Carnúntum
,
norischer (kelt.) Ort in Niederösterreich und ehemalige röm. Festung [* 2] (seit dem 1. Jahrh. n. Chr. zu Pannonien gehörig), zwischen Deutsch-Altenburg und Petronell, rechts der Donau gelegen, war ein sehr alter Stapelplatz für den Bernsteinhandel aus den nördl. Ländern und als solcher Endstation der sog. Bernsteinstraße, die über Steinamanger, Pettau, Cilli und Laibach [* 3] nach Italien [* 4] führte, weshalb dieser Ort wegen seiner günstigen Lage die Aufmerksamkeit der Römer [* 5] auf sich zog.
Deshalb wählte schon
Tiberius auf seinem Zuge gegen Marbod (6 n. Chr.) Carnúntum
zum Hauptquartier.
Die
Römer machten sodann Carnúntum
zum Mittelpunkte ihrer Befestigungen längs der Donau, die
sich vom Wienerwalde (Vindobona,
Wien)
[* 6] bis zur Waag (Brigetio, das heutige Ó-Szöny) erstreckten. Die
Kaiser Vespasian und
Trajan vergrößerten diese
Anlagen, indem sie in Carnúntum
und den beiden Flankenpunkten Vindobona und Brigetio je ein vollständiges
Legionslager errichteten und ersterer die
Legio XIV. nach der Zerstörung
Jerusalems (70 n. Chr.) hierher
verlegte, während die
Legio XIII.
Gemina von
Pettau (Poetovio) nach Vindobona versetzt wurde. Das im J. 73 vollendete Legionslager auf einer Anhöhe zwischen
Petronell und
Deutsch-Altenburg hatte ein
Praetorium, Lagerheiligtümer, ein
Forum
[* 7] mit einer gewaltigen Säulenreihe und zahlreiche
Bäder. Zwischen Carnúntum
und Vindobona waren die Mündungen der
Schwechat und Fischa in die Donau durch die
Kastelle
Ala nova und Aequinoctium gesichert und die
Verbindung derselben durch eine Donauflottille, deren
Station Carnúntum
war, hergestellt.
Von aus gingen Heerstraßen längs der Donau,
d. i. der Reichsgrenze (limes), nach Vindobona, eine nach Scarabantia (Ödenburg)
[* 8] und nach
Aquae
(Baden).
[* 9] An diese Legionslager schlossen sich bald
Städte an, die unter Hadrian Municipalverfassung
erhielten.
In C. hielten sich Hadrian,
Antoninus
Pius und
Marc Aurel auf, von denen der letztere während des Markomannenkrieges
(172–175 n. Chr.) in Carnúntum
sein
Standquartier hatte, hier auch das zweite
Buch seiner Selbstbetrachtungen schrieb und 180 bei
Vindobona starb. Ein in Carnúntum
aufgefundenes Mithrasdenkmal bezeugt die gleichzeitige Anwesenheit
von vier
Kaisern in Carnúntum
gegen Ende des J. 307, als Galerius in Gegenwart der damals bereits abgetretenen
Kaiser Diocletian und
Herculius den bisherigen
Cäsar Licinius zum
Augustus ernannte. Carnúntum
wurde im 4. Jahrh. von den
Deutschen zerstört, erholte
sich wieder unter
Valentinianus und scheint
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
mehr
erst im Mittelalter durch die Ungarn
[* 11] völlig zu Grunde gerichtet worden zu sein. Die Ausgrabungen in Carnúntum
wurden in den letzten
Jahren, namentlich durch den in Wien dafür gegründeten Verein «Carnuntum», sehr gefördert. -
Vgl. Sacken, Die röm. Stadt
Carnúntum
(Wien 1853);
Kubitschek und Frankfurter, Führer durch Carnúntum
(ebd. 1891).