indischer Spruchdichter, der nach der
Sage ein
Bruder des als Litteraturfreund gerühmten
Königs Vikramâditja
(etwa um die Mitte des 1. Jahrh.
v. Chr.) war und nach der
Entdeckung der
Untreue seiner Gemahlin Anangasena sich in die
Einsamkeit
zurückgezogen haben soll. Er gilt als Verfasser einer Sammlung von 300 poetischenSprüchen, die in drei
Centurien (çataka) geteilt sind. Die erste, »Çringâra-çataka«
(»Centurie der
Liebe«),
enthält erotische Miniaturbilder,
die zweite, »Nîti-çataka«
(»Centurie der Lebensführung«),
Betrachtungen über soziale Themata, die dritte, »Wairâgya-çataka«
(»Centurie der Leidenschaftslosigkeit«),
ethische und theologische
Sprüche. Sehr wahrscheinlich stammen diese unter dem
NamenBhartriharis gesammelten Gedichte von den verschiedensten Verfassern her und sind nur einem in der indischen
Überlieferung bekannten
Namen, wie der des Bhartrihari durch Märchenbücher es ist, später zugeschrieben worden. Ein Teil dieser
Sammlung ist als das erste
Stück indischer
Poesie durch den holländischen
MissionärAbrahamRoger in dem
Buch
»OffeneThür zum
verborgenen
Heidentum« (holländ.,
Leiden
[* 3] 1651; deutsch, Nürnb. 1653) in
Europa
[* 4] bekannt geworden.
Eine kritische
Ausgabe mit lateinischer Übersetzung besorgte P. v.
Bohlen: »Bhartriharis sententiae« (Berl. 1833, die
Varianten
erst 1850);
Vgl. hierzu die umfassende Sammlung von
Böhtlingk:
»IndischeSprüche« (2. Aufl., Petersb. 1870-74, 3 Bde.).
Eine Übersetzung des Werks in deutschen Strophenformen lieferte ebenfalls P. v.
Bohlen
(»Sprüche des Bhartrihari«, Hamb. 1835); einzelne
Stücke, von
Rückert übersetzt, enthält die
»Zeitschrift für die
Kunde des
Morgenlandes«, Bd. 1
(Götting. 1837).
(im Sanskrit Bhartṛihari), Name des angeblichen Verfassers einer berühmten ind. Spruchsammlung. Der
ind. Tradition nach war Bhartrihari der Bruder eines Königs Vikramāditya und verbrachte seine Jugend in großen
Ausschweifungen. Am Sterbebette seines Vaters beschloß er, durch dessen Kummer bewogen, der Welt zu entsagen und am Ufer der
Çiprā zeigt man noch heute eine Höhle, die er als Büßer bewohnt haben soll. Nach dem Chinesen I-tsing lebte er im 7. Jahrh.
n. Chr., wurde buddhistischer Mönch, bald aber wieder aus Liebe zur Welt Laie und
wiederholte alsdann diesen Wechsel noch sechsmal.
Unter B.s Namen gehen drei Centurien (Sanskrit çataka) von Sprüchen, von denen jeder ein abgeschlossenes Ganzes für sich
bildet. Die erste Centurie führt den Namen çrngāraçatakam, d. h. «Centurie der
Liebe», und ist erotischen Inhalts, die zweite nītiçatakam, d. h. «Centurie
der Lebensklugheit», und enthält Sprüche über allerlei Verhältnisse des Lebens, die dritte vairāgyaçatakam, d. h. «Centurie
der Leidenschaftslosigkeit», und enthält Sprüche über die Gleichgültigkeit gegen die Welt, die Aufgebung der Lebensfreuden,
die Macht des Schicksalsu. dgl. Neben vielem Schönen enthalten die Sprüche nicht wenig Mittelmäßiges.
Sie stammen von verschiedenen Verfassern, und die Spruchsammlung, die in ihrem Umfange in den Handschriften sehr schwankt,
ist mehr eine Anthologie als das Werk eines Mannes. Die ersteAusgabe besorgte Carey
(Serampur 1804); dann gab von Bohlen eine
kritisch sehr mangelhafte Ausgabe mit lat. Übersetzung und Anmerkungen (Berl. 1833), wozu Schütz (Bielef.
1835) und SchiefnerundWeber (ebd. 1850) Nachträge und Verbesserungen gaben.
Die 2. und 3. Centurie gab Telang heraus (2. Aufl., Bombay
[* 6] 1885), die beste vollständige Ausgabe ist die mit dem Kommentare
des Krischnaçāstrin (ebd. 1888). Sämtliche Sprüche sind aufgenommen und wörtlich ins Deutsche
[* 7] übersetzt
in Böhtlingks«IndischeSprüche» (2. Aufl., Petersb. 1870-73). Eine geschickte
metrische Übersetzung gab von Bohlen (Hamb. 1835); außerdem wurde eine Auswahl übersetzt von Rückert in der «Zeitschrift
für die Kunde des Morgenlandes», 1,14 fg. (1837) und von Höfer, «Indische Gedichte» (Lpz. 1844), 1,143 fg.; II,168 fg.