Assam
,
Provinz des englisch-indischen Kaiserreichs (s. Karte »Ostindien«), [* 2]
östlich von
Bengalen zwischen 24-28° nördl.
Br. und 89¾-97° östl. L. v. Gr., umfaßt 139,482
qkm (2533 QM.) mit (1881) 4,881,426 Einw.
(3,062,148
Hindu, 1,317,022 Mohammedaner, 7093
Christen). Assam
kann als das mittlere Stromgebiet des
Brahmaputra bezeichnet werden.
Auf der linken Thalseite ist es durch die Hügelregionen der Garro-,
Khassia- und Nagaländer, auf der
rechten von den Vorbergen des
Himalaja begrenzt. Der Hauptfluß
Brahmaputra fällt während seines ganzen
Laufs in Assam
nur 60
m und
nimmt eine
Menge Nebenflüsse auf, von denen 62 schiffbar sind. Die mittlere Jahrestemperatur ist 23° C.; im
Winter ist
die
Witterung verhältnismäßig kühl (16°) und für die
Europäer angenehm. Die
Regenzeit beginnt schon im März, statt im
Juni wie im übrigen
Indien;
Nebel
¶
mehr
und die Ausdünstungen nach den Überschwemmungen des Brahmaputra und seiner Zuflüsse sind der Gesundheit sehr nachteilig. Die Regenmenge erreicht durchschnittlich 2, zu Tscherrapundschi im Khassiagebirge aber 14 m. Der ganzen Grenze entlang wohnen wilde Völkerschaften: auf der nördlichen Seite Abor, Singpho, Mischmi, Akha;
auf der südöstlichen Seite Garro, Dschaintia, Khassia, Naga, die sämtlich den Ackerbauern der Ebene von jeher großen Schaden durch räuberische Einfälle und Plünderungen brachten.
Besonders die erstern Rassen sind noch wirkliche Wilde; sie haben
keinen geregelten Wohnsitz, gehen fast nackt und leben von Jagd und Fischfang. Diese Stämme sind aber keineswegs im Aussterben
begriffen; einzelne zählen auf britischem Gebiet über 50,000 Köpfe. Assam
zeichnet sich durch eine Mannigfaltigkeit
an nutzbaren Produkten aus. Die Waldungen sind reich an gesuchtem Bauholz (Teak, Sissu, Dalbergia); in der Ebene sind Kokos- und
Dattelpalme selten, Betelnuß und indischer Feigenbaum häufiger.
Charakteristisch für Assam
ist die Cariota urens, eine Art von Sagopalme. Niedriges Unterholz (Dschangel) ohne
Unterwuchs bedeckt meilenweit das nicht bebaute Terrain. Die Wälder und Dschangeln bieten lohnende Jagdgründe. Von größern
Tieren sind zu nennen: Tiger, Leoparden, Büffel, Hirsche,
[* 4] Rhinozerosse, besonders aber Elefanten, von denen jährlich gegen 300 gefangen
werden, was der Regierung ca. 4000 Pfd. Sterl. einträgt;
von kleinern: Gazellen, Zwerghirsche, wilde Pfauen und Hühner. [* 5]
Thee ward hier 1823 in wildem Zustand entdeckt, aber erst von 1834 an wurde die wichtige Entdeckung beachtet, nachdem die Identität der Pflanze mit der chinesischen festgestellt worden war. Im J. 1883 waren 250,268 Hektar mit Thee bestanden, die Ernte [* 6] betrug 23,3 Mill. Pfd. An die Entdeckung vorzüglicher Steinkohlen in ausgebreiteten Lagern südlich vom Brahmaputra und starker Petroleumquellen am Ditring-Nebenfluß des Brahmaputra (gegen Birma) knüpft man große Hoffnungen; gegenwärtig bilden Kalk, Reis, Kartoffeln und Südfrüchte neben Thee die Hauptprodukte der Ausfuhr, welche durch die Dampfer auf dem Brahmaputra (s. d.) besorgt wird. Eine Eisenbahn vom Brahmaputra an westlich bis Makum ist im Bau; eine zweite von Kahar an nördlich zum Brahmaputra ist projektiert. - Hauptort ist seit 1874 Schillong, ein bis dahin unbedeutender Ort in gesunder Lage in den Khassiabergen, 1493 m ü. M. gelegen, der, inzwischen mit Kirchen und öffentlichen Gebäuden ausgestattet, 1881: 3737 Einw. zählte. - Die Provinz ist in elf Distrikte eingeteilt;
die Verwaltung, an deren Spitze ein Chief-Commissioner steht, ist »nicht reguliert«, d. h. sie ist in ihrer Wirksamkeit nicht durch strenge Rechtsnormen eingeschränkt.
Kriminalfälle sind in Assam
seltener als sonstwo;
das Opiumrauchen und Betelkauen hat aber in den untern Schichten stark Eingang gefunden. - in der Geschichte
des alten Indien Kâmarûpa genannt, bildete im 7. Jahrh. n. Chr. unter einem brahmanischen König ein besonderes Königreich;
im 15. Jahrh. zerfiel es in zwölf kleine Staaten, und ungeachtet zahlreicher innerer Kämpfe leistete es den wiederholten
Angriffen der mächtigen Mogulsultane von Hindostan Widerstand.
Anarchie veranlaßte 1815 Radscha Tschandrakanta, die Birmanen zu Hilfe zu rufen; diese setzten ihn wieder
ein, aber darauf verlor seine Dynastie das Reich an die Engländer, welche 1824 die Birmanen vertrieben und im Frieden von Ava von
diesen sich hatten abtreten lassen. Assam
ist für die Engländer sehr wichtig als vorgeschobenste Provinz
gegen den Westen Chinas und wegen seiner Ausdehnung
[* 7] längs des Nordwestens von Birma, durch welches seit Jahren, bisher allerdings
noch vergeblich, ein direkter Handelsweg nach dem südlichen China
[* 8] angestrebt wird. Seit 1874 ist von der Präsidentschaft
Bengalen abgetrennt und steht unmittelbar unter dem Vizekönig.
Vgl. Flex, Pflanzerleben in Indien; kulturgeschichtliche
Bilder aus Assam
(2. Aufl., Berl. 1876);
Hunter, Statistical account of Assam
(Lond. 1880, 2 Bde.);
»Administration of Assam«
(Schillong 1884).