Titel
Dünger.
Zum Transport des Stallmistes auf die Felder kommen in neuerer Zeit, besonders auf größeren Gutskörpern, welche Dampfpfluggarnituren verwenden, Feldbahnen immer mehr zur Verwendung. Der Erfolg hängt von der richtigen Arbeitsdisposition ab, welche wie folgt vorgenommen wird: Während des Sommers wird der Stallmist an die Anwand des zur Herbstdüngung bestimmten Feldes in prismatischen Haufen à 2500 Zentner vom Hofe mit Gespannen geschafft. Das Auseinanderfahren des Düngers mit der Feldbahn erfolgt entweder auf die Stoppel oder nach der abgewalzten Sturzfurche.
Auf dem
Acker werden zunächst mit der Haue im Quadratverband so viel Zeichen hergestellt, wie Doppelzentner
Dünger
aufzubringen sind. Die Schienenjoche werden zu beiden Seiten des Düngerhaufens verlegt und mit einer
Weiche versehen,
welche die
Verbindung mit dem auf den
Acker verlegten geraden Geleis herstellen. Ein Geleisstrang dient für je 4 oder
je 6
Reihen abzuladender Dünger
häufchen. Die Feldbahnwagen werden zu beiden Seiten des Düngerhaufens auf die
Schienen gesetzt
und deren
Körbe, welche einen Doppelzentner Stallmist fassen, beladen.
Ist ein Zug
mit 20-30
Körben beladen, so wird er über die
Weiche auf das gerade Geleis und aufs
Feld geführt; dort werden
die
Körbe von 4 Arbeitern auf die markierten
Stellen entleert. Der Zug
kehrt zum Dünger
haufen am Feldrande Zurück, und das
Pferd
[* 2] wird nun an dem mittlerweile beladenen zweiten Zug
auf der andern Seite des Dünger
haufens gespannt, der Zug
aufs
Feld geführt und
so weiter gearbeitet.
In dem
Maße, wie das
Feld mit Dünger
häufchen versehen ist, werden die drsponibeln
Schienenjoche der Feldbahn gleich auf den für den zweiten Schienenstrang bestimmten Platz umgelegt.
Die
Kosten des Auseinanderfahrens des Stalldüngers
mit der Feldbahn stellen sich erheblich billiger als das alte Düngerfahren
mit Gespannen. Nach den langjährigen
Erfahrungen von
Spiegel
[* 3] braucht man z. B. auf der Zuckerfabriksökonomie
Lundenburg
(Mähren),
[* 4] um 10,000 Ztr. Dünger
auf einem bereits geackerten
Felde zu verführen, mindestens 36 Zweigespanne, welche
samt Aufladen im
Durchschnitt zehnmal pro
Tag à 28
Zentner pro Fuhre fahren können. 36 Gespanntage kosten, à 4 Mk. pro
Tag, 144 Mk.,
Aufladegebühr von 360 Fuhren à 10
Pf. pro Fuhre, 36 Mk., zusammen 180 Mk. Um dieselbe
Dünger
menge mit der Feldbahn auseinanderzuführen, braucht man nur ein
Pferd, welches mindestens 40 mal 20
Körbe pro Zug
à 40 Ztr.
= 1600 Ztr. pro
Tag auseinanderführt, daher für 10,000 Ztr. 6 ¼ Arbeitstage erforderlich sind.
Die
Kosten des Dünger
führens mit der Feldbahn stellen sich somit wie folgt: 1
Pferd auf 6 ¼
Tage à 3 Mk.
= 18,75 Mk., 5000
Körbe à 0,6
Pf. Aufladegebühr = 30 Mk., Abladegebühr samt Schienenüberlegen pro
Korb 0,8
Pf. = 40 Mk.,
Summa 88,75 Mk. Dabei spart
man in der dringendsten Arbeitszeit an Gespannen, da nur ein
Pferd erforderlich
ist;
das Feld wird nicht zertreten und der Stallmist in größerer Gleichmäßigkeit auf dem Felde verteilt, wodurch das Einpflügen des Düngers wesentlich erleichtert wird.
