Edikt
(lat.), im allgemeinen jede obrigkeitliche Bekanntmachung und
Verordnung. Im römischen
Recht sind in älterer
Zeit die Edikte
der
Magistrate, namentlich die der Prätoren und
Ädilen, in neuerer Zeit die Edikte
der
Kaiser von besonderer Wichtigkeit für die
Ausbildung des
Rechts gewesen. Die erstern Edikte
, Edicta magistratuum, haben bedeutenden
Einfluß auf die Feststellung des
Gewohnheitsrechts geäußert. Als nämlich die
Römer
[* 3] ihre Herrschaft über ganz
Italien
[* 4] und
über viele
Länder außerhalb
Italiens
[* 5] ausbreiteten, wurden sie durch den häufigen
Verkehr mit Nichtrömern
veranlaßt, neben ihrem alten, durch strenge
Grundsätze und
Formen sich auszeichnenden nationalen
Recht
(jus civile) auch noch
ein allgemeines natürliches
Recht
(jus gentium) anzuerkennen und auszubilden.
Letzteres war anfangs bloß um der Nichtrömer willen vorhanden, allmählich wurde jedoch das eigne nationale
Recht der
Römer
jenem allgemeinen
Recht immer ähnlicher, und es waren insbesondere die Prätoren, welche diesen Übergang
durch ihre Edikte
vermittelten und regelten. Sie machten beim Antritt ihres
Amtes durch
Anschläge diejenigen Rechtsgrundsätze,
nach welchen sie
Recht und
Gerechtigkeit in dem Jahr ihrer Amtsführung beobachten wollten, gleich zum voraus öffentlich bekannt.
Sie stellten aber nicht sowohl ganz neue Rechtsvorschriften auf, sondern sprachen meist nur aus, was
zu ihrer Zeit durch
Gewohnheit schon als
Recht galt. Wo sie
Lücken in dem bestehenden
Recht fanden oder dasselbe für ihre Zeit
nicht mehr anwendbar hielten, gaben sie selbst die Entscheidungsregeln an, die sie befolgen wollten. Diese Edikte
hießen
Edicta schlechthin, auch Edikt
annua oder Edikt perpetua. Die Edikte der beiden Prätoren in
Rom,
[* 6] des
Praetor urbanus und des
Praetor
peregrinus, nannte man Edicta Praetorum, die der
Prokonsuln und
Proprätoren in den
Provinzen Edikt
provincialia.
Aber nicht jeder Prätor publizierte immer gleich neue Rechtssätze (Edictum novum), sondern der Nachfolger
im
Amt behielt gewöhnlich das Edikt
seines Vorgängers ganz oder zum Teil bei (Edikt tralatitium). Auch die
Ädilen, welchen
hauptsächlich die Sorge für das Polizeiwesen oblag, hatten das
Recht, beim Antritt ihres
Amtes ein Edikt
zu publizieren, welches
meist
Verfügungen und Vorschriften in Polizeiwachen enthielt, aber auch für das
Privatrecht nicht unwichtig
war.
Andrer Art waren die spätern kaiserlichen Edikte
,
Leges edictales, Constitutiones generales, d. h. wirkliche
Gesetze, welche
teils das
Privatrecht, teils die
Staatsverwaltung, besonders die
Finanzen, das Kriegswesen, betrafen. Auf
Kaiser
Hadrians Befehl
wurden die Edikte
der Prätoren von
Salvius
Julianus gesammelt. Diese Sammlung, durch Senatuskonsult 131
n. Chr. bestätigt
und als Edictum perpetuum im engern
Sinn bezeichnet, bildet eine wesentliche Grundlage der
Justinianischen
Pandekten (s.
Corpus juris),
ist jedoch nur in
Fragmenten erhalten. Die neueste und beste Wiederherstellung des prätorischen Edikts
lieferte O. Lenel
(»Das Edictum perpetuum«, Leipz. 1883). Den
Namen Edictum Theodorici führt das vom ostgotischen König
Theoderich nach 506 für
Römer und Ostgoten
promulgierte
Gesetzbuch.
Historisch berühmt ist besonders das Edikt
von
Nantes,
[* 7] 1598 vom König
Heinrich IV. von
Frankreich erlassen, welches den
Hugenotten
nicht allein
Religionsfreiheit und den
Besitz der
Kirchen, welche sie bereits innehatten, bestätigte, sondern auch
Anteil an den
öffentlichen Lehranstalten und Hospitälern, Zutritt zu allen Ämtern und
Würden, gleichen
Beisitz in
allen Gerichtskammern, das
Recht,
Kirchenversammlungen zu halten, und eine große Anzahl von Sicherheitsplätzen einräumte,
aber von
Ludwig XIV. 1685 widerrufen ward (s.
Hugenotten).
Ewiges Edikt
heißt der 1665 von
De Witt durchgesetzte Beschluß der
Generalstaaten, daß der
Generalkapitän der
See- und Landmacht in den
Niederlanden nicht zugleich
Statthalter
sein durfte; es ward 1672 von der oranischen
Partei aufgehoben.