Comédia
,
in der span.-portug. Litteratur im allgemeinen das
gesamte nationale Kunstdrama der
Spanier, so wie es sich in der Zeit seiner höchsten
Blüte
[* 3] unter Lope de
Vega und
Calderon
entfaltet hatte; es bezeichnet dies mit vollem
Rechte, da die verschiedenen Formen der Comédia
den wesentlichsten Hauptbestand
des so unendlich reichen, nach vielen Tausenden zählenden Repertoires der span.
Bühne ausmachen. Der
Begriff Comédia
deckt sich nicht mit dem, was die Griechen und
Römer
[* 4] comoedia nannten, oder mit dem, was man
jetzt in
Deutschland
[* 5] unter einer Komödie versteht.
Schon vor Lope wird die Benennung gleichwertig mit Schauspiel gebraucht, Lope unterscheidet hier und da noch die
tragédia und tragicomédia.
Später fallen diese beiden
Namen ganz weg, mit deshalb, weil man sich des starken Unterschieds
zwischen der
Tragödie
Senecas und der eigenen Kunstform bewußt war. Das Bedürfnis eines einheitlichen
Namens war gegeben,
weil die Form eine einheitliche war, heiterer und ernster
Inhalt sich vielfältig mischten, übereinstimmend mit
dem engl.
Play, im Gegensatz zur
Bühne der Alten und der
Franzosen.
Nur ein äußerliches
Merkmal bestimmt, welchen
Namen ein Bühnenstück erhält; jedes
Stück, das in drei
Akte (jornadas = Tagereisen,
weil ursprünglich jeder
Akt die Handlung eines
Tages umfassen sollte) geteilt und in Versen geschrieben ist, heißt Comédia
Ausgeschlossen
sind die anders gestalteten geistlichen Festspiele
(Autos), die
Vorspiele (Loas), Zwischenspiele (Farças, Entremeses), Nachspiele
(Sainetes), die
Singspiele
(Zarzuelas) und weltlichen Festspiele (Fiestas).
Vom Bühnenstandpunkt aus wurden die Comédia
de ruido oder de cuerpo, die Ausstattungsstücke, unterschieden von
den Comédia
de capa y espada, den Mantel- und Degenstücken, mit dem Kostüm
[* 6] des span.
Tageslebens. Dort wurde je nach den Anforderungen des
Stoffs und dem Vermögen der
Bühne ein oft sehr erheblicher dekorativer
Aufwand entfaltet; hier blieb die
Bühne unverändert, ward der Ortswechsel der
Phantasie des Zuschauers nur angedeutet, z. B.
so, daß der
Held sagt, er wolle sich in die
Kirche flüchten, zur einen
Thür hinausgeht und zur andern
wieder hereinkommt.
Stoffliche Unterscheidungen sind die der Comédia
divina, des (oft sehr weltlichen) geistlichen Schauspiels, und der
Comédia
de santos, der dramatisierten Heiligenlegende,
der Comédia
de figuron, des Charakterlustspiels, und
der Comédia
burlesca, der
Parodie. Die Bezeichnung Comédia
famosa (namhafte) oder grande (große) will besagen,
daß das
Stück mit Erfolg gespielt worden sei. Die
Wahl des
Stoffs war unbeschränkt; Mythologie, Legende und Sage, Novelle
und Epos, Ritter-, Schäfer- und Schelmenromane, die biblische und die Profangeschichte aller
Zeiten, neben den Tagesereignissen,
gingen im buntesten Wechsel über die
Bretter; wobei denn freilich
Ulysses wie Absalon sich ganz in
Spanier
verwandelten. Die Versbildung
war in Lopes
Periode eine außerordentlich üppige; jener empfiehlt die
Decima für Klagen zu
verwenden, das
Sonett für die Erwartung, für die Erzählung die
Romanze oder auch die Octave, das
Terzett für ernste Dinge,
in Liebesgesprächen die Redondilla. Hierzu kommen noch die lyrischen Einlagen.
Calderon schränkt diese
Überfülle erheblich ein, bleibt aber immer noch reich genug. -
Vgl. Schack, Geschichte der dramat. Litteratur und Kunst in Spanien [* 7] (2. Aufl. 1854, Bd. 2, S. 73 fg.);
Morel-Fatio, La comédie espagnole du XVIIe siècle (Par. 1885);
Schaeffer, Geschichte des span. Nationaldramas (2 Bde., Lpz. 1890).
(S. Autos und Entremes.)