Carstens
,
Asmus Jakob, Maler, geb. zu St. Jürgen bei Schleswig, [* 2] ging 1776 nach Kopenhagen, [* 3] wo er sich autodidaktisch dem Studium der bildenden Kunst, namentlich der antiken, widmete, während er sich durch Anfertigung von Porträten seinen Unterhalt erwarb. Dabei las er die Alten, besonders den Homer, sowie Shakespeare, Ossian, Klopstock, die ihn zu eigener poet. Thätigkeit anregten («Oden und Elegien», Kopenh. 1783; unter dem Namen Jakob), und denen er die Gegenstände seiner Kompositionen entnahm.
Die Kopenhagener Akademie besuchte er nur kurze Zeit; er wurde sogar von ihr verwiesen, da er bei einer Preisverteilung die Medaille zweiter Klasse ausschlug. Ostern 1783 ging er nach Italien, [* 4] wo er namentlich in Mantua [* 5] die Fresken Giulio Romanos studierte; aber Mittellosigkeit nötigte ihn, nach Deutschland [* 6] zurückzukehren. In Lübeck [* 7] erwarb er fast fünf Jahre lang seinen Unterhalt mit Porträtmalen. Endlich setzte ihn ein reicher Kunstliebhaber in den Stand, 1788 nach Berlin [* 8] überzusiedeln.
Hier arbeitete er für Buchhändler, z. B. die Illustrationen zu Ramlers «Mythologie», und zur Götterlehre von Moritz; der Erfolg, den seine Komposition: Der Sturz der Engel (Federzeichnung) hatte, verschaffte ihm eine Stellung als Professor an der Akademie. Von wichtigern Arbeiten, die er in Berlin ausgeführt hat, sind die dekorativen Malereien im ehemals Dorvilleschen Hause zu Grunde gegangen, ähnliche in einem Zimmer des königl. Schlosses noch erhalten.
Auch mehrere plastische Arbeiten, unter anderm ein Modell zum Denkmal Friedrichs d. Gr., fallen in diese Zeit. 1792 erhielt er die Mittel zu einer zweijährigen Studienreise nach Italien. Um seine künstlerische Entwicklung nicht zu unterbrechen, wünschte er aber dauernd in Rom [* 9] zu bleiben. Dadurch kam er in Streit mit dem Kurator der Berliner [* 10] Akademie, dem Minister von Heinitz, welcher durch das Stipendium namentlich der Akademie einen tüchtigen Lehrer hatte zuführen wollen.
Carstens'
Weigerung führte den
Bruch herbei; der Künstler, auf sich selbst angewiesen, fristete sein
Dasein
kümmerlich weiter und erlag nach wenigen Jahren einem Brustleiden. Er starb und wurde auf dem prot. Friedhofe
in
Rom, bei der Pyramide des
Cestius, begraben. In
Rom erregten die großartige
Auffassung und der hohe
Stil seiner
Kompositionen
Bewunderung. Die Gegenstände derselben sind meist den klassischen Dichtern des
Altertums sowie dem
Dante,
Ossian und
Shakespeare entlehnt; es sind ausschließlich Zeichnungen, meist in Rotstift, und
Blätter in Wasser- und
Deckfarben;
mit der
Technik der
Ölmalerei hat er sich fast gar nicht befaßt.
Carstens
wurde früher als Begründer der neuen deutschen Kunst gefeiert; er steht wenigstens an der
Spitze der
Klassicisten- oder Kartonschule. Ein
Maler war er nicht, aber ein denkender Künstler und selbständiger Zeichner. Sein
Wollen
überstieg sein Können bedeutend; die mangelnde Kenntnis der
Technik hat ihm und seinen Nachfolgern, wie überhaupt der deutschen
Kunst in der ersten Hälfte des 19. Jahrh. dadurch geschadet, daß diese die
Farbe glaubte vernachlässigen zu dürfen und einseitig die Zeichnung pflegte. Seine Werke finden sich namentlich im
Museum zu
Weimar;
[* 11] vier seiner Zeichnungen
(Schlacht bei Roßbach,
[* 12] Die Griechenfürsten im Zelt des
Achilleus, Priamos vor
Achilleus,
Überfahrt des Megapenthes) in der Nationalgalerie zu
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
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Berlin. Carstens'
Zeichnungen wurden in Auswahl durch W. Müller in Umriß gestochen, ein Unternehmen, welches H. Riedel mit Hilfe
der Kupferstecher Merz, Schütz und des Lithographen G. Koch fortsetzte und zu einer Gesamtausgabe von Carstens'
Werken vervollständigte
(2 Bde., Lpz. 1869 u. 1874). Bereits 1799 war der Cyklus: Die Argonauten, von J. A. Koch gestochen, in Rom
herausgegeben worden. –
Vgl. L. Fernow, Leben des Künstlers Carstens
(Lpz. 1806; neue Ausgabe von Riegel, Hannov. 1867): Schöne,
Beiträge zur Lebensgeschichte des Malers Carstens
(Lpz. 1866);
F. von Alten, Versuch eines Verzeichnisses der Werke und Entwürfe
von Carstens
(Oldenb. 1866);
A. Sach, Carstens'
Jugend und Lehrjahre (Halle
[* 14] 1881).