Die Verwendung von Kunstdünger
neben
oder an
Stelle von Stalldünger beschäftigt die Landwirte schon seit v.
Liebigs epochemachenden
Forschungen auf das lebhafteste und führte neuerdings zur
Ansicht, daß der Stalldünger keineswegs etwas
für die
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Erhaltung der Fruchtbarkeit der Felder vollkommen Unentbehrliches sei, sondern auf allen Bodenarten unter gewissen Voraussetzungen durch Kunstdünger zu ersetzen ist. In neuester Zeit haben diese Frage die Schriften von P. Wagnerund eine Abhandlung von Maercker, »Stallmist oder Kunstdünger?« (Berl. 1891) in bedeutungsvoller Weise geklärt. Maercker faßt die Resultate seiner Ausführungen in folgende Hauptsätze zusammen, welche als der gegenwärtig erreichte Standpunkt der Erkenntnis in der Kunstdüngerfrage anzusehen sind:
1) Der Ersatz der in dem Stalldünger enthaltenen Pflanzennährstoffe durch solche in künstlichen Düngemitteln ist mit Leichtigkeit und mit dein besten Erfolg ausführbar, da den betreffenden Bestandteilen des Stalldüngers keinerlei spezifische Wirkung innewohnt. Im strengsten Sinn gilt dieser Satz für das Kali und die Phosphorsäure; für den Stickstoff wird in vielen Fällen, und zwar immer im leichten Boden und unter Umständen auch im schwerern, weniger intensiv bewirtschafteten Boden, an die Stelle der stickstoffhaltigen künstlichen Düngemittel die Stickstoffbeschaffung durch die stickstoffsammelnden Leguminosen [* 6] treten. Dagegen wird der intensiv bewirtschaftete bessere Boden von den letztern schwerlich einen nennenswerten Vorteil ziehen können und vorzugsweise auf die intensiv wirkenden stickstoffhaltigen Düngemittel und den Stalldünger angewiesen bleiben.
2) Eine Wirtschaft ausschließlich mit künstlichen Düngemitteln ist auf die Dauer sowohl im leichten als im schwerern Boden nur möglich, wenn man für einen Ersatz der organischen Substanz des Bodens Sorge trägt, oder auf andre Weise die mechanische Beschaffenheit des Bodens in einem guten Zustand erhält. Solches kann entweder durch den oft wiederholten Anbau von Pflanzen mit starken Wurzelrückständen geschehen, oder durch eine Gründüngung mit Pflanzen, welche für diesen Zweck angebaut werden, oder endlich unter gewissen Verhältnissen durch die Anwendung von Kalk.
3) Im leichten Boden läßt sich unter allen Umständen die Stickstoffsammlung durch passende Leguminosenarten mit der Beschaffung der organischen Substanz vereinigen, und die durch diese Pflanzen dem Boden erworbene Substanz genügt erfahrungsmäßig vollkommen, um alle für den leichtern Boden erforderlichen Eigenschaften auf mechanischem Gebiet mindestens ebensogut wie durch die Anwendung des Stalldüngers herzustellen. Die vorliegenden Versuche und der seit längern Jahren erfolgte Ausbau und die Prüfung des Systems Schultz-Luditz beweisen, daß eine solche Wirtschaftsweise ohne Stalldünger nicht nur vorübergehend, sondern auf die Dauer zum Vorteil der Erträge und der Rente ausführbar ist.
