Agrionia
(grch.), ein nächtliches Dionysosfest in Orchomenos, an dem Frauen den verschwundenen Dionysos [* 2] suchten, bis sie das Suchen aufgaben, da er zu den Musen [* 3] entflohen sei. Hierauf versammelten sie sich zu einem Mahle und unterhielten sich zum Schluß mit Rätseln. Auch fand an dem Feste der Gebrauch statt, daß Jungfrauen aus dem Geschlechte des Minyas von einem Priester mit gezogenem Schwerte verfolgt wurden und daß dieser die von ihm Eingeholte töten durfte. Diesen Gebrauch erklärte eine Sage so, daß drei Töchter des Minyas (Leukippe, Arsinoe und Alkithoe oder Alkathoe), die der Dionysosfeier sich entziehen wollten, zur Strafe von ekstatischer Leidenschaft ergriffen, begierig nach Menschenfleisch wurden, das Los über ihre Kinder warfen und den vom Lose betroffenen Hippasos, den Sohn der Leukippe, zerstückelten. Dionysos selbst hieß auch Agrionios. Der Name, mit grch. agrios, «wild», zusammenhängend, weist auf jene uralten, halbbarbarischen Kulte hin, in denen Dionysos mit blutigen Tier-, auch Menschenopfern gefeiert wurde.