Brechmittel
(Emetica, Vomitiva), im engern
Sinn diejenigen pharmazeutischen
Substanzen, welche dem
Körper einverleibt
werden, um zum Behuf irgend eines Heilzweckes
Erbrechen zu erzeugen. Außer den eigentlichen Brechmitteln
gibt es noch andre,
mehr mechanisch wirkende
Mittel, durch welche man im stande ist,
Erbrechen hervorzurufen. Als solche sind zu nennen das
Kitzeln
des
Schlundes, Trinken von vielem lauen
Wasser etc.
Manche
Menschen können sogar durch
Nachahmung der Brechbewegung mit
Hilfe
der Bauchmuskeln den Mageninhalt entleeren.
In der
Medizin bedient man sich nur noch weniger
Mittel, um
Erbrechen zu erregen, teils weil dieselben ziemlich sicher wirken,
teils weil sie bei ihrer Anwendung den
Organismus verhältnismäßig wenig gefährden. Es sind dies die
Brechwurzel
(Ipekakuanha), der
Brechweinstein
(Tartarus stibiatus,
Tartarus emeticus), der
Kupfervitriol und
Zinkvitriol. In neuester
Zeit ist als ein sehr zuverlässiges Brechmittel
das
Apomorphin eingeführt worden. Es ist dies ein aus dem
Opium hergestellter sehr
giftiger Arzneistoff, welcher schon in minimalen
Dosen wirksam ist und daher mit äußerster Vorsicht
genommen werden muß.
Wird eins der genannten Brechmittel
eingenommen, so entsteht je nach der
Gabe desselben zuerst
Übelkeit, und der
Speichel läuft im
Mund zusammen, dann folgt nach längerer oder kürzerer Zeit bei Wiederholung der
Gabe Brechneigung und
Erbrechen. Zugleich
kommt der ganze
Körper in
Schweiß, und ein Erschlaffungszustand befällt
Nerven- und Muskelsystem. Gewöhnlich
wiederholt sich das
Erbrechen mehrere
Male, auch wenn der
Magen
[* 3] fast ganz entleert ist, und erst allmählich tritt wieder
Ruhe
ein, indem sich auch
Ekel und
Übelkeit nach und nach verlieren. Es bleibt dann nur noch eine
Abspannung im ganzen
Körper zurück, während welcher der
Herzschlag und der
Atem verlangsamt sind, und auf welche häufig eine wohlthätige
Ruhe
folgt.
Der schweißerregenden
Wirkung derselben, wobei man mehr das
Gefühl von
Ekel als eigentliches
Erbrechen hervorzurufen bezweckt,
was man schon durch kleine
Gaben erreicht, bedient man sich bei leichtern katarrhalischen und rheumatischen
Zuständen, bei
Katarrh der
Atmungs- und Verdauungsorgane, bei fieberhafter Aufregung, beim
Wahnsinn etc., während die stärkere
Wirkung der Brechmittel
bei Zuständen Anwendung findet, wo der
Magen rasch entleert werden soll, so besonders bei starker Überladung
des
Magens, oder wenn giftige
Substanzen in denselben gelangt sind.
Auch wenn fremde
Körper in der
Speiseröhre stecken geblieben oder in die
Luftröhre gekommen sind, wirkt
die
Einspritzung
[* 4] von
Brechweinstein unter die
Haut
[* 5] zuweilen lebensrettend. Auch wenn bei
Bräune durch große Schleimansammlungen
oder durch Krupphäute
Erstickung droht, werden Brechmittel
mit Erfolg angewendet. Durch die kräftige
Wirkung der
Bauchpresse, wie sie
durch Brechmittel
hervorgerufen werden kann, sollen auch
Steine aus den
Harnleitern oder
Gallengängen ausgetrieben
worden sein, wobei wohl die erschlaffende
Wirkung der Brechmittel
einen günstigen Einfluß mit ausgeübt haben mag.
Gegenanzeige finden die Brechmittel
, namentlich der
Brechweinstein, wegen der schon
oben berührten reizenden
Wirkungen auf die
Schleimhäute
und wegen Erregung heftiger Zusammenziehung der Bauchmuskeln, bei allen entzündlichen Zuständen des
Magens und
Darmkanals und des
Bauchfelles, bei
Neigung zu
Blutandrang nach dem
Kopf oder nach
der
Brust sowie zu
Blutung aus
Nase
[* 6] und
Lunge,
[* 7] bei starker Erweiterung des
Herzens und der
Aorta, bei Aneurysmen dieser
Organe, bei Schwächezuständen und erhöhter
Reizbarkeit sowie in der
Schwangerschaft, und wo ein
Bruch vorhanden ist. Bei kleinen
Kindern ist das Brechmittel
stets
ein eingreifendes
Mittel, und wo es gereicht werden muß, ist stets die
Brechwurzel zu wählen. Unter allen Umständen muß
die Anwendung der Brechmittel
auf ärztliche
Verordnung geschehen, und alle eigenmächtigen
Kuren mit abführenden und Brechmitteln
sind dringend zu widerraten.