Titel
Cassini
,
1)
Giovanni Domenico, Astronom, geb. zu Perinaldo bei
Nizza,
[* 2] studierte im Jesuitenkollegium zu
Genua
[* 3] und
Bologna und wurde 1650
Professor der
Astronomie
[* 4] daselbst. Da ihm die 1575 von Ignazio
Dante in der
Kirche der heil. Petronia
gezogene
Mittagslinie nicht genau genug erschien, stellte er bei Erweiterung dieser
Kirche um 1653 eine längere und genauere
her. 1664 und 1665 beobachtete Cassini
zu
Rom
[* 5] zwei
Kometen
[* 6] und zu
Litta della
Piave in
Toscana den
Planeten
[* 7]
Jupiter,
dessen
Abplattung und Umdrehungsdauer er bestimmte.
Ähnliche
Beobachtungen stellte
er an
Mars
[* 8] und
Venus an. Er wurde damals zum Oberintendanten der Gewässer des bolognesischen
Gebiets ernannt, übernahm auch die
Inspektion über die Bauten an der
Festung
[* 9]
Perugia und der
Brücke
[* 10]
Felix
und lieferte außerdem noch
Beobachtungen über die
Insekten
[* 11] und die
Transfusion des
Bluts. Seine »Ephemerides Bononienses Mediceorum
siderum«
(Bologna 1668) waren die Veranlassung, daß die französische
Regierung Cassini
nach
Paris
[* 12] einladen ließ.
Dort leitete er die von
Perrault erbaute
Sternwarte,
[* 13] entdeckte 1671 und 1672 zwei neue Saturntrabanten und
zwei andre 1684, die er dem König zu
Ehren Sidera Ludovicea nannte. Im
Dezember 1680 berechnete er die
Bahn des
Kometen, der
damals so großes Aussehen erregte; ebenso war die Expedition von 1672 nach
Cayenne zur Bestimmung der
Mars- und
Sonnenparallaxe
Cassinis
Werk.
Der von ihm berechnete
Wert der
Sonnenparallaxe ist nur um 1/20 zu groß. Seit 1683 beobachtete
er das
Zodiakallicht
[* 14] und lenkte die
Aufmerksamkeit der Astronomen auf diese
Erscheinung.
Außerdem fand er die nach ihm benannten
Gesetze der
Bewegung des
Mondes um seine
Achse. Ein neue genauere Bearbeitung der Jupitertrabanten
erschien von ihm 1693. Die 1669 von
Picard begonnene, seit 1683 von
Lahire im
Norden
[* 15] von
Paris fortgesetzte
Gradmessung
[* 16] verlängerte er bis an das äußerste Ende von
Roussillon (1700). Die letzten Jahre seines
Lebens brachte er in
Blindheit zu. Er starb Eine Sammlung seiner
Schriften:
»Opera astronomica«, erschien
Rom 1866. Cassinis
Selbstbiographie
gab sein Urenkel Cassini
de Thury in den
»Mémoires pour servir à l'historie des sciences« (1810) heraus.
2) Jacques, Astronom und Physiker, Sohn des vorigen, geb. zu Paris, wurde schon 1694 Mitglied der Akademie der Wissenschaften, trat auf einer Reise nach Holland und England mit Newton, Halley, Flamsteed u. a. in Verkehr und wurde 1696 Mitglied der königlichen Societät zu London. [* 17] Er arbeitete über Elektrizität, [* 18] das Barometer, [* 19] Verbesserung der Brennspiegel und übernahm nach seines Vaters Tode die Direktion der Sternwarte zu Paris. Seine wichtigste Arbeit ist die Fortsetzung der von seinem Vater begonnenen Gradmessung (vgl. ¶
mehr
Gradmessungen). Er starb auf seinem Landgut Thury bei Clermont. Cassini
schrieb: »De la grandeur et de la figure de la
terre« (Par. 1720);
»Éléments d'astronomie« (das. 1740),
wozu die »Tables astronomiques du soleil, de la lune, des planètes, des étoiles et des satellites« (das. 1750) als Fortsetzung gehören.
3) César François Cassini
de Thury, Sohn des vorigen, geb. zu Paris, trat schon 1736 in die Akademie der Wissenschaften
und wurde nach seines Vaters Tode dessen Nachfolger in der Direktion der Sternwarte; er starb in Paris. Sein berühmtestes
Werk ist die große trigonometrische Vermessung Frankreichs, die erst von seinem Sohn Jean Dominique vollendet
wurde, und deren Resultat in 182 Blättern unter dem Titel: »Carte topographique de la France« (Par. 1744-1793, 180 Blätter)
in 1/86400 der wahren Größe erschien;
eine Reduktion auf ⅓ des Maßstabes in 83 Blättern erschien als »Atlas [* 21] national« seit 1791, außerdem eine Reduktion auf ½ in 84 Blättern von Capitaine.
Von Cassinis
Schriften sind zu nennen: »Relation de deux
voyages faits en 1761 et 1762 en Allemagne« (1763-75, 2 Bde.);
»Description géométrique de la terre« (1775);
»Description géométrique de la France« (1784).
4) Jean Dominique, Graf von, Sohn des vorigen, geb. zu Paris, wurde ebenfalls sehr bald Mitglied
der Akademie, dann Gehilfe und endlich Nachfolger seines Vaters in der Direktion der Sternwarte. Die Vollendung der großen Karte
von Frankreich ist sein Hauptverdienst; außerdem arbeitete er 1787 mit Méchain und Legendre an der astronomisch-trigonometrischen
Verbindung von London und Paris. Die Revolution brachte Cassini
als Gegner der Republik auf sieben Monate ins Gefängnis,
worauf er sich auf sein Landgut zurückzog. Unter Napoleon I. wurde Cassini
Mitglied des Instituts von Frankreich und behielt seine
Stelle in seiner Sektion auch nach der Restauration. Längere Zeit Mitglied des Conseil général des Departements
de l'Oise, bewies er in dieser Stellung tüchtige Geschäftsgewandtheit. Später lebte er zurückgezogen zu Thury sous Clermont
und starb daselbst.
5) Alexandre Henri Gabriel, Vicomte de, Sohn des vorigen, geb. widmete sich anfangs der Astronomie, dann der Rechtswissenschaft, beschäftigte sich daneben auch mit Botanik, gab »Opuscules phytologiques« (Par. 1826-34, 3 Bde.) heraus und wurde 1829 Rat am Kassationshof, 1831 Mitglied der Pairskammer und starb