(v. lat. aes, also ursprünglich Pluralform, später
aber als Singularform gebraucht in der Bedeutung »Grundzahl, Grundeinheit«
bei Rechnungen und Messungen), eigentlich der durch irgend ein merkwürdiges Ereignis bezeichnete Zeitpunkt, von welchem
an
man in derChronologie die Jahre zählt; dann jede
Zeitrechnung, bei welcher die Jahre von einem solchen
Termin an fortgezählt werden. Man kann drei
Arten von
Zeitrechnungen unterscheiden, gelehrte, bürgerliche und kirchliche,
welche zuweilen bei demselben
Volk zugleich im
Gebrauch sind.
Die erstern werden ausschließlich von
Gelehrten gebraucht und wechseln daher mannigfach. In derHeiligen Schrift
finden sich nur vereinzelte
Spuren einer eigentlichen Ära, wie sich die
Völker des
Altertums überhaupt einer solchen nicht
zu bedienen pflegten und z. B. die
Römer,
[* 3] selbst als sie bereits eine feste Ära hatten, nicht nach
JahrenRoms rechneten, sondern
das Jahr mit den
Namen der in demselben regierenden
Konsuln, später unter Hinzufügung der Regierungsjahre
des
Kaisers bezeichneten.
In den historischen und prophetischen
Büchern des Alten
Testaments finden sich erst in den später entstandenen
Stücken fortlaufende
Jahreszählungen von einem feststehenden
Termin an. Im
Pentateuch ist bis auf
Jakob die
Chronologie ganz mit der
Genealogie verbunden.
Nach Einführung desKönigtums rechneten die Israeliten nach den Regierungsjahren der
Könige und, nachdem
sie unter fremdes
Joch gekommen, nach denen der fremden Herrscher, z. B. der babylonischen und der persischen.
Dieselbe blieb bei den
Juden, Arabern und Syrern noch lange nach
ChristiGeburt im
Gebrauch. Die
Juden, welche
sich derselben unter der syrischen Herrschaft bei allen gerichtlichen
Handlungen bedienen mußten (daher der
Nameaera contractuum,
A. der
Verträge), gewöhnten sich so sehr daran, daß die später eingeführte, mit der
BefreiungJerusalems durch den
MakkabäerSimon beginnende derHasmonäer nicht recht in
Aufnahme kam. Das erste Jahr
Simons wird dem Jahr 170 der
seleukidischen Ära, also dem Jahr 143
v. Chr., gleichgesetzt.
Die
Bücher der
Makkabäer nennen die seleukidische Ära die der griechischen Herrschaft, weil das
Reich der
Seleukiden als Fortsetzung
des griechisch-makedonischen
ReichsAlexanders d. Gr. angesehen wurde, gebrauchen sie aber nicht in
übereinstimmender
Weise. Von den vorchristlichen
Ären nennen wir noch die vornehmlich in
Ägypten übliche Philippische, auch
die ÄraAlexanders oder die von
Edessa genannt, die mit dem Todesjahr
Alexanders d. Gr. oder
der Thronbesteigung seines Nachfolgers
Philippos
Arrhidäos12. Nov. 323 beginnt; die Actische, nach der
Schlacht bei
Actium genannt, die mit der
EroberungÄgyptens durch
Octavianus29. Aug. 30 beginnt, und die schon erwähnte römische Konsularära, die Angabe der Jahre
nach den
Namen der beiden jährlich neugewählten
Konsuln, deren Reihenfolge in besondern
Kalendern, den sogen.
Fasten, verzeichnet
wurde; sie beginnt mit der Vertreibung der
Könige 509 und blieb als bürgerliche
Zeitrechnung bis zur
Abschaffung des
Konsulats unter
Kaiser Justinian im
Gebrauch.
