Titel
Ägina.
1)
Insel nahe der Ostküste der peloponnes. Landschaft
Argolis, im Saronischen
Meerbusen oder Golf von A.
gelegen, 86 qkm groß und durchaus gebirgig, besteht zum größten
Teil aus vulkanischen Gesteinen
(Trachyt), soll ursprünglich
Oinone oder Oinopia (nach dem
Weine, der neben Öl,
Mandeln und
Feigen das Haupterzeugnis des steinigen und magern
Bodens bildet)
geheißen haben, von
Aiakos (Äacus) aber, dem
Sohne des Zeus,
[* 2] für den dieser die bis dahin menschenleere
Insel mit dem aus
Ameisen geschaffenen
Volke der
Myrmidonen bevölkerte, zu Ehren seiner
Mutter, einer Tochter des Flußgottes
Asopos, Ägina
genannt worden sein. In ältester Zeit scheinen Phönizier dort gewohnt zu haben.
Nach der Einwanderung der Dorier in den Peloponnes nahmen Dorier von Epidaurus aus die Insel in Besitz. Nachdem sie um die Mitte des 6. Jahrh. v. Chr. das Abhängigkeitsverhältnis zu Epidaurus gelöst hatten, gelangte die Insel bald an Bevölkerungszahl, Macht und Reichtum zu einer fast beispiellosen Blüte. [* 3] Die Hauptbeschäftigung der Bevölkerung [* 4] war Handel und Schiffahrt; daneben auch Industrie (Fabrikation von Thonwaren, [* 5] Salben und Kurz- und Galanteriewaren) und Kunst, besonders Erzbildnerei (s. Äginetische Kunst).
Auch Münzen
[* 6] sollen in
Griechenland
[* 7] zuerst auf Ägina
geprägt worden sein. Die Macht und
Blüte der
Insel wurde durch die seit
dem Beginn des 5. Jahrh.
v. Chr. mit steigender Erbitterung von beiden Seiten geführten, nur durch die
Perserkriege unterbrochenen Kämpfe gegen
Athen
[* 8] gebrochen, die mit dem völligen
Verlust der Selbständigkeit für die
Insel
endigten (455
v. Chr.). 431
v. Chr. wurden sogar die einheimischen Bewohner der
Insel durch die
Athener
¶
mehr
vertrieben und die Insel mit athenischen Kolonisten (Kleruchen) besetzt. Nach dem Ende des Peloponnesischen Krieges führte der spartan. Feldherr Lysander die Überreste der alten Bevölkerung in ihre Heimat zurück, und die Insel war nun wieder ein selbständiger, freilich machtloser Staat. Eine Zeit lang war sie im Besitz der Macedonier, wurde dann von den Ätolern 210 v. Chr. erobert und an König Attalus verhandelt, mit dessen Erbschaft sie an die Römer [* 10] kam. Unter den byzant.
Kaisern gehörte sie zu dem «Thema» (Statthalterschaft) von Hellas, war im 12. Jahrh. ein Seeräubernest und kam nach der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer in den Besitz der Beherrscher von Athen, später an Venedig [* 11] und wurde 1537 durch die von Khaireddin Barbarossa geführte türk. Flotte erobert und seiner Einwohner beraubt. Sie bevölkerte sich erst allmählich wieder mit albanes. Kolonisten, wurde 1687 von dem venet. Admiral Francesco Morosini den Türken abgenommen, fiel aber bald wieder in die Hände derselben und blieb in deren Besitz bis zum griech. Freiheitskampfe. Jetzt ist sie eine Eparchie des griech. Nomos Attika-Böotien und hat (1889) 7137 E., Ackerbau, Töpferei und Schwammfischerei.
2) Hauptstadt der Insel Ägina
an der Westküste derselben, im Altertum teilweise an derselben Stelle wie das jetzige kleine Städtchen
Ägina
mit (1889) 4232 E., besaß zwei Häfen und eine Anzahl stattlicher
Heiligtümer. Unter der türk. Herrschaft hatten sich die Bewohner auf die obere Fläche eines 4 km östlich von der Stadt
gelegenen Felshügels zurückgezogen, der noch jetzt die verfallenen und verlassenen Häuser der sog.
Paläochora trägt; im Altertum lag hier eine Ortschaft Oie. Der Berg Oros trug im Altertum auf seinem Gipfel
einen Altar
[* 12] des Zeus Panhellenios, jetzt steht dort eine Kapelle des heil. Elias. Auf einem Hügel
oberhalb der jetzt nach der heil. Marina benannten Bucht der Ostküste stand 8 km entfernt von der jetzigen Hauptstadt ein
in dor. Stil aus Kalkstein erbauter, mit Skulpturen geschmückter Tempel
[* 13] der Athene,
[* 14] von dem noch stattliche
Überreste erhalten sind (s. Äginetische Kunst). -
Vgl. C. Müller, Aegineticorum liber (Berl. 1817).