Titel
Anfechtung
,
im
Zivilrecht oder
Prozeß im weitern
Sinn jeder durch Benutzung eines
Rechtsmittels im weitesten
Sinn erfolgende
Angriff gegen die Gültigkeit eines
Rechts- oder Prozeßaktes; im engern
Sinn scheidet man oft den
Fall aus, wo
eine Rechtshandlung vermöge innern Mangels ungültig, nichtig ist (z. B.
Nichtigkeit eines
Geschäfts wegen Mangels der gesetzlichen
Form), und versteht, im
Gegensatz zur Geltendmachung dieser
Nichtigkeit, unter Anfechtung
nur den
Fall, wo aus Umständen, die außerhalb
der Rechtshandlung liegen, die Ungültigkeit der
an sich gültigen Rechtshandlung herbeigeführt wird (z. B. Anfechtung
eines
Geschäfts wegen
Betrugs oder
Zwanges).
Die in letzterm
Sinn steht nicht, wie die Geltendmachung der
Nichtigkeit, jedem Beteiligten zu, sondern nur den
Personen, für
welche nach dem
Gesetz der Anfechtung
sgrund wirksam ist. von Rechtshandlungen eines
Schuldners wegen Benachteiligung der
Gläubiger
war nach früherm gemeinen
Recht regelmäßig nur wegen bezüglichen Verhaltens des
Schuldners zulässig
(sogen. Paulianische
Klage des römischen
Rechts). Das jetzige
deutsche Recht bestimmt ähnlich wie das neuere englische und
französische, daß Rechtshandlungen zum Nachteil der
Gläubiger, die der
Schuldner nach
Eröffnung des Konkursverfahrens vornimmt,
nichtig sind, im übrigen aber binnen einem Jahr von
Eröffnung des Konkursverfahrens ab folgende Rechtshandlungen
des
Schuldners zum Nachteil der
Gläubiger der Anfechtung
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des Konkursverwalters unterliegen (Konkursordnung, Buch 1, Titel 3, § 22-34): 1) Die nach oder in den letzten zehn Tagen vor der Zahlungseinstellung (thatsächlichen Insolvenz) oder dem Konkurseröffnungsantrag erfolgte Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers, wenn dieser hierauf nicht, oder nicht in der Art, oder nicht in der Zeit Anspruch hatte und nicht beweist, daß Zahlungseinstellung oder Konkurseröffnungsantrag und Begünstigungsabsicht des Schuldners ihm unbekannt waren; ferner alle sonstigen nach der Zahlungseinstellung oder dem Konkurseröffnungsantrag vorgenommenen Begünstigungen der Gläubiger und Rechtsgeschäfte, wenn dem andern Teil diese Einstellung oder der Antrag bekannt war. Doch können Rechtshandlungen, welche früher als sechs Monate vor der Eröffnung des Konkurses erfolgt sind, aus dem Grund einer Kenntnis der Zahlungseinstellung nicht angefochten werden, Wechselzahlungen dann nicht, wenn ohne ihre Annahme der Empfänger den Regreß gegen andre Verpflichtete verloren hätte.
2) Rechtshandlungen, welche der Schuldner in der dem andern Teil bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat. Daß diese Absicht vorlag, wird ohne weiteres angenommen, wenn in dem letzten Jahr vor der Konkurseröffnung ein entgeltlicher Vertrag des Schuldners mit seinem Ehegatten vor oder während der Ehe, mit seinen oder dessen Verwandten auf- und absteigender Linie, mit seinen oder dessen Geschwistern oder mit dem Ehegatten einer dieser Personen geschlossen wurde. Desgleichen wird bis zum Beweis des Gegenteils angenommen, daß diesen Angehörigen des Schuldners dessen Absicht, die Gläubiger benachteiligen, bekannt war.
3) Die in dem letzten Jahr vor der Konkurseröffnung von dem Schuldner vorgenommenen unentgeltlichen Verfügungen mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke sowie Rückzahlungen von Einlagen oder Erlasse von Verlusten eines stillen Handelsgesellschafters (deutsches Handelsgesetzbuch, Art. 29; Einführungsgesetz zur Konkursordnung, § 3, Abs. 1); ferner jede in den letzten zwei Jahren vor der Konkurseröffnung vom Schuldner vorgenommene unentgeltliche Verfügung zu gunsten seines Ehegatten wie auch Sicherstellung der Rückgewähr des Heiratsguts oder des gesetzlich in seine Verwaltung gekommenen eheweiblichen Vermögens, sofern er hierzu nicht durch das Gesetz oder einen vor diesem Zeitraum geschlossenen Vertrag verpflichtet war.
Die Anfechtung
wird überall dadurch nicht ausgeschlossen, daß für die Rechtshandlung ein vollstreckbarer Schuldtitel
erlangt oder dieselbe durch Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erwirkt ist. Die Anfechtung
hat zur Folge, daß der betreffende
Erwerb zur Konkursmasse zurückzugewähren ist vom gutgläubigen Empfänger und, insoweit er bereichert
ist. Die Gegenleistung ist aus der Konkursmasse zu erstatten, soweit sie sich in derselben befindet oder die Masse bereichert
ist, im übrigen nur wie eine unbevorzugte Konkursforderung.
Die Klage geht auch gegen Erben und bösgläubige sonstige Rechtsnachfolger. Auch außerhalb des Konkursverfahrens ist nach dem Reichsgesetz vom die von Rechtshandlungen eines Schuldners zulässig unter den obigen Voraussetzungen 2) und 3) nach denselben Grundsätzen, mit den Abweichungen:
1) daß Kläger der benachteiligte Gläubiger ist, der eine fällige Forderung mit vollstreckbarem Schuldtitel hat und voraussichtliche oder wirkliche Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nachweist;
2) daß die Fristen von der Rechtshändigkeit der Anfechtungsklage ab rückwärts berechnet werden;
3) daß der Beklagte Rückgewähr nur so weit, als zur Befriedigung des Gläubigers nötig, zu leisten, 4) wegen der Erstattung des Gegenwerts sich an den Schuldner zu halten hat, sowie 5) daß das Recht zur in zehn Jahren verjährt. Vgl. Anfechtungsklage.