Auch nach Entstehung und Ausbreitung der christlichen
Kirche bediente man sich nicht nur im bürgerlichen
Verkehr, sondern
auch in der Litteratur noch lange der früher gebräuchlichen
Zeitrechnungen. So behielten die
Christen des
Orients die seleukidische
Ära bei, die bei den syrischen
Christen noch jetzt neben der gewöhnlichen christlichen im
Gebrauch ist;
in
Alexandria aber kam die Diokletianische oder die der
Märtyrer in
Gebrauch, die mit dem ersten Jahr des
KaisersDiocletianus,
unter welchem viele
Christen den Märtyrertod erlitten, genauer dem 1.
Thoth
[* 5] (29. Aug.) des
Jahrs 284
n. Chr.,
beginnt. Dieselbe
war inÄgypten bis zum Eindringen der Araber üblich, und die christlichen
Kopten
[* 6] bedienen sich derselben
sowie der altägyptischen
Monate noch jetzt, ebenso die äthiopischen
Christen, nur daß diese sie mit dem Jahr 276 anfangen,
weil sie die
GeburtChristi acht
Jahres später alsDionysius (s. unten) setzen.
Die christlichen Armenier rechnen vom Jahr 551 an, in welchem der
PatriarchMoses ihre Festordnung reformierte. Bei den christlichen
Völkern
Europas hat die
Zeitrechnung nach
JahrenChristi fast allgemein Eingang gefunden, so daß diese
Zeitrechnung jetzt mit
Recht die gemeine christliche Ära (aera vulgaris) genannt wird. Im römischen
Reich wurde zwar noch geraume
Zeit nach
Erhebung des
Christentums zur Staatsreligion die Rechnung nach den Regierungsjahren der
Kaiser und
Konsuln fortgeführt,
und noch 537 gebot der
KaiserJustinianus, daß in allen
Urkunden das Jahr des
Kaisers, die
Namen der
Konsuln sowie die
Indiktion,
auch
Monat und
Tag angegeben werden sollten.
Allein abgesehen davon, daß schon 541 der letzte
Konsul ernannt wurde, machte sich unter den christlichen Völkern das
Bedürfnis
einer gemeinsamen Ära immer fühlbarer. Um diese Zeit hatte der römische
AbtDionysius in seiner Ostertafel (525) statt der
beiden
Alexandrinern gebräuchlichen Diokletianischen Ära die Jahre zuerst von der Fleischwerdung
des
Herrn (ab incarnatione domini) gezählt. Das erste Jahr dieser
DionysischenÄra läuft vom 1. Jan. bis 31. Dez. 754 nach
GründungRoms nach
Varro (4714 der julianischen
Periode).
Die
Geburt Jesu setzte
Dionysius auf den 25. Dezember d. J., indem er nach dem Sprachgebrauch der
Kirchenväter unter der Incarnatio
nicht die
Geburt (nativitas), sondern die
MenschwerdungChristi im
Schoß der
Maria oder die
Verkündigung Mariä verstand. So
entstand die gemeine christliche Ära, die allmählich weitere Verbreitung fand, vornehmlich durch
Bedas Einfluß, welcher
sie in seiner Ostertafel gebrauchte, und das Ansehen
Karls d. Gr., welcher zuerst
Urkunden nach ihr datierte. Bei
ihrer Anwendung pflegte man mehrere
Jahrhunderte lang zu dem Jahr
Christi (annus incarnationis, auch circumcisionis, mit Bezug
auf den Jahresanfang am 1. Jan., wo die
BeschneidungChristi gefeiert wurde, sowie a. nativitatis, gratiae genannt) noch die chronologischen
Merkmale des
Jahrs hinzuzufügen,
¶
mehr
wie sie die Ostertafeln enthielten. Im 10. Jahrh. war die christliche Ära schon ziemlich
weit verbreitet. In Spanien
[* 8] aber, wo man eine eigne Ära hatte, die sogen. spanische, die von 716 der
Stadt Rom
[* 9] (38 v. Chr.) an zählt, nahm man sie erst weit später an. Diese nationale Ära kommt in Aragonien
vor bis 1350, in Valencia
[* 10] bis 1358, in Kastilien bis 1383 und in Portugal bis 1420. Von den griechischen Christen haben die Russen
auf BefehlPeters d. Gr. 1700 mit dem Jahresanfang im Januar zwar die gemeine christliche Ära angenommen, aber bekanntlich
den alten julianischen Kalender beibehalten.
