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herabweht. Er stellt sich bei sonst ruhigem Wetter an Sommerabenden am häufigsten ein. Er ist im Stande, die Boote, die sich auf dem See befinden, an der Erreichung des Nordufers zu verhindern.
Flora, Fauna.
Dass das Thal des
Bielersees eine Oase milden Klimas ist, lehrt schon ein Blick auf den an Breite zwar
wechselnden, selten aber unterbrochenen Streifen von
Weinbergen, der das Nordufer besäumt und gerade da aufhört, wo auch
der See aufhört. See
klima, günstige Exposition zur
Sonne und Windschutz wirken hier zusammen, um einen Reichtum der Flora,
zudem eine frühe Blütezeit zu erzeugen, wie sie abseits vom
See nicht vorkommen. An den heissen
Felsen
des
Jura erblühen massenhaft Saponaria ocymoides, Dianthus sylvestris und mehrere Sempervivum -Arten. Im Schatten der Edeltannen,
deren Stämme allenthalben Epheu umrankt, wuchern Primula acaulis und Vinca major.
Hier und dort mischen sich südliche Bäume und Sträucher in die Tannen- und Buchenwälder: die Edelkastanie, Acer opulifolium, Quercus pubescens, Cytisus alpinus, der Buchsstrauch etc. Weniger weicht die Flora des Südufers von der gewöhnlichen ab. Um so mehr ist dieses der Standort oder vorübergehende Aufenthaltsort einer reichen Tierwelt. Besonders im Winterhalbjahr erschallen an den einsamen Gestaden die Schreie grosser Strand- und Wasservögel. Der grosse Säger (Grand harle) nistet bei der St. Petersinsel, die Lachmöve sucht massenhaft das Wasser ab, auf dem Zuge zeigen sich bisweilen der Singschwan, die Raubmöve, der Strandläufer u. s. f.
Der Fischreichtum des
Sees ist zurückgegangen. Hechte und See
forellen werden noch am meisten in der stillen Bucht von
Lüscherz
gefangen. Weitaus der wichtigste Fisch ist das Felchen, Coregonus, von dem hier drei Varietäten vorkommen.
Der Lokalname ist Pfärrit für Coregonus bondella und Balchen für Coregonus balea. Die dritte Varietät ist ein Bastard
dieser beiden, Balchpfärrit. Die Coregonusarten durchwandern in grossen Schaaren alle 3 Juraseen;
daher ist seit alters
die Zihlmündung bei
Landeron der günstigste
Platz zum
Fang dieses Fisches im Bielersee.
Sehr häufig ist
der Barsch (hier Egli, resp. Hürlig genannt). Köderfische sind der
Ischer und der Bläulig.
Anwohner.
Der Bielersee
hat, wie alle
Seen, auf die Ansiedelungen, die Kultur- und Erwerbsverhältnisse der Umwohner einen merklichen
Einfluss ausgeübt. Nicht weniger als fünf städtische Orte bildeten sich an
seinem kaum 40 km langen
Ufer. Der einzige grosse darunter, die Stadt
Biel, hat zwar mit dem
See nur wenig Fühlung. Besitzt doch
Biel zwei ganz ungenügende
Landungsplätze, von denen der eine früher überdies nur von
Nidau benützt ward. Trotzdem verdankt
Biel seiner Lage am zugespitzten
Ostende des
Sees einen nicht unwichtigen Teil seiner Bedeutung als Verkehrsplatz; hier vereinigen sich die Uferstrassen. In
früheren Jahrhunderten, als der Warenverkehr den langen Wasserweg am
Jura aufsuchte, waren
Landeron am Westende und
Nidau am
Ostende nicht unbedeutende Stapelplätze. Im Mittelalter hiess denn auch
der See meist Nidauersee.
Noch früher, in den ersten Zeiten urkundlicher Geschichte (9. Jahrhundert), gab ihm ein jetzt längst verschwundenes Städtchen Nugerol den Namen. Dasselbe erhob sich etwas westlich vom heutigen Neuenstadt (die neue Stadt) und besass die ersten, sehr ausgedehnten Weinberge. Jetzt noch ist Neuenstadt der wichtigste Hafenplatz des Sees. Von hier aus allein vollzieht sich ein regelmässiger kleiner Dampferverkehr, das ganze Jahr nach Erlach u. im Sommer nach der St. Petersinsel. Von Biel aus fährt nur im Sommer ein kleiner Vergnügungsdampfer nach der St. Petersinsel. Die Schiffahrt mit breiten flachen Ruderbooten, leistet dem Transport der am Nordufer in mächtigen Brüchen gewonnenen Bausteine sowie der landwirtschaftlichen Produkte bedeutende Dienste. Segel sieht man fast nie. Berufsfischer, die mit Netzen arbeiten, giebt es besonders in Lüscherz, Vingelz, Erlach, Neuenstadt u. Ligerz.