4) Im milden, humusreichen Lehmboden (Zuckerrübenboden) kann eine lange Zeit ausschließlich mit künstlichen Düngemitteln auch ohne Berücksichtigung der Ergänzung der sich allmählich aufzehrenden organischen Substanz gewirtschaftet werden; mit der Zeit verschlechtert sich jedoch bei einer solchen Wirtschaftsweise die mechanische Bodenbeschaffenheit derart, daß eine ordnungsmäßige Bestellung und Bodenbearbeitung nicht mehr durchführbar wird. Durch die Anwendung von Ätzkalk läßt sich indessen vorläufig eine günstige mechanische Bodenbeschaffenheit wiederherstellen und damit die Fortsetzung der stalldüngerlosen Wirtschaft verlängern. Es ist jedoch noch nicht erprobt, wie lange die günstige Wirkung des Kalkes in dieser Richtung anhält, und ob man im stände ist, durch regelmäßig erfolgende Kalkgaben längere
Zeit einen guten mechanischen Zustand zu erhalten.
Wahrscheinlich wird die Wirkung des Kalkes, wenn auch erst nach einer längern Zeit, ihr Ende erreichen.
5) In einem schwerern, thonigen Boden, besonders in einer bedeutendern Höhenlage, ist eine Wirtschaftsweise ohne die Berücksichtigung der Ansammlung von organischer Substanz schwerlich durchführbar und jedenfalls bedenklich. Dagegen bieten sich in solchen Bodenarten zwei Wege zur Beschaffung der organischen Substanz. Der erste, bei weitem annehmbarere ist der Anbau von stickstoffsammelnden Gewächsen als Zwischenfrüchte. Nach den bis jetzt vorliegenden Erfahrungen scheint derselbe keine unüberwindlichen Schwierigkeiten zu bieten, und die Anwendung des Systems Schultz-Lupitz dürfte, wenn auch noch manche Erfahrung zu sammeln ist, bei einer extensivern Wirtschaftsweise wohl durchführbar sein. Der zweite Weg besteht in dem Anbau von sogen, stickstofferhaltenden Gewächsen, wie weißem Senf u. dgl., mit einer Stickstoffdüngung, welche durch solche Pflanzen dem Boden erhalten wird, während sie Veranlassung zur Bildung außerordentlich großer Mengen von organischer Substanz bietet.
6. Dagegen hat der Anbau von stickstoffsammelnden und stickstofferhaltenden Pflanzen bei dem intensiven Betrieb der Zuckerrübenwirtschaften wegen der dort einzuhaltenden Fruchtfolge wenig Aussicht auf einen praktischen Erfolg.
In neuerer Zeit wendet man der Kalkdüngung erhöhte Aufmerksamkeit zu, nachdem die Wechselbeziehung derselben zu dem Stickstoff des Bodens, bez. zu dem Anbau stickstoffsammelnder Pflanzen erkannt wurde. Die größte Wirkung besitzt der Kalk im gebrannten Zustand als Ätzkalk, eine geringere als gemahlener ungebrannter Kalkstein. Reiner Kalk (Fettkalt) ist dem magnesiahaltigen dolomitischen Kalk (Magerkalk) und dem Kalkmergel vorzuziehen. Die Wirkung des Kalkes beruht weniger auf der Zufuhr dieses Nährstoffes als auf der indirekten Einwirkung desselben auf die Umsetzung der Bodennährstoffe, auf der Bindung des atmosphärischen Stickstoffs unter Mitwirkung von Spaltpilzen und auf der günstigen Beeinflussung der physikalischen Eigenschaften des Bodens.
Dietrich wies schon vor längerer Zeit nach, daß der Kalk aus den unlöslichen alkalischen Silikaten des Bodens (Feldspat, Glimmer 2c.) außer der Kieselsäure auch Kali und Natron löslich macht, so daß also durch eine Kalkdüngung zugleich auch noch die letztern drei Verbindungen zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig übt der Kalk auf bindigen, zähen, nassen Thonboden eine mechanisch lockernde Wirkung aus, welche die Krümelbildung befördert und die Bindigkeit auf längere Zeit vermindert. Sandiger Boden, für welchen sich noch am ehesten rohes Kalksteinpulver eignet, wird dagegen bis zu einem gewissen Grade bindiger. In nassen, sauren Böden werden durch den Ätzkalk nachteilige Eisenverbindungen unschädlich gemacht und die Humussäuren neutralisiert. Das Absorptionsvermögen des Bodens für die wichtigsten Pflanzennährstoffe wird erhöht.