Auch nach allgemeiner Annahme dieser Ära fehlte noch eine gleichmäßige Zeitrechnung, denn man hatte noch
lange Zeit sehr verschiedene Jahresanfänge; vgl. Neujahr. Erst 1691 setzte PapstInnocenz XII fest, daß das Jahr mit dem 1. Januar beginnen
solle, während bis dahin die Päpste in ihren Bullen und Breven gewöhnlich den 25. Dezember als Jahresanfang gebraucht
hatten. Teils schon vorher, teils später wurde dieser Jahresanfang allgemein üblich. Vorher hatten nicht nur verschiedene
Völker, sondern selbst einzelne Regenten und einzelne Städte verschiedene Jahresanfänge, die man kennen muß, um ihre Chronologie
zu verstehen.
Bei dem hohen Wert einer gemeinsamen festen Ära für chronologische Orientierung, und da nach
der Dionysischen Ära sich alle Ereignisse vor und nach der GeburtChristi chronologisch leicht anordnen lassen, so ist es gewiß
das Beste, sie beizubehalten, obwohl jetzt feststeht, daß Dionysius die Geburt Jesu um mindestens 4-5 Jahre zu spät angesetzt
hat. Denn nach
Matth. 2, 1. ff.; 2, 22;
Luk.
1, 5. ist Jesus noch unter der RegierungHerodes' d. Gr. geboren, welcher kurz vor dem Passah des Jahres 750 nach
RomsErbauung gestorben ist.
Eine andre Ära, die nach Jahren der Welt, fand das Christentum bereits vor. Sie war besonders bei den Juden gebräuchlich (der
jüdische HistorikerJosephus zählt nach ihr in seiner Archäologie) und den Schriften des Alten Testaments
entnommen. Diese Weltära ist aber wenig zweckmäßig, denn man hat mehrere Hundert Angaben über den Anfang dieser von denen
die größte 6984, die kleinste 3483 Jahre von Erschaffung der Welt bis auf Christus zählt, welche Verschiedenheit besonders
daher rührt, daß der hebräische und der samaritanische Bibeltext, die Texte der Septuaginta und der
Vulgata 1. Mos. 5. und 11, rücksichtlich der Zahlen bis zur Sintflut und von da an bis zum 70. Jahr Tharahs sehr voneinander
abweichen und auch über die spätere Chronologie des Alten Testaments die Ansichten sehr auseinander gehen.
Julius Africanus zählte bis auf Christus 5502, Eusebius, Beda und das römische Martyrologium 5199 Jahre; nach Scaliger und Calvisius
ist das erste Jahr unsrer christlichen Ära das 3950., nach Kepler und Petavius das 3984., nach Usher das 4004. der Weltära.
Daher ist die gemeine christliche Ära jeder Weltära weit vorzuziehen. Doch bedienen sich
die äthiopischen Christen neben der Diokletianischen A. noch der des ägyptischen Mönchs und Chronographen Anianus, welche
die Inkarnation acht Jahre später als Dionysius setzt, so daß ihr 5501. Jahr mit dem 9. unsrer christlichen Ära zusammenfällt.
Bei den griechisch-katholischen Völkern, mit Ausnahme der Russen, ist die byzantinische oder konstantinopolitanische
Weltära noch üblich, deren Jahresanfang der 1. September und deren 5509. Jahr das erste unsrer Zeitrechnung ist, aber vier Monate früher
anfängt. Zuerst
wird diese Ära, deren sich die byzantinischen Historiker, Kaiser und Patriarchen bedienten, im »Chronicon Paschale«,
einer Schrift des 7. Jahrh., erwähnt.
