Bandweberei
(Bandwirkerei), ein Zweig der Weberei, [* 2] dessen Ausübung im allgemeinen dieselben Hauptoperationen zu Grunde liegen, welche dort in Anwendung kommen. Leinene Bänder werden aus einfachem Leinengarn (Leinwandbänder) oder aus zweidrähtigem Zwirn (Zwirnbänder) verfertigt. Die geköperten Garn- oder Zwirnbänder der feinern Art heißen gewöhnlich Niederländer Band. [* 3] Die Strippenbänder (Struppen) sind ein grobes, geköpertes Zwirnband. Baumwollbänder stehen an Festigkeit [* 4] den leinenen, an Schönheit den seidenen bedeutend nach; feine, leinwandartig gewebte heißen Perkalbänder.
Organdyband ahmt das Gewebe [* 5] von Organdy nach; baumwollenes Samtband, nach Art des Manchesters gewebt und der Länge nach gerissen, kommt als unechtes Samtband vor. Wollene Bänder (Harrasbänder) sind entweder glatt, oder geköpert, oder gemustert (figuriert). Halbwollene Bänder haben die Kette ganz von Leinenzwirn oder von Leinen und Wolle gemischt, den Eintrag von Wolle. Am wichtigsten sind die seidenen Bänder, deren verschiedene Gattungen im allgemeinen den Namen von dem Zeug erhalten, welchem sie in der Beschaffenheit ihres Gewebes gleichen. Die glatt ¶
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gewebten nennt man überhaupt Taftbänder. Ihre Kette besteht aus einfachen Fäden; zum Eintrag nimmt man bei den ganz leichten Sorten einfache, bei den bessern und schwerern doppelte, auch dreifache (jedoch nicht zusammengedrehte) Fäden. Die sogen. Renforcés sind gute, sehr dichte Taftbänder, bei welchen die Eintragfäden stärker aneinander geschlagen sind. Übrigens erhalten die Taftbänder im Handel nach Verschiedenheit ihrer Güte mancherlei Namen, z. B. mittelfeine Renforcés, schwere Renforcés, Doubles, französische Doubles, Fins Doubles, Marcellinband, Passefins, Fortband etc. Die schwerste Sorte der glatt gewebten Bänder (mit Ausnahme der Ordensbänder) sind die französischen Taftbänder oder Gros de Tours [* 7] (Gros de Naples), welche eine Kette von doppelten und einen Eintrag von zwei-, drei- und vierfachen Fäden besitzen.
Geköperte Seidenbänder sind die sogen. Florett- oder Zwilchbänder und das Frisolettband, welche nur aus schlechter Seide [* 8] (meist aus Florettseide) verfertigt werden, und denen man oft eine zum Teil aus Baumwolle [* 9] bestehende Kette gibt. Die schönsten geköperten Bänder sind aber die Atlasbänder, welche durch die auf der rechten Seite größtenteils frei liegende, aus Seide bestehende Kette eine gleichförmig glänzende Oberfläche erhalten. Die Kette der Atlasbänder besteht aus einfachen, nur in seltenen Fällen aus doppelten Fäden; der Eintrag ist doppelt oder dreifach, seltener mehrfach.
Aus roher (ungesottener) Seide werden die Dünntuchbänder verfertigt, welche, wenn sie nur mit Leisten von gesottener (entschälter) Seide versehen sind, auch Glasurbänder heißen. Ihr Gewebe ist taftartig, d. h. ungeköpert; aber die einfachen Ketten und Eintragfäden liegen so weit auseinander, daß das Gewebe im Ansehen einem feinen Gitter gleicht. Samtbänder kommen teils aufgeschnitten, teils unaufgeschnitten vor; oft ist auch bei ihnen durch ein teilweises Aufschneiden der Pole (Samtmaschen) ein Dessin gebildet. Geringere Sorten von Samtbändern enthalten einen Eintrag von Baumwolle. Elastische Bänder entstehen dadurch, daß man zu einzelnen Kettenfäden Kautschuk nimmt.
In der Bandweberei
werden verschiedene Arten von Webstühlen benutzt. Der Handstuhl, auf welchem die Schütze mit
freier Hand
[* 10] geworfen und stets nur ein einziges Stück Band gearbeitet wird, findet nur noch zu sehr breiten und schweren Atlasbändern
und zu Bändern mit sehr künstlichen Mustern oder zahlreichen Farben, welche ein häufiges Wechseln der Schütze erforderlich
machen, Anwendung und wird dann oft mit einer Jacquardmaschine versehen. Auf Stühlen mit gewöhnlichen
Schnellschützen werden 2-8 Bänder, deren Ketten in einigem Abstand nebeneinander aufgespannt sind, zugleich gewebt, und zwar
erhalten alle Schützen ihre Bewegung miteinander durch einen Rechen oder Treiber.
