilber gefüllte Näpfchen y und
y', von denen das erstere gerade unter dem letztern liegt. Ein zu einem
Rechteck gebogener
Draht
[* 3] cde aus
Kupfer
[* 4] oder besser aus
dem leichtern
Aluminium wird mittels Stahlspitzen, die an seinen in geeigneter
Weise umgebogenen
Enden angelötet sind, in die
Quecksilbernäpfchen des Ampèreschen
Gestells (so nennt man die Vorrichtung Avyy't) eingehängt, so daß
er sich um die von den beiden
Spitzen gebildete
Achse mit Leichtigkeit drehen kann.
Verbindet man das Säulchen v durch die unten an demselben angebrachte Klemmschraube mit dem positiven, das Säulchen t mit
dem negativen
Pol eines galvanischen
Elements (z. B. eines Groveschen), so durchläuft der positiveStrom
den beweglichen
Leiter cde in der
Richtung der
Pfeile. Auf einem zweiten Brettchen B ist ein gleichfalls rechteckig gebogener
Kupferdraht ab fest aufgestellt, durch welchen man mittels der Zuleitungsdrähte
f und g ebenfalls den
Strom eines galvanischen
Elements sendet.
Geht nun der positive
Strom in dem Drahtstück
ba von unten nach
oben, also in der gleichen
Richtung wie
in dem nähern, zu ba parallelen Teil des beweglichen
Leiters, so wird dieser von ba angezogen; kehrt man aber den
Strom in
ab mittels eines in den Schließungskreis fg eingeschalteten
Stromwenders um, so daß er jetzt von
oben nach unten fließt,
so wird der bewegliche
Leiter von ab abgestoßen. Es ergibt sich also, daß zwei parallele Stromleiter
sich anziehen, wenn ihre
Ströme gleichgerichtet sind, sich aber abstoßen, wenn die
Ströme entgegengesetzte
Richtung haben
(Ampèresches Gesetz). Wenn ein Stromleiter rs
[* 1]
(Fig. 2) über oder unter einem um a drehbaren
Stromleiter pq weggeht, z. B. über oder unter dem wagerechten Teil d
des am Ampèreschen
Gestell aufgehängten
Rechtecks, so daß die
Leiter sich kreuzen, so sind die
Ströme bestrebt, sich parallel
und gleichgerichtet zu stellen; es findet demnach
Anziehung statt zwischen
denjenigen Teilen der beiden Leiter, in welchen beide Ströme nach dem Kreuzungspunkt o hin- oder von ihm sich fortbewegen,
Abstoßung aber zwischen je zwei Teilen der beiden Leiter, in deren einem der Strom nach der Kreuzungsstelle hin-, in dem andern
von ihr wegfließt. Vermöge dieser Wirkung, welche gekreuzte Stromleiter aufeinander ausüben, läßt
sich ein vom Strom durchflossener Draht in dauernde Umdrehung versetzen; hierzu dient die in
[* 5]
Fig. 3 abgebildete, von Garthe
angegebene Vorrichtung.
Innerhalb eines feststehenden hölzernen Rahmens AB, auf dessen Umfang mehrere Lagen eines übersponnenen Kupferdrahts aufgewunden
sind, ist ein leichtes, ebenfalls mit isolierten Drahtwindungen versehenes Holzrähmchen CD um eine lotrechte
Achse leicht drehbar; die mehrfachen Drahtwindungen haben den Zweck, die Wirkung (nach Art des Multiplikators) zu verstärken.
Werden nun die Poldrähte einer galvanischen Batterie mit den Klemmschrauben f und g verbunden, so dreht sich das bewegliche
Rähmchen, bis der Strom in seinen Windungen mit demjenigen in den Windungen des festen Rahmens parallel
und gleichgerichtet ist; damit es aber in dieser Lage nicht stehen bleibe, wird der Strom in dem Rähmchen durch einen unten
an seiner Achse angebrachten Stromwender
[* 6] oder Kommutator (vgl. Elektromagnetismus)
[* 7] umgekehrt, so daß die Stromteile, welche
sich eben noch anzogen, nunmehr sich abstoßen und die Drehung sich in der bisherigen Richtung fortsetzt.
Da eine beweglich aufgehängte Magnetnadel durch einen galvanischen Strom abgelenkt wird, so muß umgekehrt auch der im Ampèreschen
Gestell
[* 5]
(Fig. 1) beweglich aufgehängte Stromleiter, dem man jetzt zweckmäßig eine kreisförmige
Gestalt
[* 5]
(Fig. 4) geben kann, durch einen feststehenden Magnet abgelenkt werden. Bringt man z. B. einen
wagerecht gehaltenen Magnetstab in das Innere des Kreisstroms
[* 5]
(Fig. 4), so dreht sich dieser so lange, bis seine Ebene auf
der Längsrichtung des Magnets senkrecht steht und der Strom, vom Südpol des Magnets gesehen, denselben in der Richtung des Uhrzeigers
umkreist.