Da die Weltären zu allgemeinem Gebrauch ungeeignet waren, sich aber doch das Bedürfnis einer die ganze uns bekannte Geschichte
umfassenden Zeitrechnung fühlbar machte, so bildete JosephScaliger durch Multiplikation der cyklischen Zahlen 28, 19 und 15 eine
Periode von 7980 Jahren, welche er die julianische Periode nannte, weil sie nach julianischen Jahren zählt. Das 4714. Jahr dieser
Periode entspricht dem ersten unsrer christlichen Ära oder dem 754. nach RomsErbauung. Obgleich eine solche
universelle Zurückrechnung jetzt nicht mehr so notwendig ist wie zu den ZeitenScaligers, da man sich jetzt der festen christlichen
Ära bedient, so wird die julianische Periode doch auch jetzt noch angewendet, wo es sich um scharfe und genaue Zeitangaben
handelt, und sie hat ohne Frage das Verdienst, Licht
[* 11] und Ordnung in die Chronologie gebracht zu haben.
Von den neuern Ären nichtchristlicher Völker ist hier nur die der Mohammedaner zu erwähnen, welche mit der Hegira (Hedschra)
oder der FluchtMohammeds von Mekka nach Medina, 16. Juli 622 n. Chr., beginnt und bei den Türken, Arabern und Persern
im Gebrauch ist und zwar so, daß nach Mondjahren, wovon 33 auf 32 Sonnenjahre gehen, gezählt wird. Die neueste aller Ären
ist die der französischen Revolution, welche in Frankreich eingeführt wurde und anhob, dem Tag, an welchem
die tags vorher beschlossene Einführung der Republik dem französischen Volk verkündigt wurde und zugleich
(um 9 Uhr
[* 12] 18 Minuten 30 Sekunden vormittags) das Herbstäquinoktium einfiel. Diese Ära wurde durch Gesetz vom vom an
wieder abgeschafft. Vgl. Kalender und Monat.
Einige andre Ären haben nie praktische Geltung gehabt, sondern wurden, wie Scaligersjulianische Periode,
nur von Gelehrten gebraucht. Über die Olympiadenära vgl. Olympiade. Die Jahresrechnung nach Erbauung der Stadt Rom (ab urbe
condita, abbreviiert u. c.) fängt man gewöhnlich mit 21. April 753 v. Chr. an. Die Ära Nabonassars, welche sich bei Ptolemäos,
Theon u. a. findet und mit dem Regierungsantritt des babylonischen KönigsNabonassar 747 beginnt, ist für
geschichtliche Zeitbestimmung sehr wichtig, da man mit ihrer Hilfe nach den von Ptolemäos überlieferten Regententafeln und
nach den angegebenen Summen der Regierungsjahre die Zeit vieler geschichtlich denkwürdiger Fakta berechnen kann. Die julianische
Ära datiert von der Einführung des julianischen Kalenders, 46. Die antiochenische Ära beginnt mit der
Freierklärung der Stadt Antiochia oder mit dem ersten Jahr der DiktaturJuliusCäsars, 49-48, im Herbst und wird häufig in
den Schriften der Kirchenväter gebraucht. Vgl. Chronologie.
Epoche, während der sich eine Kultur entfaltet oder eine bestimmte Weltanschauung herrschend ist. Oft wird
das Datum eines Ereignisses, das diese Kultur einleitete, als Beginn einer eigenen Zeitrechnung aufgefaßt,
z. B. die Geburt Christi.
(zum Singular gewordene lat. Pluralform aera, d. h. Zahlen, Posten, von aes, mit Änderung des Geschlechts), zuerst
bei den Westgoten vorkommend, bezeichnet die Reihenfolge der von einem festen Ausgangspunkte an gezählten Jahre, das Schema,
in das die geschichtlichen Begebenheiten ihrer Zeitfolge nach eingereiht werden. Der Anfangspunkt einer
A. ist in der Regel ein großes, die Geschichte der Welt oder eines Volks bestimmendes Ereignis und heißt die Epoche. Fast
jeder geschichtliche, durch eine abgeschlossene Völkerfamilie repräsentierte Kulturkreis hat eine besondere Zeitrechnung
oder Ära. Die Übertragung der Zahlenbestimmungen fremder Zeitrechnungen in die christliche ist oft
mit großen Schwierigkeiten verbunden, zumal sich die Aren fremder Völker nicht immer auf Sonnenjahre stützen, sondern auch
auf Mondjahre, oder auf Magistratsjahre, deren Dauer wesentlichen
¶
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Schwankungen unterlag. Die wichtigsten der gegenwärtig gebräuchlichen Ären sind: die von Erschaffung der Welt, deren sich
noch die Juden bedienen, die christliche der europ. Völker, die mohammed., die ind. Ären und die chinesische.
