Bahrdt
,
Karl Friedrich, berüchtigter protest. Theolog und Freigeist, geb. 1741 zu Bischofswerda, Sohn des dortigen Diakonus, der bald darauf als Superintendent nach Leipzig [* 2] berufen wurde, studierte in Leipzig und wurde bereits 1766 ordentlicher Professor der biblischen Philologie daselbst. Als ihn eine sinnliche Verirrung 1768 um sein Amt brachte, verhalf ihm Klotz in Halle [* 3] zu einer Professur der biblischen Altertümer in Erfurt; [* 4] jedoch erregte er hier durch seine heterodoxen Lehren [* 5] bald großen Anstoß, infolgedessen er 1771 einem Ruf als Prediger und Professor nach Gießen [* 6] folgte.
Wegen der hämischen Polemik seiner Schriften gegen den herrschenden theologischen Lehrbegriff erhielt er 1775 auch hier seinen Abschied. Nach einem kurzen Aufenthalt in Graubünden ging er 1776 als Generalsuperintendent nach Dürkheim [* 7] a. d. Haardt und gründete auf dem ihm überlassenen Schloß zu Heidesheim bei Worms [* 8] ein Philanthropin, welches aber den Erwartungen nicht entsprach. Infolge einer Schrift gegen den Weihbischof v. Scheben wurde er durch einen oft angefochtenen Beschluß des Reichshofrats für unfähig erklärt, irgend ein geistliches Amt zu verwalten, erhielt jedoch 1779 vom preußischen Ministerium die Erlaubnis, in Halle zu leben, woselbst er eifrig schriftstellerte und in der philosophischen Fakultät Vorlesungen hielt.
Bald jedoch legte er mit seiner Dienstmagd aus einem bei
Halle gekauften
Weinberg eine Gastwirtschaft an,
die viel Ärgernis erregte. Im J. 1789 geriet Bahrdt
als Verfasser des
Lustspiels »Das
Religionsedikt«, eines die preußische
Regierung
verspottenden
Pasquills, in Untersuchung und wurde nach fast achtmonatlicher Inquisitionshaft zu einjährigem
Festungsarrest
in
Magdeburg
[* 9] verurteilt. Nach einer halbjährigen
Haft begnadigt, kehrte er nach
Halle zurück und starb
auf seinem
Weinberg daselbst Seine
Schriften (im ganzen 102, darunter auch mehrere
Romane) zeichnen sich durch Reinheit
und
Gefälligkeit der
Sprache
[* 10] aus, schadeten aber durch den in ihnen herrschenden leichtfertigen
Ton. Erwähnt seien davon:
»System der Moraltheologie«
(Eisenach
[* 11] 1770);
»Briefe über die systematische Theologie« (das. 1770-72, 2 Bde.) und die vielberufenen »Neuesten Offenbarungen Gottes in Briefen und Erzählungen« (Riga [* 12] 1773-75, 4 Tle.),
eine angebliche Übersetzung des Neuen Testaments, die vom jungen Goethe in dem bekannten satirischen »Prolog« (1774) verspottet und vom Reichshofrat verboten wurde.
Eine »Geschichte seines
Lebens«, von Bahrdt
selbst während seiner
Haft geschrieben, erschien
Berlin
[* 13] 1790, 4 Bde.
Vgl.
Leyser,
Karl Friedr. Bahrdt
(2. Aufl.,
Neustadt
[* 14]
a. d.
Haardt 1870).