Aleuronkörner.
[* 2] Die bisherigen Kenntnisse über diesen wichtigen Inhaltsbestandteil der
Pflanzenzellen, insbesondere
im
Samen,
[* 3] bieten trotz der gründlichen Untersuchungen
Pfeffers noch mancherlei
Lücken. Vor allem fehlte es an einem
Reagens,
welches eine bequeme
Beobachtung der Aleuronkörner
nebst ihren merkwürdigen Einschlüssen ermöglicht, ohne daß die
Körner, wie es
z. B. in
Wasser geschieht, gelöst werden oder tiefergehende chemische Veränderungen erleiden, wie sie z. B.
das von
Pfeffer vorgeschlagene, in
Alkohol gelöste
Quecksilberchlorid bewirkt; das Einlegen der die Aleuronkörner
enthaltenden
Schnitte
in ein fettes
Öl, wie z. B.
Mandelöl, gestattet endlich keinen Einblick in die den Aleuronkörnern
eingelagerten
Proteinkörper.
Lüdtke, der kürzlich ausgedehnte neue Untersuchungen über die Aleuronkörner
anstellte, fand in dem absoluten
Alkohol das gesuchte
Reagens, welches die
Körner so weit erhärtet, daß sie gegen
Wasser wenigstens für einige Zeit unempfindlich bleiben; außerdem
bietet
er den Vorteil, das die Aleuronkörner
umgebende und die
Beobachtung störende fette
Öl zu entfernen. Jedes
Aleuronkorn besteht aus einer dünnen, zarten Hüllmembran, die sich leicht in verdünnten
Alkalien löst, ferner einer in
Natriumphosphat löslichen Grundmasse und den Einschlüssen, unter welchen Proteinkristalloide (d. h.
Eiweißkörper von kristallähnlichem Aussehen),
Globoide
(Eiweißkörper von rundlicher Gestalt) und echte
Kristalle
[* 4] (aus Kalkoxalat) zu unterscheiden sind.
Die
Kristalloide lösen sich in
Kalkwasser, welches auch für die Grundsubstanz und die Hüllmembran das beste Lösungsmittel
bildet; in Natriumphosphat wie auch in
Wasser sind die genannten Einschlußkörper unlöslich. Die
Globoide (wie auch die Hüllmembran
und die Grundmasse) lösen sich dagegen in Natriumphosphat, wodurch eine sehr sichere Unterscheidung
der Einschlußgebilde gewonnen ist. Mit
Hilfe dieser
Reaktionen gelang die Feststellung von vier Haupttypen, in welchen die
Aleuronkörner
bei den verschiedenen
Gruppen des
Pflanzenreichs auftreten.
Dieselben unterscheiden sich dadurch, daß sie entweder ganz einschlußfrei sind oder nur
Globoide oder letztere neben
Kristallen
oder
Kristalloide neben
Globoiden (außerdem in seltenen
Fällen auch
Kristalle) enthalten; je höher organisiert die Aleuronkörner
sind,
desto mehr entsprechen sie dem letzten
Typus, der bei
Euphorbiaceen,
[* 5]
Koniferen,
[* 6]
Palmen,
[* 7] Linaceen,
Labiaten,
Kukurbitaceen und andern
Familien vorkommt. Von besonderer physiologischer Bedeutung ist das Verhalten der in quellenden
Samen bei Einwirkung
von
Wasser, in welchem sie, mit Ausnahme ihrer Einschlußgebilde, löslich sind; zumal in den Außenschichten des
Samens wird
durch
Wasser
Lösung in der Grundsubstanz der Aleuronkörner
bewirkt.
Durch wiederholtes Einquellen und Austrocknen wird daher die Keimkraft der
Samen beinahe vollständig erschöpft, da die Hauptmasse
der Eiweißstoffe in den Aleuronkörnern
niedergelegt ist; ihr unverändertes Vorhandensein ist zum Wachstum
der Keimpflanze unbedingt erforderlich. Eine normale
Auflösung der Aleuronkörner
tritt erst während des Wachstums der Keimpflanze ein.
Die
Entwickelung der Aleuronkörner
im reifenden
Samen findet nach
Pfeffer und Lüdtke nicht in
Vakuolen des
Plasmas, wie das von andern Beobachtern
behauptet worden ist, sondern frei im Zellinhalt statt. Im keimenden
Samen (von Rizinus) quellen die Aleuronkörner
zunächst
auf,
dann zeigt sich eine Abnahme der
Kristalloide, während die vorher glattumrandeten
Globoide einen zackigen
Umriß annehmen;
die anschwellende Grundsubstanz sprengt darauf die Hüllmembran, die sich schnell auflöst, wodurch die
Globoide und
Kristalloide
frei werden und dann auch in
Lösung gehen; dieselbe ist schon in den Keimpflanzen vollendet, ehe sich
die
Keimblätter entfalten. Diese
Auflösungs- und Bildungsvorgänge der Aleuronkörner
spielen im Stoffhaushalt der
Pflanzen jedenfalls
eine sehr bedeutende
Rolle, über welche eine nähere Einsicht zur Zeit noch nicht gewonnen ist.
Vgl. Lüdtke, Beiträge zur Kenntnis der (in Pringsheims »Jahrbüchern für Botanik«, Bd. 21,1889).