Gross ist der Kontrast des
Nord- und des Südufers in allen Kulturverhältnissen. Dort kleben die altertümlichen Ortschaften
zwischen dem
Wasser und den steilen
Rebbergen, ist die Bauart der steinernen
Häuser der Weinwirtschaft
angepasst. Hier dagegen ist ein ächt bernisches Bauernland, die
Häuser sind aus
Holz gebaut und zeigen alamannische Bauart.
Nur am Nordufer wohnen die eigentlichen «See
butzen», ein grossgewachsener,
lebhafter Menschenschlag.
Pfahlbauten.
Die Ufer des
Bielersees gehören zu den berühmtesten Pfahlbaufundstätten, die es giebt. Schon lange
vermutete man in den zahlreichen sogenannten
Steinbergen, Untiefen vor dem Strande, antiquarische Fundstätten, als die Entdeckungen
Ferd. Kellers im Zürchersee
das allgemeine Interesse wachriefen.
Oberst Schwab von
Biel, Notar Müller von
Nidau und Dr.
Gross
von
Neuenstadt wurden in den 50er Jahren die eifrigsten
¶
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Mitarbeiter Kellers. Die Museen
von Biel und Neuenstadt zeugen von dem Reichtum dieser ersten Ausgrabungen. Erst recht ergibig
wurden aber die Forschungen, als durch die Senkung des Seespiegels nach 1870 fast sämtliche Pfahlbauten aufs trockene Land
gerieten. Da war es besonders E. v. Fellenberg, der die uralten Siedelungen systematisch durchforschte.
Das Historische Museum von Bern
füllte sich mit seinen grossen antiquarischen Schätzen an.
Der Bielersee
war durch alle grossen Kulturepochen der Pfahlbauzeit hindurch mit Dörfern besetzt. Die Station Chavannes (Schafis),
unweit Neuenstadt, ist die einzige ausgesprochene Station des Nordufers. Sie ist die älteste von den 20 bisher überhaupt
entdeckten und gehört der gänzlich metalllosen neolithischen Epoche an. Noch sind hier die bloss zugehauenen
Feuersteinartefakte der palaeolithischen Zeit zahlreich. In den ebenfalls steinzeitlichen Pfahldörfern von Vingelz und Lüscherz
war die Kultur schon mächtig vorgeschritten.
Die Töpferei war entwickelter, die Weberei schon reich ausgebildet, manche Schmucksachen und kleinen Geräte bestanden aus Kupfer. Vingelz ist die hervorragendste aller «Kupferstationen» der Schweiz. In der Bronzezeit war besonders das SO.-Ufer reich besetzt. Der grösste Pfahlbau des Bielersees, der von Mörigen, gehört wiederum zu den «leitenden» Bronzestationen. Hier bestand u. a. eine wichtige Bronzegusswerkstätte. Aber auch in der Eisenzeit verlor der See seine Anziehungskraft keineswegs, wiewohl sich jetzt der Mensch mehr und mehr auf dem festen Lande anzubauen begann. Bei Port, an einer Stelle, wo einst der See sein östliches Ende fand, lagen bei den Ueberbleibseln einer uralten Zihlbrücke an die 50 prachtvolle La Tène-Schwerter im Moorgrund. Das ganze Zihlthal war schon vor der Römerzeit eine wichtige Verkehrs- und Fortifikationslinie. Auf den Bergen am Südufer bestanden Refugien u. Mardellen.
Landschaftlich
hat das Nordufer den Vorzug vor dem Südufer. Die dunkeln und steilen Tannenwälder, aus denen da und dort grau verwitterte Schichtflächen und Felsköpfe hervorschauen, umrahmen das heitere Ufer mit seinen aufgemauerten Rebbergen, Ortschaften, Kalksteinbrüchen, Strasse und Eisenbahn. Der ganze See hat aber einen ausgesprochen idyllischen Charakter. Fremde Touristen zieht er wenig an. Dafür wandern an den «Lesesonntagen» Ströme von Einheimischen aus Biel, Bern, Neuenburg und weiterher seinem Nordufer zu, um den «Neuen» zu versuchen. Dann ist noch immer die Insel, dieser hochragende Buchenwald mitten im Wasser, das bevorzugte Ziel der Naturfreunde. Seit Rousseaus Aufenthalt daselbst ist diesem Erdenwinkel etwas Verehrungswürdiges und Feierliches angehaucht, das jeder spüren kann, da es aus einer schönen Natur herausspricht.
Literatur.
J. R. Schneider u. R. La Nicca. Das Seeland der Westschweiz und die Korrektion seiner Gewässer. 1881. - G. de Razoumowsky. Histoire naturelle du Jorat et de ses environs. 1789. - V. Gross. Les habitations lacustres du Lac de Bienne. - J. Heierli. Urgeschichte der Schweiz. 1901. - (Einzelnes zerstreut in vielen Schriften. Dem eidgen. hydrometrischen Bureau verdanke ich die Angaben der Wasserstände.)
[Dr H. Walser.]