Dersháwin
,
Gawriil Romanowitsch, der bedeutendste russ. Dichter des 18. Jahrh., geb. 3. Juli (a. St.) 1743 zu Kasan, [* 2] Sohn eines armen Edelmanns, besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt, trat dann 1762 als Soldat in das Preobrashenskische Regiment in Petersburg [* 3] ein und erhielt 1772 den ersten Offiziersrang. Im folgenden Jahr wurde er in der Suite des Generals Ribikow gegen Pugatschew nach Südrußland geschickt, wo er sich mehrfach auszeichnete, den Rang eines Kapitänleutnants und ein Gut erhielt, worauf er 1777 in den Zivildienst überging.
Bis 1779 hatte Dersháwin
, unter dem Einfluß
Lomonossows stehend, nichts Selbständiges geschaffen; erst in diesem Jahr erschien
seine zum Krönungsfest der
Kaiserin
Katharina II. gedichtete, ohne sein
Wissen von der Fürstin
Daschkow veröffentlichte
Ode
»Felitza«, welche der
Kaiserin ausnehmend gefiel und dem Dichter ein ansehnliches
Geschenk einbrachte.
Nun stieg
Dersháwin
ziemlich rasch die Stufenleiter zu den höchsten
Ehren hinan. 1775 wurde er zum
Gouverneur von
Olonez, 1778 zum
Gouverneur
von
Tambow ernannt, aber von diesem
Posten durch die
Ränke seiner Feinde, die seine rücksichtslose Offenheit sowie auch seinen
Eigensinn nicht vertrugen, bald wieder enthoben und sogar vor
Gericht gestellt. Dersháwin
gelang es indessen,
die
Kaiserin von seinem
Recht zu überzeugen,
und sie ernannte ihn 1791 zu ihrem
Staatssekretär. 1792 wurde er Geheimrat und
Senator, 1794
Präsident des
Kammergerichts, 1799 unter dem
Kaiser
Paul Reichsschatzmeister.
Unter der
Regierung
Alexanders I. endlich zum Justizminister ernannt, blieb er in
dieser
Stellung bis 1803,
wo er um seinen
Abschied einkam. Er starb 9. Juli
(a. St.) 1816 auf seinem
Landgut Swanka im Nowgorodschen. In seiner Vaterstadt
Kasan wurde ihm 1843 ein Denkmal errichtet. Dershawins
Poesien zeichnen sich durch
Kraft
[* 4] des
Ausdrucks, Pracht der
Bilder, Originalität
der
Gedanken und feine, schöpferische Behandlung der
Sprache
[* 5] aus. Es kann sich bis
Puschkin kein einziger
russischer Dichter mit Dersháwin
messen. Er war ein glühender Verehrer der
Kaiserin
Katharina II., und diese Verehrung begeisterte
ihn zu manchem schönen, von hohem dichterischen
Pathos getragenen Gedicht (obwohl man anderseits auch manche von hohlen
Phrasen
strotzende Gedichte bei ihm findet, welche der »Hofdichter«
geschrieben); er war aber auch ein
Freund der
Wahrheit, eine ehrliche, kernige, leicht aufbrausende
Natur, eine in der Zeit
und in der Umgebung, in welcher er lebte, seltene
Erscheinung.
Sein bestes Gedicht ist seine Ode »Bog« (»Gott«),
die in alle europäischen
Sprachen und selbst ins
Japanische (ins Deutsche
[* 6] von
Altmann,
Notter,
Bodenstedt u. a.) übersetzt wurde. Gesamtausgaben der Werke Dershawins
sind seit 1798 mehrfach
erschienen; die letzte ist die vom
Akademiker
Grot herausgegebene und mit zahlreichen interessanten Anmerkungen versehene in 7
Bänden
(Petersb. 1864-72). Die von ihm hinterlassenen
Memoiren wurden erst lange nach seinem
Tod veröffentlicht (»Zapiski Dersháwin«
, Mosk.
1860). Die beste
Biographie des Dichters lieferte
Grot (Petersb. 1880).