Titel
Bombay
[* 3] (spr. -beh), engl. verderbt aus dem alten, schon verderbten
portug.
Namen Bombaim oder Mombaim, heißt mahrattisch Mumba'i (nach der Göttin Mumba, deren Heiligtum bis gegen Mitte
des 18. Jahrh. auf der Esplanade von Bombay
stand), indisch jetzt auch Mamba'i oder
Bamba'i.
1) Präsidentschaft des brit. Kaiserreichs
Indien, umfaßt nach dem Census vom April 1881 (mit Ausnahme der zu ihr gehörenden
tributären Vasallenstaaten) 321 463 qkm mit 16 454 414 E., seitdem aber 1888 Sindh der Regierung des
Pandschab unterstellt wurde, nur 181 290 qkm mit 13 911 438 E. 1891 wurden gezählt: 18 901 123
E. der eigentlichen Präsidentschaft, 8 059 298 E.
in den
Staaten und Agentschaften, zusammen 26 960 421, darunter 21 440 991
Hindu, 6 390 995 Mohammedaner, 555 209
Dschain, 76 774 Parsen, 170 009
Christen, 13 547 Israeliten, 311 259 unkultivierte
Ureinwohner, 698 Buddhisten, 912 Sikh und 27 andere. Bombay
umfaßt die alten Landschaften Gudschrat, Khandesch, Sattra,
Aurangabad,
Bidschapur mit Dharwar,
Konkan und seit 1861 Nord-Kanara.
Administrativ steht diese Präsidentschaft unter einem Gouverneur mit einem ihm zur Seite stehenden
Rate für
Gesetzgebung und
Verwaltung unter Oberaufsicht des Vicekönigs und zerfällt in 4 Divisionen unter
Kommissaren, nämlich die
nördl. Division mit 7 Distrikten, die centrale mit 7 Distrikten (einschließlich der Stadt
Bombay
), das eigentliche und die südl. Division mit 5 Distrikten. Die Gesamteinnahmen
beliefen sich 1890 auf 129 250 550 M., die
Ausgaben auf 69 226 300 M. (die Rupie zu 1,43 M. gerechnet).
Die Hauptsprachen sind: Mahratti (von 47,11 Proz. der Bevölkerung [* 4] gesprochen), Gudschrati (von 18,86 Proz.), Kanaresisch (von 12,77 Proz.) und Hindustani oder Urdu (von 5,3 Proz.);
doch wird das
Hindustani oder
Urdu von den gebildeten und den handeltreibenden
Mohammedanern allgemein verstanden und gesprochen. Bombay
besitzt (1890) 11 716 Unterrichtsanstalten mit 591 627
Zöglingen (29
Proz. der schulpflichtigen
Knaben und 3¾ Proz. der schulpflichtigen Mädchen).
1890 erschienen 2000
Bücher und Zeitschriften,
mehr als die Hälfte in Gudschrati- oder Mahratti-Sprache. Die sehr zahlreichen zu Bombay
gehörenden Vasallenstaaten
sind wieder in eine nördl. und in eine südl.
Division mit zusammen 20 Agentschaften zerteilt. -
Vgl. Murray, Handbook of Bombay
Presidency (2. Aufl., Lond. 1881).
2) Die feste Hauptstadt der gleichnamigen Präsidentschaft, nächst Kalkutta [* 5] der bedeutendste ¶
mehr
Seeund Handelsplatz Ostindiens, liegt unter 18° 55' nördl. Br. und 72° 54' östl. L., an der Westküste von Vorderindien,
auf der gleichnamigen schmalen, sich von NW. nach SO. in der Länge
von 18½ km erstreckenden Insel, oder vielmehr Halbinsel, seitdem Bombay
mit dem Festlande durch einen festen Eisenbahndamm verbunden
ist. Dieselbe bildet mit den durch Molen mit ihr verbundenen kleinen Inseln, Old Woman's-Island oder Kolaba
oder Lighthouse-Island, welche südlich, und andern, die östlich von ihr liegen, wie Karandscha, Elephanta, Hogs-Island u. s. w.,
eine sehr geräumige, vollkommen sichere Bai, deren Lage, besonders von der See aus, von hoher malerischer Schönheit ist,
da die westlichen, unweit der Küste verlaufenden Ghat ihren Hintergrund bilden. (Hierzu Plan: Bombay.
)
Anlage und Bauten. Bombay
ist der Hauptkriegshafen von Britisch-Indien. Seitdem Bombay
1661 von den Portugiesen an Karl II., als Teil
der Morgengabe für seine Gemahlin Katharina von Braganza, abgetreten wurde, ist es riesig angewachsen. Es besteht aus
der alten Stadt oder dem Fort, so genannt von dem daselbst 1769 von den Engländern erbauten Fort George, dem südlichsten Stadtteile,
und der Schwarzen Stadt (Black Town). Ihre Straßen sind sehr eng und während der periodischen Regenzeit häufig überschwemmt.
Doch wird viel gethan für die Verbreiterung und Trockenlegung derselben, die Zufuhr von gutem Trinkwasser
und die Verbesserung des früher wenig günstigen Gesundheitszustandes. Als 1803 ein kleinerer, 1845 ein größerer Teil der
Stadt abgebrannt waren, geschah der Wiederaufbau in schönerer und zweckmäßigerer Weise. Vieles in dieser Beziehung verdankt
Bombay
der großen Freigebigkeit des reichen Parsen Sir Dschamsched-Dschidschibha'i.
