Dauphiné
(spr. dofi-, Delphinatus), ehemalige
Provinz
Frankreichs im Gebiet der Westalpen, umfaßt die heutigen
Departements
Isère,
Drôme und
Oberalpen und wird im O. von den
Alpen,
[* 2] im S. von der
Provence, im N. und W. von dem
Rhône
begrenzt und von drei Nebenflüssen des letztern, der
Isère,
Drôme und
Durance, durchströmt. Sie zerfällt in die gebirgige
Oberdauphiné
im O. und die Niederdauphiné im W. (vgl. sonst die einzelnen
Departements). In der Oberdauphiné
hat sich manche
alte Volkseigentümlichkeit in
Sitten und
Gebräuchen erhalten.
In der Volkssprache ist, was die
Hochlande anlangt, das keltische
Element vorherrschend, wogegen das
Flachland sich mehr zu
dem romanischen
Idiom hinneigt; doch sind in beiden verschiedene Unterdialekte bemerkbar. Hauptstadt war
Grenoble.
[* 3] Die sogen.
sieben Wunder der Dauphiné
sind: der
Mont inaccessible (der unersteigliche
Berg) oder
Mont aiguille (Nadelberg),
die
Grotte von La
Balme, der
Tour sans venin
(Turm
[* 4] ohne
Gift), die
Fontaine ardente (der brennende
Brunnen),
[* 5] die
Höhlen von
Sassenage,
die
Fontaine vineuse, deren
Wasser wie
Wein schmeckt, und die zitternde
Wiese von
Gap. Abgesehen von den beiden erstgenannten,
haben die übrigen
»Wunder« nichts Wunderbares. - Die Dauphiné
, einst das Gebiet der
Allobroger, bildete sich
als Lehnsfürstentum des arelatischen
Königreichs durch die Vereinigung mehrerer
Lehen mit der
Grafschaft
Vienne oder Albon,
deren
Besitzer den
Titel
Dauphin führten. Die Dynastie der
Grafen von Albon herrschte von 1063 an. Mit Guigo VI., der ein eifriger
Anhänger
Kaiser
Friedrichs I. war, starb gegen Ende des 12. Jahrh. diese Dynastie
aus. Seine
Erbtochter
Beatrix heiratete in zweiter
Ehe den
Herzog
Hugo von
Burgund. Ihr Sohn Guigo VII.
Andreas (gest. 1237) eröffnete
die zweite Dynastie.
Ihm folgte sein Sohn Guigo VIII., der mit Karl von Anjou, welcher auf sein Land Ansprüche machte, viele Händel hatte und 1269 starb. Das Bestreben der Dauphins, die Landeshoheit zu erringen, blieb zwar wegen der Macht der fünf Bischöfe des Landes teilweise vergeblich; doch erfreuten sie sich fast durchgehends der Gunst der deutschen Kaiser, bei denen sie das Seneschallamt des arelatischen Reichs bekleideten. Mit Guigos VIII. Sohn Johann, dem dritten Dauphin aus dem burgundischen Hause, starb diese Dynastie 1281 wieder aus.
Ihm folgte seine
Schwester
Anna, Gemahlin des
Grafen
Humbert I. von
Latour du
Pin, dessen Sohn
Johann II.
Stifter der dritten Dynastie
wurde.
Sein
Bruder
Humbert II. schloß 1335 mit
Savoyen
Frieden, ordnete die
Rechtspflege in der Dauphiné
und vergrößerte
ihr Gebiet. Nachdem er aber 1335 durch einen
Sturz aus dem
Fenster seinen einzigen ehelichen Sohn verloren, trat er sein Land 1349 gegen
eine
Jahresrente von 120,000 Goldgulden an
Karl von
Valois, nachmaligen König
Karl V., ab unter der
Bedingung, daß der jedesmalige
französische Thronerbe den
Titel
»Dauphin« nebst dem dazu gehörigen
Wappen
[* 6] führen, daß das Land seine
Integrität und seine zu dem Ende von dem abtretenden Herrscher noch besonders bestätigten
Freiheiten behalten und nie dem
französischen
Reich völlig
¶
mehr
einverleibt werden solle. Schon 1355 wurden indes Faucigny und im Utrechter Frieden 1713 auch die übrigen, im Osten der Alpen
gelegenen Gebietsteile an Savoyen abgetreten; ebenso riß die Krone Frankreich allmählich alle Hoheitsrechte, welche die deutschen
Kaiser noch bis in die Mitte des 14. Jahrh. in der Dauphiné
ausgeübt hatten,
an sich.
Vgl. Chapuis-Montlaville, Histoire du Dauphiné
(Par. 1827, 2 Bde.);
Guy-Allard, Dictionnaire historique, géographique, etc. du Dauphiné
(Grenoble 1864-65, 2 Bde.);
Lory, Description géologique du
Dauphiné
(das. 1864, 2 Bde.);
Chorier, Histoire générale du Dauphiné
(Valence 1883, 2 Bde.);
Joanne, Dauphiné
et Savoie (Reisehandbuch, 1883).