Colchicum
L.
(Zeitlose, Lichtblume),
Gattung aus der
Familie der
Liliaceen,
Kräuter mit dicker, von trocknen, braunen
Hülsen umgebener, meist tief im
Boden steckender
Knolle, grundständigen, linealischen Blättern, welche meist erst im Frühjahr
nach der in den
Herbst fallenden
Blütezeit erscheinen, meist einzeln (oder zu
zwei oder drei) stehenden
Blüten mit trichterförmigem Perigon, sehr langer, enger, größtenteils im
Boden steckender
Röhre und oblonger oder kugeliger,
aufgeblasener, vielsamiger
Kapsel. 29
Arten, meist im
Orient und in den Mittelmeerländern. Colchicum
autumnale L.
(Herbstzeitlose,
s. Tafel
»Giftpflanzen
[* 2] I«)
[* 3] findet sich überall in
Deutschland,
[* 4] in
Mittel- und Südeuropa, auch in den süd-
und ostkaukasischen
Ländern Imeretien und
Mingrelien, dem alten
Kolchis, in Nordafrika auf feuchten
Wiesen als letzte Zierde
des
Herbstes.
Der Stengel [* 5] erhebt sich aus braunen Hüllen, welche gleichzeitig im Herbst eine eiförmige Knolle einschließen, auf der im Sommer der fruchttragende, im Herbst abgestorbene Stengel gestanden hat. Als entwickelte Seitenknospe desselben erhebt sich der kurze, jetzt blühende Stengel, und etwas über dem untersten Blattwinkel desselben ist bereits das Knöspchen zur nächstjährigen Blüte [* 6] angelegt. Von dem im Herbst verblühenden Stengel verlängern sich im folgenden Frühjahr die beiden obern Stengelglieder und schieben die Blätter und Fruchtstengel über den Boden hervor. Im Sommer verdickt sich dann das unterste Stengelglied, während gleichzeitig die im vorigen Herbst vorhanden gewesene Knolle abstirbt.
Die Frucht reift, und der fruchttragende Stengel stirbt wieder ab, während nun die dritte Generation, jenes erwähnte Knöspchen, zur Blüte gelangt. Die Entwickelung ist also zweijährig, und da man im Frühjahr die Fruchtkapseln, im Herbste die Blüten auf den Wiesen sieht, so nannte man die Pflanze filius ante patrem, weil man glaubte, daß sie die Früchte vor der Blüte entwickele. Die Blüte ist hell lila-rosenfarben. Die frische Knolle, im Spätsommer gesammelt, riecht widrig rettichartig, schmeckt süßlich, dann scharf bitter und kratzend, nach dem Trocknen nur noch bitter; sie enthält als wesentlichen Bestandteil Colchicin in geringer (0,066 Proz.), nach den Jahreszeiten [* 7] wechselnder Menge.
Die offiziellen Samen [* 8] sind feingrubig punktiert, braun, durch Ausschwitzung von Zucker [* 9] etwas schmierig, geruchlos, schmecken sehr bitter und enthalten neben 6 Proz. Fett und Gallussäure 0,2-0,3 Proz. Colchicin. Schon Dioskorides warnte vor der giftigen Wurzel [* 10] der Zeitlose, und durch das ganze Mittelalter waren ihre gefährlichen Wirkungen wohlbekannt; aber erst Störck zog sie 1763 in arzneiliche Anwendung. Als Radix (Tuber) Colchici war sie lange offizinell und auch unter den Namen Wiesensafran-, wilde Safran-, Herbstrosen-, nackte Jungfer-, Hahnenklötenwurzel bekannt.
Der
Same und daraus bereitete
Präparate werden gegen
Gicht und
Rheumatismus angewandt; große
Dosen wirken,
wie auch die
Wurzeln und
Blüten, stark giftig. Die
Kühe, welche
Kraut und
Blüten fressen, geben blutige
Milch. Bisweilen hat
man Colchicum
samen betrügerisch als Hopfensurrogat in der Bierbrauerei
[* 11] angewandt. Als
Zierpflanzen kultiviert man auch
Spielarten
mit weißgelben, rötlichbunten, rosenroten und lilafarbenen
Blüten sowie mit weiß gestreiften Blättern
auf Rasenplätzen und als
Einfassung am
Rand kleiner Strauchgruppen. Hierzu eignet sich auch Colchicum
variegatum L., in
Portugal,
[* 12] Sizilien,
[* 13] auf
Kreta und in
Kleinasien einheimisch, mit wellenförmigen, lanzettförmigen Blättern und buntwürfelig gefleckten
Blüten, die auch im
Herbst erscheinen, die angebliche Stammpflanze der bei den Alten und im
Mittelalter
sehr geschätzten platten, herzförmigen, von allen
Hüllen befreiten, als Hermodatteln (Hermodakteln) bekannten
Knollen.
[* 14]