Titel
Befruchtung
,
[* 2] in den beiden organischen Reichen die Erweckung des weiblichen Keims zu weiterer Ausbildung durch Vermischung mit dem männlichen Zeugungsstoffe.
1) Im
Tierreiche ist die Fortpflanzung durch mit männlichem Samen
[* 3] befruchtete
Eier
[* 4] die Regel.
Bedingungen
der Befruchtung
sind: die Gegenwart zweier verschiedener Zeugungsstoffe,
Eier und Samen, und die materielle
Vereinigung beider, sei
es innerhalb, sei es außerhalb des weiblichen Organismus. Die Elemente des Samens (Samenkörperchen, ihrer tierähnlichen
Beweglichkeit wegen ehemals als
Samentierchen bezeichnet) dringen
bis in das
Ei
[* 5] selbst ein, und der Eintritt
in dasselbe geschieht entweder durch dessen schwammige Hülle, durch welche sich die Samenfäden einbohren, wie z.B. bei
den Froscheiern, oder durch besondere Öffnungen der äußern Eihülle, die man Mikropylen genannt hat
(Insekten,
[* 6] Echinodermen
u.s.w.).
Der Kern der reifen Eizelle (das Keimbläschen) teilt sich vor der in zwei ungleich große Hälften: die größere tritt mit Dottersubstanz zusammen als Richtungskörperchen oder Polzelle aus dem Ei. Der kleinere Teil bleibt als sog. Eikern oder Pronucleus im Ei zurück. Mit diesem Rest verschmilzt ein einziges Fädchen des eingedrungenen männlichen Samens und bildet so einen neuen Kern (Furchungskern, Metanucleus), der Pronucleus regeneriert also durch Aufnahme des männlichen Zeugungsstoffes, und von ihm geht unter Teilungserscheinung die Furchung des befruchteten Eies aus.
Bevor der nach dem Eindringen zu einem runden Körper veränderte Samenfaden mit dem
Pronucleus verschmilzt, bildet sich in der
Dottermasse eine sog.
Strahlenfigur (s. Zelle).
[* 7] Die
Eier reifen bei allen
Tieren unabhängig von der Befruchtung
, tritt
aber dieselbe nicht zur rechten Zeit ein, so entwickelt sich das
Ei in der Regel nicht weiter, sondern geht zu
Grunde. Bei
denjenigen
Tieren, bei welchen die Befruchtung
im Innern des weiblichen Organismus vor sich geht, sind besondere Begattungsorgane
vorhanden, häufig von sehr verwickeltem
Bau; bei denen, wo die Befruchtung
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erst nach der Ausstoßung der Eier stattfindet, fehlen dieselben gewöhnlich ganz. Bei vielen im Wasser lebenden Tieren, wie
z. B. Muscheln,
[* 9] ist die Befruchtung
ganz dem Zufalle überlassen. Die männlichen
Tiere stoßen ihren Samen in das Wasser aus, der durch die Strömungen zu den Eiern gelangt. Nicht minder große Verschiedenheiten
herrschen hinsichtlich der Zeit, zu der die Befruchtung
stattfinden kann. Manche Tiere, wie z. B. viele Insekten,
die Männchen der Rädertiere, bestehen in vollkommenem Zustande nur für die Befruchtung
, sie nehmen keine Nahrung zu sich, und ihre
Lebensdauer ist sehr kurz. Bei andern entwickeln sich die Befruchtung
sstoffe nur zu bestimmten Zeiten, meist
im Frühjahr; andere sind stets während eines gewissen Alters zur Begattung befähigt.
Bei Tieren, bei welchen äußerliche Befruchtung
stattfindet, wie z. B. bei den meisten
Fischen, hat man neuerdings zu Züchtungszwecken die künstliche Befruchtung
angewendet (s.
Fischzucht). Bei Amphibien (Fröschen), selbst bei Säugetieren hatte (durch Einspritzung
[* 10] des männlichen Zeugungsstoffes
in die weiblichen Geschlechtsteile) schon Spallanzani künstliche Befruchtung
bewerkstelligt. - Nach der Lehre
[* 11] der
Ovisten sollte das Ei, nach der Lehre der Spermatiker der Samen oder der Samenfäden die materielle Grundlage des sich entwickelnden
Embryos bilden. Die vereinigten Teilchen beider Eltern im Furchungskern sind nach Ansicht der modernen Wissenschaft die materiellen
Träger
[* 12] der gemischten Vererbung der Charaktere beider Eltern auf die Nachkommen.
2) Im Pflanzenreiche beruht der Vorgang der Befruchtung
ebenso wie im Tierreiche im allgemeinen darauf, daß sich der Inhalt einer männlichen
Zelle mit dem einer weiblichen Zelle, der sog. Eizelle, entweder direkt oder durch Diosmose vermischt. Das letztere findet
statt bei sämtlichen Phanerogamen, wo die Fortpflanzungszellen bei der Befruchtung
geschlossene Membranen besitzen;
die direkte Vermengung dagegen ist nur dann möglich, wenn die männlichen und weiblichen Befruchtung
szellen nicht mit Zellmembranen
umgeben sind oder wenn diese Membranen vor dem Befruchtung
sakte durch Zerreißen oder Auflösen entfernt werden. Diese Art
der Befruchtung
ist bei den meisten Kryptogamen vorhanden, bei denen überhaupt eine Sexualität genau bekannt
ist.