So zeigte nach Heiden eine in 10 Jahren sechsmal gekalkte Bodenparzelle bei Kali ein um 17,5 Proz., bei Ammoniak um 23,1 Proz., bei Phosphorsäure um 44,6 Proz. und bei Salpetersäure um 63,5 Proz. höheres Absorptionsvermögen als der Boden der nicht gekalkten Parzelle. Ein gekalkter Boden vermag sich in höherm Grade den atmosphärischen Stickstoff anzueignen als ein nicht gekalkter, weshalb die Hülsenfrüchtigen Pflanzen, welche für Stickstoffdüngung durchaus nicht, dagegen für Kalkdüngung in hohem ¶
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Grade dankbar sind. Damit im Zusammenhang dürfte die noch nicht sicher erklärte fördernde Wirkung einer Beigabe von Kalk zur Stallmistdüngung stehen, wie unter anderm aus einem von Schultz-Lupitz neuerdings eingehaltenen Verfahren hervorgeht, wobei der Stallmist 25 cm tief untergepflügt und oben auf die Pflugfurche kohlensaurer Kalk (12 Doppelztr. feinpulvriger Mergel pro Hektar) aufgestreut wurde; bei der Saatbestellung wurden dann Boden und Kalk gemischt. Auf dem so behandelten Acker wurden alsdann im ersten Jahr 20 Doppelztr. Kartoffeln und 116 Doppelztr. Kohlrüben mehr geerntet als in nicht gekalktem Boden.
Da die hauptsächlichste Wirkung der Kalkdüngung in der Beschleunigung des Nährstoffumsatzes im Boden besteht, so kann dieselbe nur auf nährstoffreichem, aber kalkarmem Boden oder bei unmittelbar nachfolgender Stallmistdüngung große Wirkung erzielen. Fehlt es an Nährstoffen im Boden, so bleibt sie nach dem Gesetz des Minimums der Nährstoffe wirkungslos. Auf entwässertem Torfboden sind daher neben Kalk noch 4-6 Doppelztr. Thomasschlacke und Kalisalze zu verwenden.
Zweckmäßig überfährt man die Ackerfelder alle 4 Jahre mit 10-20 Doppelztr. Kalk, wenn es dagegen auf Thonboden auf die physikalische Wirkung des Kalkes abgesehen ist, alle 6-8 Jahre mit 50-80 Doppelztr. pro Hektar, und zwar am besten im Herbst. Die wirtschaftlichste Art der Kalkdüngung besteht darin, daß man unmittelbar auf dem Felde den Kalk in Feldöfen, welche aus Rasenstücken zusammengestellt werden, brennt und nach dem Brennen in Häufchen auf das Feld setzt, welche leicht mit Erde bedeckt werden, damit sich der Kalk langsam durch die Luftfeuchtigkeit ablöscht.
Ist der Kalk zu einem staubfeinen Pulver zerfallen, so muß er schnell so gleichmäßig wie nur möglich auf dem Felde verteilt und darauf sogleich mit dem Pflug [* 8] in den Boden gebracht werden. Das einfache Eineggen des Kalkes ist zu verwerfen. Das Streuen und Unterbringen des Kalkes darf nur bei trocknem Wetter [* 9] vorgenommen werden, weil bei nasser Witterung der Kalk mit den Bodenbestandteilen nicht innig genug vermengt wird und sich leicht zementartige Verbindungen bilden, wodurch der so gebundene Kalk für seine Wirkung im Boden vollständig verloren ist. Ist in der einen Gegend Kalk schwer zu beschaffen, so ist als Ersatz die Verwendung des Scheideschlamms der Zuckerfabriken (400 Doppelztr. pro Hektar) sehr zu empfehlen.