Die Epoche, mit der die von Erschaffung der Welt beginnt, ist sehr verschieden berechnet worden. In dem
Werke «Art de vérifier les dates» (Par. 1750 u. ö.,
neueste Ausg., 19 Bde., ebd. 1821-24)
sind nicht weniger als 108 Berechnungen der Zeit zusammengestellt, die von Adam bis Christus verflossen sein soll und deren
äußerste Punkte um mehr als 3000 Jahre auseinander liegen. Scaliger und Calvisius setzten die Epoche
3949, Petavius 3983, Frank 4181 v. Chr. Die Epoche der jüd. Weltära ist durch den Rabbi Hillel (im 4. Jahrh. n. Chr.) auf das
J. 3449 vor der der Seleuciden (oder 3761 v. Chr.) berechnet worden, und kam seit dem 11. Jahrh. bei den Juden in Gebrauch. Die
konstantinopolitan. oder byzant. Weltära, deren Epochenjahr 5508 v. Chr. fällt, hat lange im Bereiche
der griech. Kirche, in Rußland z. B. bis 1700, wo Peter d. Gr. die christliche Ära einführte, in bürgerlichem und kirchlichem
Gebrauche bestanden. In wissenschaftlichen Werken war seit dem 17. Jahrh. lange die von Jos.
Scaliger aufgestellte Julianische Periode (s. d.) verbreitet, die für die Rechnung unleugbare Vorteile
bot.
Die von Christi Geburt rührt vom röm. Abt Dionysius (s. d.) Exiguus her, der in der ersten Hälfte des 6. Jahrh.
n. Chr. lebte. Er stellte eine Ostertafel auf, die er an die Jahre von der Menschwerdung Christi (anni ab incarnatione Domini)
knüpfte, neben welchem Ausdrucke beim Datieren auch die Bezeichnung anno gratiae, seltener a nativitate
Domini, und erst in späterer Zeit anno Christi, salutis oder orbis redemti aufkam. Diese Ära findet sich in kirchlichem
Gebrauche in Rom bald nach der Mitte des 6. Jahrh.; im 8. Jahrh. ward
sie besonders durch die Schriften des Beda Venerabilis verbreitet.
Der erste Fürst, der sich ihrer zuweilen in Urkunden bediente, war Karl d. Gr. Schon mit dem 10. Jahrh. war sie in Frankreich
und Deutschland
[* 15] allgemein üblich und wurde bald die gemeinsame der abendländ. Christen. Für die vorchristl. Geschichte ist
erst in neuerer Zeit die Zählung von Jahren vor Christi Geburt die allgemein übliche geworden. (S. Julianische
Periode.) Die Astronomen setzen nun das Jahr, das nach der gewöhnlichen Zeitrechnung das erste v. Chr. war, gleich 0 und bezeichnen
die vorhergehenden Jahre als -1, - 2, -3 u. s. f., so daß sich nach dieser Zählung immer
eine Einheit weniger ergiebt.
Die Epoche der christlichen Ära ist nach Dionysius, der unter incarnatio die Verkündigung Maria (25. März) verstand
und diese mit dem ihr vorangegangenen bürgerlichen Jahresanfang kombinierte, der 1. Jan. des Jahres, in welches die Geburt Christi
nach seiner Berechnung fiel, des 754. Jahres der Varronischen Ära. Daß des Dionysius Berechnung nicht mit
den Angaben der Evangelien zusammenstimmt, sondern vielmehr nach diesen Christi Geburt mindestens fünf, höchst wahrscheinlich
sieben Jahre früher zu setzen ist, hat vorzüglich Ideler gezeigt. Neben dem 1. Jan. sind aber noch viele andere Tage des christl.