Bemerkenswert sind die mit Kolonnaden geschmückte, 60 m lange und 30 m breite Stadthalle mit einer Bibliothek von mehr als 100000 Bänden sowie den Standbildern von Sir John Malcolm, C. Forbes, Lord Elphinstone, Lord Cornwallis und Dschamsched-dschi Dschidschibha'i; die Münze und die Kathedrale St. Thomas (1720 erbaut, 1855 erweitert). Diese Gebäude sowie eine Anzahl palastähnlicher Wohnhäuser [* 7] reicher engl. und parsischer Handelsherren liegen an dem großen und schönen, mit Tamarinden bepflanzten «Green» oder «Elphinstone-Circle» genannten Platze mit den Statuen von Lord Cornwallis und Marquis Wellesley.
Die Wohnung des Gouverneurs von Bombay
befindet sich auf dem südwestlichen, Malabar-Point genannten, steilen Vorgebirge der Insel.
Auch verschiedene Moscheen und Hindutempel sowie das von Dschamsched-dschi Dschidschibha'i gegründete
Krankenhaus
[* 8] in der Schwarzen Stadt sind sehenswert. Noch sind zu erwähnen die von Böhm modellierte Statue der Königin Victoria
[* 9] und die enthüllte Reiterstatue des Prinzen von Wales. Bombay
ist Sitz der Präsidentschaftsregierung,
des höchsten Gerichtshofs, der Handelskammer, der Bank von und anderer Banken.
Auch befinden sich daselbst seit 1857 die der Londoner nachgebildete Universität (nur für Prüfungen);
das Victoria u. Albert Museum für Naturgeschichte und alle nützlichen Naturprodukte Indiens (seit 1871);
die «Bombay
Branch» genannte Abteilung der
Royal Asiatic Society in England;
die seit 1873 mit dieser vereinigte Geographische Gesellschaft;
eine
Medizinische und Physikalsche Gesellschaft, deutscher Klub sowie verschiedene andere gemeinnützige Anstalten. Bombay
besitzt
ein Marinearsenal, Docks und Werfte, wo die größten Kriegsschiffe gebaut werden können.
Die alten Festungswerke von Bombay
wurden 1863 abgetragen
und statt ihrer sehr großartige neue angelegt. Die Villenvorstadt Malabar Hill mit den Türmen des Schweigens,
auf denen die Parsen ihre Toten aussetzen, ist durch Stadteisenbahn mit der Altstadt verbunden.
Die Bevölkerung betrug (1891) 821 764, (1881) 773 196 E. in 28 310 Gebäuden, und zwar 502 851 (65 Proz.) Hindu, 158 713 Mohammedaner, 48 597 Parsen, 30 708 eingeborene Christen und Portugiesen, 17 387 Buddhisten und Dschain, 10 541 Europäer, 1168 Eurasier, d. h. von europ. Vätern und eingeborenen Müttern Erzeugte, außerdem viele Araber, Perser, Chinesen, Neger u. s. w.
Verkehrswesen und Handel. Bombay ist durch die Peninsular- and Oriental- und durch die British-Indian-Dampfschiffahrtslinien sowie durch die Linien der Gesellschaften «Messageries Maritimes» u. s. w., die sämtlich hier Hauptagenturen besitzen, mit Europa, [* 10] Sues, der Ostküste Afrikas, dem Golf von Persien, [* 11] Ceylon, [* 12] dem Indischen Archipel, China [* 13] und Japan sowie allen wichtigern Küstenpunkten des Indobritischen Reichs, mit dem Innern desselben aber durch die Great-India-Peninsula-, die Great-India-Peninsula-Madras- und die Bombay-Baroda and Central-India-Eisenbahnen, demnächst auch durch eine direkte Linie über Nagpur und Bilaspur nach Fertigstellung der Strecke Raigarh-Tschaibassa (Singbhum) mit Kalkutta verbunden und somit der Mittelpunkt eines sehr großartigen, den wachsenden Reichtum der Stadt bedingenden Handels. Am Gesamt-Außenhandel Indiens nehmen Kalkutta und Bombay mit je 40 Proz. teil; 1884-85 entfielen auf Bombay sogar 43,51 Proz., auf Kalkutta nur 36,97 Proz. 1890/91 verkehrten 89 797 Schiffe [* 14] (darunter 3451 Dampfer) mit insgesamt 5 014 880 Registertonnen im Hafen; 87 962 mit 2,86 Mill. t kommen auf die Küstenschiffahrt und den Verkehr mit ind. Häfen.
Der Außenhandel wertete 1889/90:1677 297 476 M.; der Haupteinfuhrartikel, Baumwollwaren, 187 150 200 M., der Hauptausfuhrartikel, Rohbaumwolle, 291 200000 M. An Opium wurden 28 835 Kisten befördert; von diesen gingen 28 372 nach China. Die Weizenausfuhr (etwa zwei Fünftel der Gesamtausfuhr Indiens) bezifferte sich (1390) auf 275 600 t. Sonstige Hauptausfuhrwaren sind: Sämereien, Hülsenfrüchte, Häute, Felle, Gewürze, Farbstoffe u. s. w. Die Einfuhr besteht hauptsächlich in europ. Mode-, Putz-, Kleidungs-, Toiletten- und andern kleinern Gegenständen, Steinkohlen, Arzneien, Farbwaren, Maschinerien, Metallwaren, Perlen und Edelsteinen, Schienen für Eisenbahnen, Salz, [* 15] roher Seide, [* 16] seidenen Stoffen, Bier, Spiritus, [* 17] Zucker, [* 18] Thee, Tabak, [* 19] Wein, Wollstoffen und roher Wolle, Gold [* 20] und Silber. Die Industrie liefert namentlich in der Baumwollspinnerei und im Schiffbau Bedeutendes. In Bombay sind fast sämtliche Staaten durch Konsuln vertreten. -
Vgl. Schlagintweit, Bombay (Rundschau für Geographie und Statistik XIII, Wien [* 21] 1891).