Bei den Phanerogamen werden die Pollenkörner, [* 13] die in den Staubfäden gebildet werden, als die männlichen, die Samenknospen (s. d.), die entweder wie bei den Angiospermen (s. d.) von einem Fruchtknoten umhüllt sind oder wie bei den Gymnospermen (s. d.) keine derartige Umhüllung besitzen, als die weiblichen Organe bezeichnet (s. Generationswechsel). Innerhalb der Samenknospe, am Scheitel des Eikerns, entsteht der Embryosack [* 14] in der Weise, daß sich eine Zelle des Eikerngewebes bedeutend vergrößert.
In dem Embryosack bildet sich sodann durch sog. freie Zellbildung (s.
Zelle) die weibliche Fortpflanzungszelle, die Eizelle. Außer der Eizelle bilden sich im Embryosack ebenfalls
durch freie Zellbildung noch einige andere Zellen, zwei
am Scheitel, neben oder über der Eizelle liegend, und zwei am Grunde
desselben; die erstern führen, weil sie bei dem Befruchtung
sakte mitwirken, den Namen Synergiden oder Gehilfinnen, die beiden
letztern werden gewöhnlich nach ihrer Stellung als Antipoden bezeichnet, sie spielen bei der Befruchtung selbst
keine Rolle.
Der eigentliche Vorgang der Befruchtung ist folgender: Nachdem der in den Antheren oder Staubbeuteln gebildete Pollen seine Reife erlangt hat, springen die erstern auf, und die Pollenkörner können durch Vermittelung äußerer Einwirkungen, z. B. durch den Wind, durch Insekten, auch durch die Hand [* 15] des Menschen (s. Bestäubung), auf die Narben der die Samenknospen einschließenden Fruchtknoten gelangen. Hier keimen sie unter dem Einfluß der von der Narbe abgesonderten zuckerhaltigen Feuchtigkeit, indem die innere Haut [* 16] durch Öffnungen der äußern (s. Pollen) in Form von zarten plasmareichen Schläuchen heraustritt; die so gebildeten Pollenschläuche dringen in die Narbe ein und von da durch das Gewebe [* 17] des Griffels hindurch bis in die Fruchtknotenhöhlung; hier angelangt, wachsen sie in die Mikropyle hinein und legen sich an den Scheitel des Embryosackes an (s. nebenstehende [* 8] Figur, m Mikropyle, e Embryosack).
Durch dieses Anlegen wird die Befruchtung bewirkt, indem der Inhalt des Pollenschlauchs vermutlich durch Diosmose sich mit demjenigen der Eizelle, und zwar durch Vermittelung der Synergiden, vermischt. Nach der Befruchtung wächst die Eizelle allmählich zum Embryo (s.d.) heran. Bei den Gymnospermen ist der Vorgang der Befruchtung insofern ein anderer, als die Pollenkörner direkt auf die Samenknospen zu liegen kommen und hier nur einen kurzen Schlauch bis zum Embryosack treiben. Außerdem ist noch die Ausbildung des Embryosackes und der hier zu mehrern vorhandenen Eizellen, die in Verbindung mit ihren Synergiden Corpuscula oder, wegen ihrer Ähnlichkeit [* 18] mit den weiblichen Organen der höhern Kryptogamen, auch Archegonien genannt werden, eine wesentlich andere als bei den Angiospermen. (S. Gymnospermen.)
[* 8] ^[Abb]
Bei den Kryptogamen führen die weiblichen Zellen ebenfalls den Namen Eizellen, die männlichen dagegen heißen Spermatozoiden. Die Eizellen liegen bei den höhern Kryptogamen, den Farnkräutern, Schachtelhalmen u. s. w. und bei den Moosen im Innern von besondern Zellkörpern, die man als Archegonien bezeichnet. Die Spermatozoiden werden ebenfalls in bestimmten Zellen oder Zellkörpern gebildet, aus denen sie bei der Reife ausschlüpfen, um sodann vermittelst einer oder mehrerer haarähnlicher Gebilde, der Cilien, äußerst lebhaft im Wasser hcrumzuschwärmen. Auch die Archegonien öffnen sich bei der Reife und gestatten so den Spermatozoidcn direkt bis zur Eizelle zu gelangen und sich mit derselben zu vermischen. Die Befruchtung dieser Pflanzen kann nur bei Zugegensein von Wasser in tropfbar flüssiger Form vor sich gehen, da die Spermatozoidcn nur unter dieser Bedingung zu den Eizellen gelangen können. Das Resultat ¶
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der Befruchtung ist eine mehrfache Teilung der Eizelle und das Auswachsen derselben zu einem Embryo.
Bei den niedern Kryptogamen, den Algen [* 20] und Pilzen, sind die Vorgänge bei der Befruchtung im wesentlichen dieselben wie bei den höhern Kryptogamen. Auch hier findet eine direkte Vermischung der in Antheridien gebildeten Spermatozoiden und der in den Oogonien oder auch Karpogonien vorhandenen Eizellen statt. Eine Ausnahme hiervon macht bloß die Familie der Rhodophyceen (s. d.), indem hier die Spermatozoiden nicht mit der Eizelle in unmittelbare Berührung kommen, sondern die Befruchtung durch Vermittelung einer oder mehrerer andern Zellen bewirken müssen.
Bei den übrigen Algen und bei den Pilzen, soweit sie überhaupt Sexualität haben, sind die Geschlechtsorgane je nach den Familien sehr verschiedenartig gebaut. Die Oogonien und Karpogonien umschließen die Eizellen, bei der Reife der letztern öffnen sie sich, um den Spermatozoiden das Eindringen in die Eizellen zu ermöglichen, oder das Antheridium legt sich an das weibliche Organ an, durchbohrt die Membran desselben und entläßt nun die Spermatozoiden direkt in das Innere. Das Resultat der Befruchtung ist hier stets die Bildung einer oder mehrerer Sporen, aus denen bei der Keimung wieder ein neues Individuum hervorgeht.