Dieser Stuhl ist produktiver als der vorige, läßt sich auch leichter mit der Jacquardmaschine versehen, leistet aber für
schmale Bänder doch noch nicht genug. Der Schubstuhl oder Bandmacherstuhl, meist nur zu Samtband bestimmt,
liefert 2-20 Bänder oder auch doppelt soviel, wenn die Ketten in zwei Reihen untereinander so aufgespannt sind, daß jedes
Band der untern Reihe sich unterhalb des Raums zwischen zwei Bändern der obern Reihe befindet. Gegenwärtig ist aber am
häufigsten der Mühlstuhl (Bandmühle) im Gebrauch, welcher seit seiner Einführung zu Anfang des 17. Jahrh. die bedeutendsten
Fortschritte in der Bandweberei
veranlaßte.
Der Mühlstuhl wird zwar gewöhnlich durch Menschenhand bewegt, gehört aber seiner Einrichtung nach zu den Kraftstühlen, heißt Bandwebmaschine, wenn er durch Elementarkraft bewegt wird, und liefert gleichzeitig 8-40 Bänder. Für gemusterte Bänder wird eine Jacquardmaschine angebracht, welche aber auch, wie alle übrigen Teile des Stuhls, durch denselben Mechanismus angetrieben wird, so daß der Weber nur die Treibstange zu bewegen und etwanigen Störungen abzuhelfen hat.
Eine besondere Appretur erhalten nur die Atlasbänder sowie einige wenige Arten von Taftbändern und zwar durch Gummieren und Cylindrieren. Jenes geschieht durch Bestreichen mittels eines Schwammes mit einer dünnen Auflösung von Gummitragant, Hausenblase oder Pergamentleim, auch wohl nur mit einem dünnen Stärkebrei und zwar auf der untern oder unrechten Seite, während die Bänder auf einen 1,9 m langen und 1,25 m im Durchmesser haltenden Haspel, den Streich- oder Gummirahmen, gewunden werden.
Beim Cylindrieren gehen sie zwischen zwei Walzen hindurch, von denen die obere von Gußeisen, ganz rund abgedreht und poliert, hohl und an ihrer einen kreisförmigen Grundfläche mit einer Thür versehen ist, um ein glühendes Eisen [* 11] aufnehmen zu können, damit sie wie ein Bügeleisen wirke. Die untere, ebenfalls recht glatt gedrehte Walze ist entweder aus gutem harten Holz [* 12] oder aus einer massiven Papiermasse verfertigt. Auf besondere Art appretiert werden die moirierten oder gewässerten Bänder (Gros de Tours-Bänder, schwere Ordens- und Taftbänder), indem man entweder zwei Bänder (vorläufig eingesprengt und wieder getrocknet) aufeinander liegend zwischen den Walzen durchgehen läßt, wobei die innern, sich berührenden Seiten die schöne Moirierung annehmen, oder dadurch, daß man dieselben mit Wasser benetzt, sie auf dem Gummirahmen trocknet, zusammenlegt und zwischen heißen eisernen, mit Brettern belegten Platten, mehrere Hundert Ellen auf einmal, recht stark in einer Schraubenpresse preßt.
Auf den gaufrierten Bändern hat man mittels eines starken Druckes zwischen Walzen erhabene Zeichnungen hervorgebracht. Mit manchen Samtbändern wird eine ähnliche Operation vorgenommen; indem man diese mit hölzernen oder messingenen Formen so preßt, daß dadurch das Haar [* 13] an einzelnen Stellen niedergedrückt wird, bildet sich ein Muster darauf. Seidene Bänder werden an den Fabrikationsplätzen der Seidenwaren überhaupt, also in Paris, [* 14] Lyon, [* 15] St.-Etienne, in den Fabrikstätten am Niederrhein (besonders Samtbänder), in Krefeld, [* 16] Basel, [* 17] Wien, [* 18] leinene, baumwollene und wollene besonders in und um Elberfeld [* 19] und Barmen, im sächsischen Erzgebirge, in Böhmen [* 20] und dem übrigen Österreich [* 21] gefertigt.