Allgegenwart
§. 1. Dieses ist eine Eigenschaft GOttes, vermöge welcher er seinem Wesen nach an allen Orten
zugegen ist, und, wie die Schrift sagt,
Alles in
Allen erfüllt. Die Allgegenwart
fließt aus GOttes Unermeßlichkeit. Denn
kann GOtt in gar keine Grenzen und in keinen Ort eingeschlossen werden, so folgt, daß er auch von keinem
Ort in den andern kann bewegt werden, und also allewege gegenwärtig sei.
§. 2. Diese Eigenschaft wird in der Schrift a) dem Vater beigelegt, 1 Kön. 8, 27. Ps. 139, 7-12. Amos 9, 6. A.G. 17, 28. und vornämlich Jer. 23, 23.
Bin ich nicht ein GOtt, der nahe ist? spricht der HErr, und nicht ein GOtt, der ferne ist? Meinst du, daß sich Jemand so heimlich verbergen könne, daß ich ihn nicht sehe? spricht der HErr. Bin ichs nicht, der Himmel und Erde erfüllet? spricht der HErr.
b) Dem Sohn GOttes. Matth. 18, 20. Eph. 1,23. c. 4, 10.
Und siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende, Matth. 28, 20.
c) Dem heiligen Geist, Ps. 139, 7. Weish. 1, 7.
§. 3. Gleichwie der Himmel den Erdkreis umschließt, also ist GOtt aller Orten gegenwärtig; denn der Himmel ist sein Stuhl, und die Erde seine Fußbank. Esa. 66, 1.
Wie die Seele des Menschen in dem ganzen Körper ist, und dennoch nicht ausgedehnt wird, also ist auch GOtt allenthalben ganz und unzertheilt.
§. 4. Da nun GOtt mit seiner Gegenwart, Hülfe und Gnade allezeit um und bei uns ist, ob wir
es gleich so empfindlich nicht fühlen: ach! so lasset uns doch seine Allgegenwart
gebührend scheuen, und alle Sünden,
welche ihn betrüben, fleißig und mit aller Sorgfalt vermeiden! Wer bedenkt dieses? Menschenfurcht ist noch eher bei uns
anzutreffen, als Gottesfurcht;
da haben wir immer nöthig, daß Einer dem Andern zurufe: And du fürchtest dich auch nicht vor GOtt! Luc. 23, 40.