Jahres als Neujahrstage gebraucht worden und zum Teil bis ins 18. Jahrh.: der 1. März in Venedig,
[* 16] der 25. März besonders
in Florenz
[* 17] und Pisa
[* 18] sowie in England, der
Ostertag namentlich in Frankreich, endlich Weihnachten selbst in Frankreich, Italien
[* 19] und Deutschland. In Pisa zählte man die Jahre ab incarnatione vom 25. März 1 v. Chr., in Florenz vom 25. März 1 n. Chr. Man
nennt diese beiden auch anderweitig verbreiteten Zeitrechnungen calculus Pisanus und calc. Florentinus (bis wo
beide Zeitrechnungen abgeschafft).
Die mohammedanische Zeitrechnung beginnt mit der Hidschra (Hedschra, Hegira), d. i. der Auswanderung Mohammeds von Mekka nach
Medina (s. Hidschra).
In Indien herrschen vorzugsweise drei verschiedene Ären. A. Die auf religiös-nationale Anschauungen gebaute
ist die Ära des Kali-yuga. Sie beruht auf der alten mythischen Einteilung in vier Weltalter, Yuga (s. d.) genannt: Krita-yuga
das Weltalter der Wahrheit, Treta-yuga das Weltalter der Frömmigkeit, Dvāpara-yuga das Weltalter des Zweifels, Kali-yuga
das Weltalter der Sünde. Zwischen jedem Yuga ist eine Periode der Morgen- und Abenddämmerung (Sandhi),
die ein Sechstel der Dauer der ganzen Periode beträgt.
Das erste Weltalter mit seinem Sandhi umfaßt 4800, das zweite 3600, das dritte 2400, das vierte 1200 Götterjahre. Diese 12000 Götterjahre
zusammen bilden ein Mahā-yuga, d. h. ein großes Weltalter. Da für die Götter das menschliche Jahr nur die
Bedeutung eines Tags hat, so kommen auf das Götterjahr 360 gewöhnliche Jahre. Das Mahā-yuga enthält demnach 4 320000 ind.
Jahre. Eine Periode von 1000 Mahā-yugas heißt Kalpa = 4 320000000 Jahre. Diese letztere Summe gilt als ein Tag des Brahma.
Am Ende dieser großen Kalpaperiode geht die ganze Welt, selbst die Götter, unter; nur Gott lebt ewig
fort.
Ebensolange dauert dann die Zeit der Vernichtung, worauf nun Brahma eine neue Schöpfung beginnt. Nach 100 Jahren, wenn also 36000 solche
Kalpas verflossen sind, stirbt auch Brahma. Den Beginn des Kali-yuga setzt man auf den 18. Febr. 3102 v. Chr. Im südl. Indien
wird noch jetzt häufig nach dieser Ära gerechnet. Die beiden andern gebräuchlichen, aber auf histor. Epochen gegründeten
Zeitrechnungen sind: B. die Ära des Vikrāmāditya, genannt Samvat, welche 57 v. Chr. beginnt;
C. die Ära des Çālivâhana,
genannt Çāka, die vom J. 78 n. Chr. zählt.
Das ind. Jahr beginnt am ersten des Monats Vaiçākha, d. h.
an dem Tage, wo der Mond
[* 20] in dem Sternbilde der südl. Wage
[* 21] voll wird, von Mitte April bis Mitte
Mai. Die Indier rechnen nach Sonnenjahren zu 365 Tagen 6 St. 12 Min. 30 Sek., also nach einem Jahre, das nur um 3 Min. länger
ist als das astronomisch bestimmte siderische Jahr. Da aber alle kirchlichen Feste an den Mondlauf geknüpft
sind, so müssen sonnen- und Mondjahr gegeneinander ausgeglichen werden, was eine verwickelte Rechnung giebt. -
Vgl. Warren,
Kāla-sankalita, a collection of memoirs on the various modes according to which the Indians divide time (Madras
[* 22] 1825).
