Titel
Beseler
,
1) Wilhelm Hartwig, hervorragender Führer der schleswig-holsteinischen Bewegung in den Jahren 1848-51, geb. auf dem Schloß Marienhausen in der Grafschaft Jever (Oldenburg), [* 2] siedelte in früher Jugend mit seinen Eltern nach Schleswig [* 3] über, studierte in Kiel [* 4] und Heidelberg [* 5] die Rechte und ließ sich dann in Schleswig als Advokat nieder. 1844 wählte ihn die Stadt Tondern zu ihrem Vertreter in der schleswigschen Ständeversammlung, die ihn zum Präsidenten ernannte.
Als solcher trat
er den Übergriffen des Regierungskommissars v.
Scheel kühn entgegen und war mit der größten Entschiedenheit
für die Aufrechterhaltung der Untrennbarkeit
Holsteins und
Schleswigs thätig.
Beim
Ausbruch der
Bewegung von 1848 ward er
Präsident
der provisorischen
Regierung der Herzogtümer, dann der gemeinsamen
Regierung und der von der deutschen
Zentralgewalt eingesetzten Statthalterschaft der Herzogtümer. Von
Rendsburg
[* 6] wurde er in die
Nationalversammlung nach
Frankfurt
[* 7] gewählt, spielte ab er dort keine hervorragende
Rolle, obwohl er zum ersten Vizepräsidenten gewählt wurde. Im
Januar 1851 sah
er sich durch die
Politik der deutschen Großmächte genötigt, sein
Amt niederzulegen und sich nach
Braunschweig
[* 8] zurückzuziehen, wo ihm der
Herzog einen Zufluchtsort angeboten hatte. 1861 von der preußischen
Regierung zum
Kurator der
Universität
Bonn
[* 9] ernannt, starb Beseler
Er schrieb zahlreiche politische
Flugschriften, namentlich: »Der
Prozeß
Gervinus« (Braunschw.
1853) und »Zur schleswig-holsteinischen
Sache« (das. 1856),
und übersetzte Macaulays »Geschichte Englands« (das. 1852-60).
2) Karl Georg Christoph, Rechtsgelehrter, Bruder des vorigen, geb. zu Rödemis bei Husum [* 10] im Herzogtum Schleswig, besuchte die lateinische Schule zu Husum, die Domschule in Schleswig und studierte seit 1827 zu Kiel, dann zu München [* 11] die Rechte, machte 1831 das juristische Staatsexamen in Schleswig und wollte sich als Advokat in Kiel niederlassen, erhielt aber das Advokatenpatent nicht, weil er den Huldigungseid auf Grund des dänischen Königsgesetzes verweigerte. Da er sich auch nicht an der Universität zu Kiel als Privatdozent habilitieren durfte, ging er im Herbst 1833 nach Göttingen, [* 12] wo er den ersten Band [* 13] seiner »Lehre [* 14] von den Erbverträgen« (Götting. 1835) ausarbeitete. Zu Ostern 1835 wandte er sich als Privatdozent nach Heidelberg, folgte aber noch in demselben Jahr einem Ruf als Professor nach Basel. [* 15] Im Herbst 1837 ward er als Professor nach Rostock [* 16] berufen. Dort veröffentlichte er den 2. und 3. Band der »Lehre von den Erbverträgen« (Götting. 1838-40),
die Broschüre »Zur Beurteilung der sieben Göttinger Professoren« (Rostock 1838) sowie das von Uwe Lornsen hinterlassene Werk »Die Unionsverfassung Dänemarks und Schleswig-Holsteins« (Jena [* 17] 1841). Ostern 1842 als Professor nach Greifswald [* 18] berufen, wurde er hier durch die Schrift »Volksrecht und Juristenrecht« (Leipz. 1843) in einen heftigen Streit mit der historischen Schule verwickelt. Damals gab er auch sein »System des gemeinen deutschen Privatrechts« (Leipz. 1847-55, 3 Bde.; 3. Aufl., Berl. 1873, 2 Abtlgn.) und den »Kommentar über das Strafgesetzbuch für die preußischen Staaten« (Leipz. 1851) heraus.
Der Wahlbezirk
Greifswald wählte ihn 1848 zum Abgeordneten in die deutsche
Nationalversammlung, wo er,
ein Hauptführer des rechten
Zentrums, das Koalitionsprogramm verfaßte, unter welchem sich später die Zentren unter dem
Namen Kasinopartei vereinigten. Er war Mitglied der
Deputation, welche nach
Berlin
[* 19] gesandt wurde, um dem König von
Preußen
[* 20] die auf ihn gefallene
Wahl als
Kaiser anzuzeigen. Nach
Ablehnung der
Krone durch den König war Beseler
eifrig
für die Aufrechterhaltung der einmal beschlossenen
Verfassung und für die
Durchführung der
Reichsverfassung auf legalem Weg
thätig.
Als aber die
Versuche zur gewaltsamen
Durchführung der
Verfassung sich häuften, drang er auf den
Austritt seiner
Partei aus
der
Nationalversammlung, welcher dann auch 20. Mai erfolgte. Beseler
beteiligte sich später an der
Parteiversammlung in Gotha.
[* 21] Im
August 1849 wurde er von dem
Mansfelder
Kreis
[* 22] und 1860 von der Stadt
Berlin in die
Kammer der Abgeordneten
gewählt, nachdem er bereits 1859 als
Professor nach
Berlin berufen war, woselbst er noch jetzt thätig
ist. Seit 1874 gehörte er als Vertreter des sechsten schleswig-holsteinischen Wahlbezirks dem deutschen
Reichstag an; seit 1875
ist er
Mitglied des preußischen
Herrenhauses. Neuerdings schrieb er noch: »Erlebtes und Erstrebtes«
(Berl. 1884).