Diāna,
eine altitalische Göttin, dem Namen nach die weibliche Ergänzung des Janus [* 2] (entstanden aus Djanus), war eine Göttin des Mondes, der freien Natur mit ihren Bergen, [* 3] Wäldern, Quellen und Bächen, der Jagd und der Geburt (in letzterer Eigenschaft führte sie wie Juno den Namen Lucina), also der griechischen Artemis [* 4] (s. d.) verwandt, mit der sie auch im Lauf der Zeit vollständig verschmolz. Auch mit der Hekate [* 5] (s. d.) wurde sie identifiziert und wegen der drei Phasen des Mondes als Dreigestaltige angerufen.
Dies geschah meistens unter magischen
Gebräuchen, welche nachts unter Zauberformeln auf
Kreuzwegen und in
Höhlen verrichtet
wurden, um
Liebe zu entzünden, Kranke zu heilen, Verhaßte zu verderben. Demnach lehrte Diana
auch den
Gebrauch der Zauberkräuter, die bei
Nacht gesucht wurden.
Noch in späten christlichen
Zeiten wurde der Zaubergöttin Diana
bei
Nacht auf
Kreuzwegen und in einsamen
Höhlen von begeistert rasenden
Priestern und
Frauen geopfert, und man glaubte, daß die
Zauberweiber mit der
Göttin auf wilden
Tieren durch die
Luft ritten.
Ihr berühmtestes Heiligtum befand sich bei
Aricia in einem
Hain (nemus, daher sie schlechthin als Nemorensis bezeichnet wurde)
bei dem heutigen
See von
Nemi, dem
»Spiegel
[* 6] der Diana«
, der sein eiskaltes und besonders
Frauen heilkräftiges
Wasser aus der
Quelle
[* 7] der
Egeria empfing. Hier wurde neben ihr ein männlicher
Dämon,
Virbius, verehrt, ein der
Göttin gleichartiger
Genius des
Waldes und der
Jagd, welchen man später für den wiederbelebten Liebling der
Artemis,
Hippolytos, hielt.
Übrigens hatte der Kult dieser Diana
Aricinia noch einen blutigen
Charakter, indem der jedesmalige
Priester
(Rex nemorensis),
dessen
Stelle später ein entlaufener Sklave vertrat, seine
Stelle sich durch Erlegung seines Vorgängers
im
Zweikampf erringen mußte. Wegen dieses blutigen Brauches verglichen die Griechen diese Diana
mit der taurischen
Artemis, und es entstand die
Sage, daß
Orestes ihr
Bild in diesen
Hain gebracht habe. Sie wurde vorzugsweise von
Frauen verehrt,
die zu ihr um glückliche
Geburt und eheliches
Glück zu beten pflegten. In
Rom
[* 8] hatte Diana
als Noctiluca (»Nachterleuchtende«)
einen
Tempel
[* 9] auf dem
Palatin, welcher allnächtlich erleuchtet wurde; noch angesehener war der auf dem Aventin von
Servius Tullius
als Bundesheiligtum der
Latiner angelegte, den kein Mann betreten durfte, und bei dessen Stiftungsfest am 13. Aug. die
Sklaven
Feiertag hatten.
Diese Diana
wurde vollständig mit der
Schwester des
Apollon
[* 10] identifiziert und bei den
Säkularspielen ganz als
Artemis verehrt.
Ein Zeichen des alten Unterschieds erhielt sich darin, daß man der aventinischen Diana
Kühe opferte und ihren
Tempel mit Rinderhörnern,
nicht mit Hirschgeweihen schmückte, während der
Artemis die Hirschkuh heilig war. Außerdem waren in
Italien
[* 11] besonders der
Hain und
Tempel der am
Berg Tifata berühmt; auf seinen Trümmern wurde die
Kirche
Sant' Angelo in Formis
bei
Capua gebaut. Über die bildlichen
Darstellungen der Diana
s.
Artemis.
Vgl. Welcker, Griechische Götterlehre, Bd. 1 (Götting. 1857).