Titel
Bertrand
(spr. -trang), 1) Henri Gratien, Graf, der treue Gefährte Napoleons I., geb. bei Châteauroux (Indre) aus einer angesehenen Familie, trat während der Revolution in die Pariser Nationalgarde, dann ins Ingenieurkorps, diente 1795-96 in der Pyrenäen- und in der italienischen Armee und machte die Expedition nach Ägypten [* 2] mit. Hier als Leiter der Befestigungsbauten von Alexandria Napoleon näher bekannt geworden, ward er zum Brigadegeneral befördert.
Nachdem er in der
Schlacht bei
Austerlitz
[* 3] große
Tapferkeit bewiesen, ernannte ihn der
Kaiser 1805 zum Generaladjutanten und
später zum
Grafen. 1806 bewirkte Bertrand
als Divisionsgeneral die
Übergabe
Spandaus und zeichnete sich 1807 bei
Friedland aus. 1809 trug
er nach der
Schlacht bei
Aspern
[* 4] durch seine Thätigkeit bei Schlagung der
Brücken
[* 5] von der
Insel
Lobau aus
wesentlich zur Rettung der
Armee bei. 1812 nahm er am russischen
Feldzug teil, und 1813 befehligte er das
Reserve- oder vierte
Armeekorps bei
Lützen
[* 6] und
Bautzen.
[* 7]
Nach Durocs Tod ernannte ihn der Kaiser zum Großmarschall des Palastes. An der Spitze seines Korps kämpfte er in den Schlachten [* 8] von Großbeeren und Dennewitz und verteidigte 3. Okt. bei Wartenburg den Elbübergang gegen Blücher. Bei Leipzig [* 9] schützte er 16. und 18. Okt. in Lindenau die Straße nach Thüringen und deckte dann den Rückzug an den Rhein, nach der Schlacht bei Hanau [* 10] aber den Rheinübergang bei Mainz. [* 11] 1814 begleitete er den Kaiser nach Elba, war dessen Vertrauter während der Hundert Tage, kämpfte an seiner Seite bei Waterloo, [* 12] folgte ihm mit seiner Familie nach St. Helena und bewies ihm bis zu seinem Tode die aufopferndste Treue.
Zwar war er 1816 in Paris [* 13] zum Tod verurteilt worden; doch wurde er von England nicht ausgeliefert und nach Napoleons Tod sogar in seine Würden wieder eingesetzt. Nach der Julirevolution wurde er in die Kammer gewählt, und schloß sich hier der liberalen Partei an. 1834 zog er sich auf sein Landgut bei Châteauroux zurück. 1840 wurde er mit dem Prinzen Joinville zur Abholung der Asche Napoleons nach St. Helena geschickt. Mit den Vorbereitungen zur Herausgabe der Memoiren Napoleons beschäftigt, starb er zu Châteauroux.
2) Friedrich Oskar, Landwirt, geb. 1824 zu Heilbronn, [* 14] studierte 1844 die Landwirtschaft in Hohenheim, fungierte dann drei Jahre als Ökonomieverwalter in Württemberg [* 15] und wurde 1847 Verwalter der Mertensschen Güter zu Ostin in Belgien. [* 16] Hier führte er die damals auf dem Kontinent noch unbekannte Drainierung mit so durchschlagendem Erfolg aus, daß dieselbe alsbald in ganz Belgien Nachahmung fand. Auch für Deutschland [* 17] wurde die dortige Wirtschaft eine Schule der Drainage. [* 18] Im J. 1849 gründete er in Ostin eine Ackerbauschule, welche bald den ersten Rang unter ähnlichen Instituten des Landes einnahm.
Als Mitglied des
Verwaltungsrats des landwirtschaftlichen Hauptvereins für
Belgien seit 1853 und als Mitredakteur des
»Moniteur
des
Campagnes« übte Bertrand
einen großen Einfluß auf die belgische
Landwirtschaft aus. 1855 kehrte Bertrand
nach
Württemberg zurück, nahm 1857 die
Stelle eines Oberverwalters auf dem in
Westfalen
[* 19] gelegenen
Gut
Karthaus-Weddern des
Herzogs
von
Croy an und gab den ersten
Anlaß zur
Gründung der theoretischen
Ackerbauschulen in
Westfalen. Er schrieb:
»Ackerbau und
Viehzucht
[* 20] für den kleinen Landwirt« (mit dem
Koppe-Preis gekrönt, 7. Aufl.,
Münster
[* 21] 1884) und Ȇber landwirtschaftliche
Pachtverträge« (Bresl. 1870).