Bosporus
[* 2] (griech., »Rinderfurt«, türk. Istambul Boghasi),
Name der Meerenge, welche aus dem Schwarzen Meer (Pontos Euxeinos) in das Meer von Marmara (Propontis) führt und zum Unterschied von andern gleichnamigen Meerengen der Thrakische auch »Straße von Konstantinopel« [* 3] genannt wird (s. Kärtchen). Hier soll nach dem griechischen Mythus Jo, in eine Kuh verwandelt, durchs Meer geschwommen sein, daher der Name. Die Meerenge ist 1170-1950 m breit und 27 km lang in der Richtung von SW. gegen NO. und hat eine durchschnittliche Tiefe von 30 Faden. [* 4]
Fast das ganze Jahr hindurch findet eine heftige Strömung aus dem
Schwarzen
Meer in das
Marmara-Meer statt, und die
Schiffahrt
durch den Bosporus
ist bei der
Enge der nördlichen Einfahrt, den oft plötzlich wechselnden
Winden
[* 5] und den häufigen
dichten
Nebeln im
Herbst und
Winter nicht immer ohne
Gefahr, wird aber gleichwohl sehr lebhaft betrieben. Die
Ufer sind im höchsten
Grad malerisch und bieten mit ihren schön geformten, oft schroff abfallenden
Bergen
[* 6] (bis
ca. 450 m
Höhe), ihren reizenden,
von
Cypressen,
Lorbeerbäumen und uralten
Platanen beschatteten
Buchten und Thalöffnungen und der
Menge von
Schlössern und
Ruinen,
Palästen,
Kiosken, Dörfern,
Villen und
Gärten, welche sie beleben, eine ununterbrochene
Folge der herrlichsten
Ansichten dar. Am Eingang aus dem
Marmara-Meer liegt auf europäischer
Küste
Konstantinopel nebst
Pera, gegenüber auf asiatischer
Seite die Stadt
Skutari; dann folgen als die hervorstechendsten
Punkte auf dem linken
Ufer die prachtvollen
kaiserlichen Lustschlösser Dolmabagtscheh,
Beschiktasch und Tschiraghan Seraj; unmittelbar darauf das Dorf Ortaköi, gegenüber
dem
Ort Bejlerbei (auf asiatischer Seite). Etwa in der Mitte des Bosporus
stehen zwei feste
Schlösser: auf europäischer
Küste
Rumeli Hissar,
auf asiatischer Anadoli
Hissar, beide von
Mohammed II. erbaut und als Kerker für
Staats- und
Kriegsgefangene
lange Zeit berüchtigt. Weiterhin folgt die
Bucht von Jenikiöi und links Therapia, Sitz des englischen und französischen
Gesandten; ferner
Bujukdere, an der breitesten
Stelle,
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und Schloß Rumeli Kawaghi; endlich an der Mündung in das Schwarze Meer, wo im Altertum ein prächtiger Tempel [* 8] stand, erheben sich zu beiden Seiten alte genuesische Kastelle neben Leuchttürmen (Rumeli Fener auf europäischer, Anadoli Fener auf asiatischer Seite), beide durch Strandbatterien geschützt. In der Mündung liegen dicht vor dem europäischen Leuchtturm in brandender See die von den Alten Kyanäen genannten Felsen. Hier war beim Skythenzug 515 v. Chr. der Übergangspunkt des Dareios und seines ungeheuern Heers, hier 1352 große Seeschlacht zwischen den Venezianern und Genuesen um die Herrschaft im Schwarzen Meer.
Vgl. Dethier, Der und Konstantinopel (Wien [* 9] 1873).
Kimmerischer Bosporus
hieß im Altertum die jetzige Straße von Kaffa (Feodosia) oder Kertsch, welche zwischen der
Taurischen Halbinsel (Krim)
[* 10] und dem Festland aus dem Schwarzen in das Asowsche Meer führt. In dieser Meerenge, welche ihren Namen
von ihren ältesten vorskythischen Anwohnern, den Kimmeriern, trug, bewegte sich in der spätern Zeit des griechischen
Reichs und unter Venezianern und Genuesen im Mittelalter der Welthandel. Doch war die Meerenge nur im Sommer schiffbar; im Winter
fror dieselbe so fest zu, daß (nach Strabon) die Reiterei des Mithridates auf derselben Stelle eine Schlacht lieferte, wo im
Sommer vorher ein Seetreffen stattgefunden hatte. An ihr lag die Stadt Bosporus
(Pantikapäon), eine milesische
Kolonie (heute Kertsch oder Vospór); auch gab der Bosporus
einem Reich des Altertums, dem Bosporanischen Reich (s. d.), den Namen. S.
auch »Karte der Mittelmeerländer«.