Eheliches
Güterrecht.
Haben die Eheleute durch
Ehevertrag (s. d.) bestimmt, durch welche Normen ihre Vermögensverhältnisse
geregelt werden sollen, so ist, soweit das Gesetz diese Regelung zuläßt, der
Ehevertrag maßgebend. Sonst regelt das Gesetz
oder das Gewohnheitsrecht. Die gesetzlichen ehelichen Güterrechte
sind in
Deutschland
[* 2] sehr verschieden.
Sie beruhen entweder auf dem Princip der Gütertrennung oder auf dem größerer oder geringerer Gütereinheit.
Das erstere entsprach der röm. Auffassung der Ehe, das letztere entspricht der deutschen Auffassung, welche ihren schönsten Ausdruck in dem Satze des Sachsenspiegels gefunden hat: «Mann und Weib haben kein gezweites Gut bei ihrem Leben.» Am weitesten durchgeführt ist das letztere Princip in der im spätern Mittelalter entstandenen allgemeinen Gütergemeinschaft (s. Gütergemeinschaft), für ideale Ehegatten ein ideales, für die Gläubiger des Ehemanns das bequemste, für die begüterte Ehefrau beim Unglück oder Leichtsinn des Ehemanns das gefährlichste Recht, weil sie ohne eigenes Verschulden alles verlieren kann.
Beschränkter ist die Gemeinschaftlichkeit des beiderseitigen Vermögens durchgeführt, wenn sich dieselbe nur auf die fahrende Habe beschränkt (Mobiliargemeinschaft) oder wenn sie nur Errungenschaftsgemeinschaft (s. d.) ist. Das System der Mobiliargemeinschaft, wie es namentlich durch den Code civil ausgebildet ist, welcher aber auch die in der Ehe nicht durch Schenkung oder Erbfolge erworbenen Grundstücke in die Gemeinschaft fallen läßt, vermeidet den Nachteil, daß der zugeheiratete oder später ererbte Grundbesitz eines Ehegatten zufolge der Eingehung der Ehe in eine andere Familie übergeht.
Sie entspricht aber nicht den heutigen wirtschaftlichen Verhältnissen, bei denen der bewegliche Besitz den unbeweglichen weit an Wert überragt und der Übergang von einem zum andern so leicht gemacht ist, und wird ungerecht, wenn der eine Ehegatte nur bewegliches, der andere überwiegend unbewegliches Vermögen hat. Sehr ansprechend ist die Errungenschaftsgemeinschaft, welche den Erwerb in der Ehe gemeinschaftliches Eigentum der Eheleute werden läßt, zumal wenn der Ehemann, welcher die Verwaltung allein führt, auch der Ehefrau gegenüber allein für den Verlust beizutragen hat, sodaß diese von ihrem eingebrachten Gut nichts zu opfern hat, wenn in der Ehe zugesetzt, statt erworben wird, wie das Recht in Württemberg, [* 3] Kurhessen und in den Gebieten des franz. Rechts geordnet ist.
Aber dieses
System führt zu sehr komplizierten Verhältnissen für die Auseinanderrechnung von dem gemeinschaftlichen Gute
und vom
Sondergut, namentlich auch bezüglich der beiderseitigen Schulden. Der Deutsche
[* 4]
Entwurf hat deshalb das
System der Verwaltungsgemeinschaft
(s. d.) als dasjenige in Aussicht genommen, welches für die Neugestaltung des
bürgerlichen
Rechts in
Deutschland das einheitliche Güterrecht
des deutschen
Volks werden soll. Die Eigentumsverhältnisse
der
Güter bleiben getrennt, aber der Ehemann ist Nutznießer und Verwalter des gesamten Frauenguts.
Daß auch dabei die
Ehefrau ebenso schlecht fahren kann wie die
Gläubiger des Ehemanns, ist leicht einzusehen. Deshalb ist
es zu verstehen, daß von dem
Allgemeinen
Deutschen Frauenverein und einer Anzahl von Zweigvereinen desselben
Petitionen an den
Deutschen
Reichstag ergangen sind auf eine Umgestaltung des ehelichen Güterrechts
im
Sinne der Gütertrennung.
(S.
Dotalsystem.) Die Lebenserfahrung der sehr praktischen
Römer
[* 5] fand darin, daß die
Ehefrau über ihr eigenes Vermögen frei
verfügen könne, daß sie nur dem Ehemanne für die Lasten der
Ehe einen
Teil ihres Vermögens überwies,
den sie oder ihre
Erben nach
Auflösung der
Ehe zurückforderten, eine Gewähr für eine würdige Gestaltung des ehelichen Verhältnisses.
Ob aber die allgemeine Einführung eines solchen
Systems bei den bestehenden socialen Verhältnissen nicht den Übelstand
zur Folge haben würde, über welchen in dem reich gewordenen
Rom
[* 6] so viele Klagen geführt wurden, daß
viele
Männer nicht heiraten wollten? Man hat
¶
mehr
berechnet, daß zur Zeit in Deutschland die allgemeine Gütergemeinschaft bei 11 Mill. Deutschen, übrigens in verschiedenen und nicht durchweg zusammenhängenden Gebieten gilt, die Mobiliargemeinschaft des franz. Rechts bei etwa 7 Mill., die reine Errungenschaftsgemeinschaft und die zwischen ihr und der Mobiliargemeinschaft stehenden Systeme bei etwa 7 Mill., die Verwaltungsgemeinschaft bei etwa 14 Mill., das Dotalsystem bei über 3 Mill. – Über das Erbrecht der Ehegatten s. Gesetzliche Erbfolge und Pflichtteil.