Albanien
(albanes.
Schkiperia; türk. Arnant),
Name der westl. Küstenlandschaft der
Balkanhalbinsel
[* 2] von dem
Flusse
Bojana
im N. bis zum Golf von
Arta im S. (vom 42. bis 39.° nördl.
Br.), zwischen dem
Adriatischen und
Ionischen
Meere im W. und den Gebirgszügen im O., die die
Wasserscheide gegen die macedon.
Stromgebiete bilden. Albanien
umfaßt den südl.
Teil des alten Illyrien sowie das alte
Epirus; sein
Name war ursprünglich auf die Berglandschaften Nordalbaniens
beschränkt und verbreitete sich erst seit dem 13. Jahrh. über das ganze Land. Heutzutage
bildet es einen
Teil des
Osmanischen
Reichs, mit Ausnahme eines Landstrichs südöstlich vom Artafluß, der 1881 an
Griechenland
[* 3] abgetreten wurde, und zwar die Wilajets Jannina,
Monastir,
Skutari und zum
Teil Kosovo, und grenzt im N.
an
Montenegro
[* 4] und das von
Österreich
[* 5] occupierte Sandschak Novipazar, im
S. an
Griechenland, während es nach O. administrativ
vielfach über das Scheidegebirge nach Macedonien hinübergreift.
Das eigentliche Albanien
umfaßt etwa 44000 qkm, nach der Wilajeteinteilung etwa 58000 qkm.
Die Bodengestalt
A.s bedingt ein
System paralleler, langgestreckte Längsthäler einschließender Faltengebirge,
die vorwiegend aus Kalksteinen und schiefern der Kreide- und Eocänformation bestehen und äußerst rauh und zerrissen sind;
nur im Schardagh treten ältere Formationen auf. Die
Gebirge streichen mit der
Richtung NW.-SO. aus
Bosnien heran, erfahren
an der Nordgrenze
A.s, am Drin, eine plötzliche
Wendung nach O., setzen aber jenseit dieses Knicks ihre
südl. Streichung fort, die sie im südl.
Teil des
Landes in eine südöstliche verwandeln. Die höchsten
Ketten sind die, welche
die
Wasserscheide
A.s gegen O. bilden, vor allem der mächtige Schardagh (s. d.), weiterhin
nach S. das Grammosgebirge, das sich als
Pindos nach
Griechenland hinein fortsetzt. Inmitten der
¶
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Gebirge finden sich große beckenförmige Hochebenen eingesenkt, die zum Teil beträchtliche Binnenseen einschließen (die von Skutari, Ochrida, Kastoria, Jannina u. a. m.), durch ihre Fruchtbarkeit eine dichtere Bevölkerung [* 7] ernähren und Mittelpunkte des Verkehrs bilden. Der Lauf der Flüsse [* 8] des Landes (Bojana, Drin, Devol, Bojussa, Kalamas u. a. m.) wechselt meist zwischen offenen Längthälern und engen Felsdurchbrüchen, so daß die Verkehrswege ihnen vielfach nicht zu folgen vermögen.
Dem Wechsel im Streichen der Gebirge entspricht die Richtung der Küste. Von NW. her macht sie am Drin eine Biegung nach S.,
bis sie sich am Kap Glossa (Akrokeraunischen Vorgebirge), wo sie sich (an der Straße von Otranto) der ital.
Küste bis auf 70 km genähert hat, wieder nach O. wendet. So gliedert sich das Land naturgemäß in zwei Teile: das nördl.
Oberalbanien
mit nordsüdl. Küste und das südl. Unteralbanien
mit nordwest-südöstl. Küste. In ersterm lagert sich dem
Gebirge ein von den Flüssen aufgebauter ebener, lagunen- und fieberreicher Küstensaum vor, während die
Berge Unteralbaniens
meist schroff ins Meer abstürzen; nur bei Philiatäs und bei Preveza finden sich hier Küstenebenen.
Das Klima ist, außer an der Lagunenküste Oberalbaniens
, vortrefflich, die Hitze der mit Süditalien
[* 9] gleichen Breite
[* 10] durch
Gebirgs- und Seeluft gemäßigt. Der Boden der Thäler und Ebenen würde bei einiger Pflege reichen Ertrag
abwerfen; die Berge sind meist kahl und unfruchtbar. Mais und andere Getreidearten gedeihen überall; Tabak
[* 11] wächst in Fülle;
Olivenpflanzungen an den Küsten liefern bedeutende Ausfuhr. Die Höhen an der Küste waren früher dichter bewaldet und lieferten
vortreffliche Schiffbauhölzer.
Die verschiedensten europ. Marinen, Ägypten, [* 12] die Pforte selbst bezogen von hier aus einen Teil ihres Bedarfs. Jetzt sind sie durch Abholzung in öde Wüstenei verwandelt, nur im Innern giebt es noch Wälder, zum Teil Urwald. Der Volksgeist neigt mehr zum umherschweifenden Hirtenleben als zum seßhaften Ackerbau. Rinder-, Vieh- und Schafzucht sind im Betriebe; die Ausfuhr an Vieh ist nicht erheblich, viel Schafe [* 13] gehen nach Konstantinopel. [* 14] Sonst werden ausgeführt Schildkröten, [* 15] gedörrte Fische, [* 16] Sumach, Galläpfel, Wachs; statt der früher bedeutenden Korallenfischereien kam Seesalzbereitung besonders bei Avlona auf.
Dort wird auch Asphalt, Schwefel und Gips
[* 17] gewonnen. Der Verarbeitung des Produktenreichtums sind die Einwohner ziemlich abhold.
Sie sind zum größten Teil Albanesen (s. d.), nur im NO. mit Serben und Türken untermischt und im S., im
Epirus, zum Teil gräcisiert. Vereinzelt sind die zahlreichen Ansiedelungen der Südrumänen im Grammos, Pindos, bei Avlona. Die
Lage des Landes ist für den Verkehr von hoher Bedeutung. Durch seine große Annäherung an Italien
[* 18] ist es zur Vermittelung
zwischen diesem und der Balkanhalbinsel berufen und hat diese Rolle im Altertum auch gespielt; damals zog von der Hafenstadt
Dyrrhachium (Durazzo) die große Heerstraße, die Via Egnatia, durch Albanien
nach Saloniki.
[* 19] Später hat die Unsicherheit und der Verfall
der Verkehrswege dem Lande diese Bedeutung gänzlich geraubt. Albanien
ist das wildeste, uncivilisierteste und
unbekannteste Land Europas. Die bedeutendsten Städte sind Prizren, Skutari, Durazzo, Avlona und Jannina. -
Vgl. Leate, Travels in Northern Greece (4 Bde., Lond. 1836);
Grisebach, Reise durch Rumelien (2 Bde., Gött. 1841);
Viquesnel, Voyage dans la Turquie d'Europe (2 Bde., Par. 1857-69);
Hahn, [* 20] Reise durch die Gebiete des Drin und Wardar (Wien [* 21] 1870);
Gopčevic, Oberalbanien
(Lpz.
1881).
S. auch Albanesen.