Diffusion
(lat., »Ergießung, Ausbreitung«) heißt in der Physik der Vorgang der allmählichen Mischung zweier miteinander in Berührung befindlicher Flüssigkeiten oder Gase. [* 2] Gießt man Weingeist vorsichtig über in einem Gefäß [* 3] befindliches Wasser, so findet man nach einiger Zeit die beiden Flüssigkeiten gleichmäßig gemischt, obgleich der leichtere Weingeist anfangs oben schwamm, sein Hinabdringen sonach nicht durch die Schwerkraft verursacht sein kann.
Der von
Schicht zu
Schicht allmählich fortschreitende Austausch der beiden
Flüssigkeiten wird vielmehr bewirkt durch die gegenseitige
Anziehung
(Adhäsion), welche ihre kleinsten Teilchen aufeinander ausüben, die bei mischbaren
Flüssigkeiten größer ist als
die
Anziehung
(Kohäsion) zwischen den Teilchen einer jeden der beiden
Flüssigkeiten für sich. Bei nicht
mischbaren
Flüssigkeiten, deren
Kohäsion größer ist als ihre gegenseitige
Adhäsion, findet eine solche Diffusion
[* 4] nicht statt,
sondern sie lagern sich nach der
Ordnung ihrer spezifischen
Gewichte übereinander, wie z. B.
Öl und
Wasser.
Die luftförmigen
Körper dagegen sind sämtlich diffusion
sfähig; setzt man z. B. zwei
Gefäße, von denen das obere Wasserstoffgas, das untere die 22mal schwerere
Kohlensäure enthält, miteinander in
Verbindung,
so werden nach einer gewissen Zeit die zwei
Gase in beiden
Gefäßen gleichmäßig verbreitet sein und ein Gasgemenge von durchaus
gleicher
Zusammensetzung bilden. Aus der Diffusion
erklärt es sich auch, daß in unsrer
Atmosphäre das schwerere
Sauerstoffgas und das leichtere Stickstoffgas in allen Höhenschichten stets das gleiche Mischungsverhältnis bewahren.
Werden zwei
Gase durch eine poröse Scheidewand, z. B. durch eine dünne
Platte aus unglasiertem gebrannten
Thon oder aus
Gips,
[* 5] voneinander getrennt, so findet der Austausch der beiden
Gase durch die
Poren der Scheidewand statt, wobei
das spezifisch leichtere
Gas schneller hindurchdringt als das spezifisch schwerere. Nach
Graham verhalten sich die Diffusion
sgeschwindigkeiten
zweier
Gase umgekehrt wie die
Quadratwurzeln ihrer spezifischen
Gewichte; Wasserstoffgas
z. B. durchdringt die Scheidewand 4mal
schneller als das 16mal schwerere Sauerstoffgas.
Man hat dieses Verhalten zur Erkennung der Anwesenheit von
Grubengas (schlagenden
Wettern) in der
Luft der
Kohlenbergwerke nutzbar zu machen gesucht. Dieses
Gas, welches mit der
Luft eine sehr explosive Mischung bildet, ist nämlich
1,81mal leichter und diffundiert daher in dem
Verhältnis 134:100 schneller als die
Luft. Bringt man daher ein mit einer porösen
Thonplatte verschlossenes
Gefäß, welches mit dem einen
Schenkel einer U-förmigen, mit
Quecksilber gefüllten
Glasröhre in
Verbindung steht, in die mit jenem
Gas vermischte Grubenluft, so wird infolge der schnellern Diffusion
des spezifisch
leichtern
Grubengases der
Druck im Innern des
Gefäßes vermehrt, die Quecksilbersäule im andern
Schenkel steigt und kann nun,
indem sie durch Schließung eines galvanischen
Stroms eine
elektrische Klingel in
Bewegung setzt, die drohende
Gefahr verkünden. Über den gegenseitigen Austausch von
Flüssigkeiten durch
Membranen s.
Endosmose. - Diffusion
des
Lichts (diffuse
Zurückwerfung,
Zerstreuung) nennt man die nach allen möglichen
Richtungen erfolgende unregelmäßige Zurückwerfung des
Lichts
an
Körpern mit rauher Oberfläche, vermöge welcher diese
Körper sichtbar werden.
Indem ein nicht leuchtender rauher Körper das von einem selbstleuchtenden Körper empfangene Licht [* 6] nach allen Richtungen durch diffuse Zurückwerfung wieder entsendet, spielt er selbst die Rolle einer Lichtquelle: er leuchtet mit erborgtem Licht. In diesem Fall befinden sich unter den Himmelskörpern der Mond [* 7] und die Planeten, [* 8] welche von der Sonne [* 9] beleuchtet werden, sowie die Gegenstände unsrer irdischen Umgebung. Das allseitig zerstreute Sonnenlicht, welches von den Wolken, den Luftteilchen und den Gegenständen der Erdoberfläche zurückgestrahlt wird, bedingt die allgemeine Tageshelle. Durch das von den Körpern zerstreute Licht wird uns auch die Wahrnehmung der ihnen eigentümlichen Farbe vermittelt (s. Absorption des Lichts).