Die Buddhisten rechnen nach dem Todesjahre des Buddha Çakyamuni, das freilich bei verschiedenen Völkern
sehr verschieden angegeben wird. Nach der mit der Geschichte am meisten übereinstimmenden Angabe fällt das erste Jahr der
buddhistischen Ära auf den Anfang des J. 477 v. Chr.
Die von Erbauung der Stadt Rom (p. u. oder p. u. c., d. i. post urbem conditam, oder a. u., d. i. anno urbis und a. u.
c., d. i. anno urbis conditae oder ab urbe condita) ist von den Römern selbst verschieden berechnet worden. Unter den Angaben
über die Zeit, in welche diese Erbauung zu setzen sei, sind namentlich zwei, als vorzüglich in histor. Gebrauch gekommen,
hervorzuheben. Die eine wird nach ihrem vermutlichen Urheber, Terentius Varro, die Varronische genannt.
Sie setzt jenes Ereignis in das Frühjahr(21. April, das Fest der Palilien) von Olympiade 6,3, d. i. das J. 753 v. Chr.; es ist demnach 753 p.
u. das 1. Jahr vor, 754 p. u. das 1. Jahr nach Christi Geburt. Um also ein Jahr der Stadt, dessen Zahl 753 nicht
übersteigt, in das entsprechende Jahr vor Christi zu verwandeln, oder umgekehrt, muß man die jedesmalige Jahreszahl von 754 abziehen.
Sind Jahre der Stadt, die 753 übersteigen, auf Jahre nach Christi zu reduzieren, oder umgekehrt, so muß man von jenen 753 abziehen,
wodurch man die Jahre nach Christi, oder zu diesen 753 addieren, wodurch man die Jahre der Stadt erhält.
Hierbei wird der fast vier Monate betragende Unterschied zwischen dem eigentlichen Anfange der Jahre der Stadt und denen der
christl. Zeitrechnung gewöhnlich nicht weiter beachtet. Die Varronische Ära war seit KaiserClaudius (41-54 n. Chr.) bei den
röm. Schriftstellern die vorherrschende und wird auch von den neuern gewöhnlich
gebraucht. Für die zweite Ära sind die Palilien von Olympiade 6,4 oder 752 v. Chr. die Epoche. Sie wird, weil auf ihr die
Jahrzählung der kapitolinischen Fasten (fasti capitolini, s. Fasti) beruht, die Kapitolinische genannt. Im bürgerlichen
Gebrauche wurden die Jahre bei den Römern durch die Namen der betreffenden Konsuln bezeichnet.
Die Ära Nabonassars wird die Reihe von 424 Jahren genannt, die in dem ursprünglich ägyptischen, in des
Ptolemäus Handtafeln enthaltenen Regentenkanon mit dem babylon.-chaldäischen Könige Nabonassar (s. d.)
beginnt. Ihre auf astron. Beobachtungen der Chaldäer gestützte Epoche ist der 26. Febr. 747 v. Chr., mit welchem
Tage damals das ägypt. Wandeljahr (s. Kalender), nach dem die Chaldäer rechneten, seinen Anfang nahm. An sie schließt sich
dann die Philippische, von Philipp III. (s. d.) Arrhidäus von Macedonien, oder die Ära nach AlexandersTode sofort an. Ihr
Ausgangspunkt ist der Anfangstag des ägypt. Jahres, in das dieses Ereignis
fiel (12. Nov. 324). Doch wird diese Ära bisweilen nicht weiter beachtet, sondern die Jahre nach der A. Nabonassars
werden fortgezählt. Im bürgerlichen Gebrauche ist bei den Ägyptern und Chaldäern keine von beiden gewesen, sondern man
pflegte vielmehr nach den Regierungsjahren des jedesmaligen Königs zu datieren.