Auch die Erde, als großer Magnet, wirkt richtend auf den beweglichen Kreisstrom; sich selbst überlassen,
stellt er sich nämlich so ein, daß seine Ebene auf der ungefähr nach N. weisenden Richtung, welche eine Magnetnadel unter
dem Einfluß des Erdmagnetismus annehmen würde (d. h. auf dem magnetischen Meridian), senkrecht steht und der Strom, von S.
her betrachtet, in der Richtung des Uhrzeigers, also im untern Teil des Kreisstroms von O. nach W., fließt.
Denkt man sich daher auf der Ebene des Kreisstroms (auf der Ebene der
[* 5]
Fig. 4) in seinem Mittelpunkt eine Senkrechte errichtet,
welche man seine Achse nennt, so
kann man sagen, der Kreisstrom verhalte sich sowohl der Erde als einem
Stahlmagnet gegenüber, als wäre er selbst ein Magnet, dessen Pole auf seiner Achse diesseit und jenseit der Kreisfläche liegen.
Windet man nun einen Kupferdraht in der in
[* 5]
Fig. 5 dargestellten Weise schraubenförmig und hängt diesen Schraubendraht, welchen
man ein Solenoid nennt, in dem Ampèreschen Gestell beweglich auf, so muß, da die einzelnen Windungen
als ebenso viele in gleichem Sinn fließende Kreisströme anzusehen sind, die gemeinschaftliche Achse aller Kreisströme oder
die Achse ab des Solenoids sich in die Richtung der Magnetnadel einstellen, indem sich das Ende b, von welchem aus gesehen die
Ströme in der Richtung des Uhrzeigers kreisen, nach S., das andre a nach N. richtet; von dem Nordpol eines
dem Solenoid genäherten Magnets wird sein Nordende a abgestoßen, sein Südende b angezogen.
[* 1] (grch.), ein Ausdruck, der eigentlich im Gegensatze zu Elektrostatik (s. d.) gebraucht
werden sollte, um die Lehre von den Wirkungsgesetzen der dynamischen (bewegten) Elektricität, der elektrischen Ströme, zu
bezeichnen. Gewöhnlich versteht man jedoch unter Elektrodynamik nur jenen Teil der dynamischen Elektricitätslehre, der die gegenseitige
Einwirkung elektrischer Ströme untereinander oder zwischen elektrischen Strömen und Magneten behandelt.
Nachdem es sich gezeigt hatte, daß Ströme auf bewegliche Magnete und auch Magnete auf bewegliche Stromleiter wirken, wobei
die Stromleiter magnetische Eigenschaften aufweisen, lag der Gedanke nahe, daß auch bewegliche Ströme aufeinander wirken
würden. In der That fand AmpèreAnziehungs- und Abstoßungserscheinungen zwischen beweglichen Stromleitern
(1820-26). Es kam hierbei zunächst darauf an, verläßliche Erfahrungsgesetze zu gewinnen. Zu diesem Behufe ersann Ampère
ein Verfahren, die Stromleiter leicht beweglich aufzuhängen und andere elektriscke Ströme in passender Weise darauf wirken
zu lassen.
Ein derartiges Ampèresches Gestell (s. nachstehende
[* 10]
Fig. 1) besteht aus zwei voneinander
isolierten Metallstäben, in deren Quecksilbernäpfchen zunächst rechteckige Rahmen aus Kupfer oder aus
dem specifisch leichtern Aluminiumdraht derart eingehängt werden, daß sie sich frei drehen können. Verbindet man nun je
einen der Drahtträger mit einem der Pole einer VoltaschenKette und stellt dem nunmehr elektrisch durchströmten Drahtgehänge
einen andern festen, elektrisch durchströmten Draht in paralleler oder gekreuzter Lage entgegen, so verrät
jenes Drahtgehänge durch seine Drehung, je nach den Bedingungen, elektrische Anziehung oder Abstoßung. In solcher Weise stellte
Ampère (dem andere auf verschiedenen Wegen folgten) fest:
1) Parallele
[* 11] gleichgerichtete Ströme ziehen einander an. 2) Entgegengesetzt gerichtete parallele Ströme stoßen einander ab.
3) Sind zwei Ströme gleichzeitig gegen den Scheitel eines Winkels gerichtet oder kommen beide von dem
Scheitel des Winkels, so ziehen sie sich an. 4) Geht ein Strom gegen den Scheitel eines Winkels, ein anderer von dem Scheitel
des nämlichen Winkels, so stoßen sich diese beiden Ströme ab.
In sehr einfacher Weise läßt sich die Anziehung paralleler Ströme
derselben Richtung zeigen, wenn man
eine schlaffe Spirale aus Kupferdraht (s. beistehende
[* 10]
Fig. 2) in einen Stromkreis
lotrecht so einschaltet, daß die untere Spitze in Quecksilber taucht. Infolge der gegenseitigen Anziehung der gleichgerichteten
parallelen Stromwindungen verkürzt sich die Spirale derart, daß ihre untere Spitze aus dem Quecksilber
gezogen, mithin der elektrische Strom unterbrochen wird.
