Egill
Skallagrimsson, isländ. Dichter des 10. Jahrh., dessen Leben die «Egils
saga Skallagrím
ssonar» (kürzer «Eigla») beschreibt. Nach ihr war
der einem vornehmen Hause
Norwegens entsprossene
Vater des Dichters wegen eines Zerwürfnisses mit König Harald Hárfagri
nach
Island
[* 2] ausgewandert, wo er zu Borg am Borgarfjördr sich niederließ (um 878); hier wurde Egill Skallagrimsson
geboren
(um 901). In seltenem
Maße frühreif, dichtet er schon mit drei Jahren seinen ersten
Vers und begeht bereits im siebenten
seinen ersten
Totschlag. 914 besucht er zugleich mit seinem ältern
Bruder Thórólf zum erstenmal
Norwegen,
[* 3] wo er sich mit
dem jungen Arinbjörn Thórisson befreundet.
Nach mehrfachen
Heerfahrten in
Kurland,
[* 4]
Dänemark,
[* 5]
Friesland nehmen die
Brüder in England bei König Ædelstân
Dienst; Thórólf fällt in einer
Schlacht, und Egill Skallagrimsson
kehrt nach
Island heim (927). Nachdem er seines
Bruders
Witwe, Asgerd,
geheiratet hat, fährt Egill Skallagrimsson
nochmals nach
Norwegen hinüber (933), um deren väterliche Erbschaft einzutreiben. Es giebt
Streit mit König Eirík Blódöx und der Königin Gunnhild. Egill Skallagrimsson
wird geächtet,
entkommt jedoch mit Hilfe Arinbjörns und gelangt glücklich nach
Island.
Nachdem er seinen
Vater beerbt hat (934), geht Egill Skallagrimsson
zum drittenmal außer
Landes (936-937). Er strandet an der
Küste von
Northumberland,
welche
Provinz der inzwischen aus
Norwegen vertriebene Eirík Blódöx von König Ædelstân zu
Lehn erhalten
hat; an der Möglichkeit des Entrinnens verzweifelnd, sucht er diesen auf, und teils auf Arinbjörns Fürbitte, teils zum
Lohn für ein Ehrenlied, das er über Nacht auf Eirík dichtet, schenkt ihm dieser das Leben. «Höfudhlausn»,
d. h. Lebenslösung, ist das Lied darum genannt.
Nach einem Besuche bei König Ædelstân, dann in
Norwegen, wo er nach mancherlei
Abenteuern durch einen
siegreichen Zweikampf endlich das väterliche
Erbe seiner Frau gewinnt, kommt der Dichter glücklich nach
Island zurück (938).
Noch ein viertes
Mal verläßt er das Land (um 950), um Arinbjörn zu besuchen, der nach Eiríks Fall
nach
Norwegen zurückgegangen ist, kehrt aber 952 nach
Island heim, das er fortan nicht mehr verläßt. Der
Tod eines
Sohnes
giebt ihm die Veranlassung, das Lied «Sonatorrek»,
d. i. der
Söhne
Verlust, zu dichten; ein anderes, die «Aribjarnardrápa»,
verfertigt er auf seinen Freund Arinbjörn. In seinem höhern
Alter (um 978) zieht er nach Mosfell, wo
er völlig erblindet, noch einige Jahre lebt. So der
Bericht der «Eigla», die auch, neben einer Fülle einzelner angeblich
von Egill Skallagrimsson
gedichteter
Strophen, die oben genannten drei größern Lieder nahezu vollständig mitteilt.
Die Glaubwürdigkeit dieser Saga (hg. von Finnur Jónsson, Kopenh. 1886-88) ist freilich
von dem dän. Geschichtsforscher Egill Skallagrimsson
Jessen mit guten
Gründen angefochten worden (in von
Sybels «Histor. Zeitschrift», 14. Jahrg.,
1872), auch die Unechtheit einzelner von ihr dem Egill Skallagrimsson
beigelegten
Strophen läßt sich nicht verkennen. Die Saga gehört
dem 13. Jahrh. an. Egill Skallagrimsson
wird in allen
Quellen aus derselben Zeit, und darunter so unverdächtigen wie
der «Landnáma», «Sturlunga»,
«Islendingadrápa» des Hauk Valdísarson, als eine bekannte Persönlichkeit
genannt,
und in der
Jüngern Edda werden
Stücke seiner drei Hauptlieder sowohl als weitere
Strophen desselben unter seinem
Namen angeführt. An der Existenz des
Mannes und seiner Bedeutung als Dichter wird hiernach nicht gezweifelt
werden können. -
Vgl. Jón Sigurdsson im 3. Bd. der Arnamagnœanischen Ausgabe der «Edda Snorra Sturlusonar» (Kopenh. 1880).