Die der Seleuciden, nach der man im SyrischenReiche gewöhnlich rechnete, hat den Herbst des J. 312 v. Chr.
zur Epoche, in welchem Seleucus I. Nikator, nach dem Siege bei Gaza, Babylon in Besitz nahm. Diese Ära erhielt sich auch nach
dem Untergange des SyrischenReichs noch lange, war bei den Juden bis ins 11. Jahrh. in Gebrauch und ist
noch jetzt bei der kirchlichen Festrechnung der syr. Christen üblich. Neben ihr kamen später
in Syrien noch andere Ären auf,
darunter die namentlich in Antiochia angewandte Cäsarianische oder Antiochische, deren Epochenjahr = 49 v. Chr. ist, und die
Bostrenische (s. Bosra).
Die Diocletianische Ära, die mit dem Anfangstag des festen alexandrinischen Jahres (s.
Kalender), in welchem der röm. Kaiser Diocletian seine Regierung antrat (29. Aug. 284), beginnt und wegen der in ihr 19. Jahr
fallenden Christenverfolgung auch die Märtyrerära (Aera martyrum) genannt wird, wurde in Ägypten, dessen Verwaltung Diocletian
neu geordnet hatte, bis auf die Herrschaft der Araber als bürgerliche angewandt und ist noch bei den
Kopten und äthiop. Christen in kirchlichem Gebrauche.
Die spanische der Westgotenzeit beginnt 38 v. Chr. und dauerte bis in das 14. Jahrh.
Aus der neuern Zeit ist zu erwähnen die der Französischen Republik, deren Epoche der Stiftungstag der
Republik, war (s. Kalender). Litteratur s. Chronologie.
Bei den Japanern laufen vier verschiedene Jahrzählungen nebeneinander. Man rechnet einmal
nach Regierungsjahren der Kaiser, die mit dem auf die Thronbesteigung folgenden Kalenderneujahr beginnen, sodann nach sich
in fortwährendem Wechsel ablösenden Perioden
von einem bemerkenswerten Ereignis zu einem andern (Nengo), deren Dauer naturgemäß
großen Schwankungen unterliegt und sich nicht selten auf ein einziges Jahr reduziert, ferner nach den
von den Chinesen entlehnten 60jährigen Cyklen (s. China, Bd. 4) und endlich nach der erst neuerdings in Gebrauch
gekommenen, allein den Vorteil einer fortlaufenden Zählung bietenden Ära Nino, deren Anfang mit dem auf den Regierungsantritt
des Kaisers Jimmu Tenno folgenden Neujahrstag (18. Febr. 660 v. Chr.) zusammenfällt.
in die Feder diktierte, während er mit seinen Oden eine neue Ära der italienischen Lyrik eröffnete. Ihm würdig zur Seite steht der Lyriker Ippolito Pindemonte aus Verona (gest. 1828)
"Jugenderinnerungen", Lpz. 1893; Tl. 2: "Unter Nikolaus I. und Friedrich Wilhelm IV.", 1893; Tl. 3: "Die Anfänge der neuen Ara", 1894; Tl. 4: "Die ersten Regierungsjahre König Wilhelms I."
und kaum über die christliche Ära zurückzureichen (hrsg. von Haughton mit engl. Übersetzung, Lond. 1825, 2 Bde., von Deslongchamps mit franz. Übersetzung, Par. 1830-33, 2 Bde.; engl. von Burnell, Lond. 1884)
"Aramintha May". Als Humorist glänzt er in "Ormuzd und Ahriman", zeigt sich aber am liebenswürdigsten in seinen Volksschriften "Grimstahamas Nybygge", "Arbetets ära"
u. a. A. geriet 1851 in den Verdacht eines Vergiftungsversuchs an einem Wucherer, entzog sich aber der Untersuchung durch Flucht na ("Valda skrifter", 2. Serie, 4 Bde., Stockh. 1874–75; 1. Serie 1878)
11 Quellen wurden gefunden. Anzahl Quellen auf 30 begrenzen.