Sobald dies geschehen ist, senkt sich jene Drahtspitze - vermöge des Gewichts der am untern Ende wirkenden kleinen Kugel
- wieder in das Quecksilber, und das Spiel beginnt von neuem u. s. w. In solcher Weise ist hier der obige
Satz 1 angewendet, um einen selbstthätigen Stromunterbrecher zu erhalten. Aus 3 und 4 folgt: Zwei geradlinige, gekreuzte Ströme
streben sich parallel zu stellen. Und weil jeder Punkt eines geradlinigen Stroms sich als der Scheitel eines auf 180° gestreckten
Winkels ansehen läßt, so ergiebt sich aus obigem Satz 4: Die Teile eines und desselben geradlinigen Stroms
stoßen einander ab. Bezüglich der Intensität der gegenseitigen Einwirkung fand Ampère: Die Stärke
[* 12] der gegenseitigen Einwirkung
zweier paralleler Stromelemente verhält sich gerade wie das Produkt der Stromstärken, wie die Längen der Stromteile und
umgekehrt wie das Quadrat ihres Abstandes.
Aus den elektrodynamischen Grundgesetzen lassen sich Notationen von beweglichen begrenzten Stromleitern
unter Einfluß von festen in sich zurücklaufenden Stromleitern theoretisch ableiten und erfahrungsweise erhärten. Auch
zwischen elektrischen Strömen und Magneten jeder Art bestehen Wechselwirkungen. (S. Elektromagnetismus und Elektromagnetische Rotation.)
Um diese besser zu verstehen, nehmen wir mit Ampère (1820-21) an, daß jeder Magnet sich als ein Eisenstab
auffassen läßt, bei dem jedes Molekül von einem elektrischen Strom beständig umkreist wird.
Wenn alle diese Molekularströme eines jeden Querschnittes des Eisenstabes zueinander parallel und in derselben Richtung laufen
[* 10]
(Fig. 3), so erscheint jener Stab
[* 13] auf das höchste magnensiert. Wenn dagegen jene Molekularströme teilweise oder gar alle
von jener gleichgerichteten, gegenseitigen, parallelen Lage abweichen, so heben sie sich in ihrer magnetisierenden
Wirkung auf die Eisenmoleküle zum Teil oder gänzlich auf, weshalb dann der Eisenstab nur schwach
¶
mehr
oder völlig unmagnetisch erscheint. Alle gleichgerichteten Molekularströme
[* 14]
(Fig. 3) eines jeden Querschnittes des Eisenstabes
wirken zusammen als resultierender Strom, der jenen Querschnitt rechtwinklig zur Stabachse umfließt. Es läßt sich daher
jeder Magnetstab
[* 14]
(Fig. 4) ansehen, als ob er an seiner Oberfläche von einer Reihe gleichgerichteter,
paralleler Ströme umflossen wäre. Die Pole (N und S) eines solchen Magnetstabes lassen sich nach den
Regeln des Elektromagnetismus (s. d.) bestimmen. In unmagnetischen Stäben gehen die elektrischen Ströme nach den verschiedensten
Richtungen und heben sich dadurch in ihren Wirkungen auf.
Magnetisieren heißt, die vorhandenen geschlossenen elektrischen Strome quer zur Achse, einander parallel und nach ein
und derselben Seite richten. Der Erdmagnetismus hätte demnach seine Ursache in elektrischen Strömen, welche die Erde von
Ost gegen West umkreisen. In der That wirken die Magnete und elektrischen Ströme den Folgerungen dieser Annahmen gemäß. Ein
rechteckiges oder auch kreisförmiges, elektrisch durchflossenes Drahtgehänge
[* 14]
(Fig. 1 und 5) stellt
sich unter dem alleinigen Einflusse des Erdmagnetismus so, daß seine Ebene mit der des magnetischen
Meridians einen rechten Winkel
[* 15] bildet und daß der elektrische Strom in der untern Hälfte des Drahtes von Ost nach West geht.
Ein solches Drahtgehänge ist gleichsam ein Magnet mit unendlich kleiner Achse. Ein von einem elektrischen Strome
durchflossener und (am Stativ
[* 14]
Fig. 1) um eine lotrechte Achse leicht beweglich aufgehängter, schraubenartig gewundener Draht
(Fig. 6) wird sich daher so stellen, wie eine magnetische Deklinationsnadel, d. i. derart, daß seine Längenachse in den
magnetischen Meridian fällt, und daß der galvanische Strom in den untern Teilen der Windungen von Ost
gegen West gerichtet ist; eine solche vom Erdmagnetismus gerichtete Drahtspirale wird Solenoid genannt. Die von Ampere im Versuchswege
aufgefundenen elektrodynamischen Gesetze dienen als Grundlage bei der mathem. Ableitung der elektrodynamischen Grundgesetze.
- Vgl. Heinr. Weber, Elektrodynamik mit Berücksichtigung der Thermoelektricität, der Elektrolyse
[* 16] und der Thermochemie (Braunschw. 1889).