Abfälle
oder Abgänge, in der Technik der Teil der Rohstoffe, der bei der Darstellung des Fabrikats ausgeschieden oder abgesondert wird und entweder ganz nutzlos oder nur zu irgend einer Nebennutzung brauchbar ist. Im strengern, freilich nicht immer festgehaltenen Sprachgebrauch wird zwischen Abgang und Abfall so unterschieden, daß Abgang jede infolge der Bearbeitung eintretende Verminderung des Stoffs bezeichnet, Abfall aber die wirtlich gesammelte abgegangene Substanz ausdrückt; so erleidet die Leinwand durch Bleichen einen sehr bedeutenden Abgang, ohne daß sich ein Abfallstoff dabei ergiebt.
Die Menge der Abfälle
erreicht oft einen sehr hohen Betrag, und es ist eine wichtige
Aufgabe der
Technik, durch eine zweckmäßige
Einrichtung der Fabrikationsprozesse die Abfälle
entweder zu vermindern oder nutzbar zu machen. Wie bedeutend bei
manchen Fabrikationen die Abfälle
sind, zeigt z. B., daß man aus 100 kg
Roheisen durch die
Arbeiten des Frischens und Ausschmiedens oder
Walzens nur 70-80 kg
Stabeisen gewinnt;
aus 100 kg Stabeisen 45-60 kg verkäuflichem Eisenblech;
aus 100 kg Stahldraht etwa 60 kg verkäufliche Nähnadeln;
aus 100 kg gewalzter Gold-, Silber- oder Kupferbleche 66-70 kg Platten zum Münzenprägen;
aus 1 cbm Holz [* 2] oft nur 0,5 cbm Fourniere;
aus 100 kg roher Baumwolle [* 3] gewöhnlich 70-80 kg Garn;
aus 100 kg roher, trockner Leinstengel 9-15 kg reinen, spinnbaren Flachs;
aus 100 kg roher Schafwolle (wie sie auf dem Körper des Tiers sitzt) 20-40 kg völlig rein gewaschene Wolle;
aus 100 kg leinener Lumpen 55-80 kg Papier.
Viele Abfälle
, die man früher nicht nutzbar verwenden konnte, werden jetzt verarbeitet.
So dienen früher als wertlos betrachtete wollene
Lumpen zur
Darstellung des Shoddy, aus dem neue
Stoffe,
Teppiche
u. dgl. gefertigt
werden. Aus den Seife enthaltenden Wassern der großen Wäschereien gewinnt man Fett. Die verbrauchten
Bäder
der Färbereien werden ausgenutzt zur
Darstellung der darin enthaltenen
Weinsteinsäure. Das Wasser der Wollwäschereien liefert
nach dem
Verdampfen und Calcinieren des
Rückstandes reichliche Mengen von wertvollem Kalisalz, namentlich
Pottasche von höchstem
Reinheitsgrade.
In der Sodafabrikation wurde die Gesamtmenge des Schwefels, der zur Darstellung des Hauptproduktes in großer Menge gebraucht wird, früher völlig verloren gegeben, während man ihn jetzt wiederzugewinnen versteht. Bei vielen metallurgischen Prozessen wird massenhaft schweflige Säure entwickelt, die früher in die Luft entwich, jetzt in Schwefelsäure [* 4] übergeführt wird. Die Hochofenschlacken dienen als Wegbaumaterial und zur Darstellung von Schlackenwolle und Ziegeln.
Als Dünger und Futtermittel werden die in der Landwirtschaft vielfach verwendet. Als Dünger dienen vorzugsweise die Tbomasschlacke der Eisenhütten, die gebrauchte Knochenkohle der Zuckerfabriken, der Leimfabriken, Gerbereien, Schlächtereien und Wollspinnereien (Wollstaub); als Futter die Ölkuchen verschiedener Gattung, Malzkeime, Rückstände der Stärkefabrikation, Brennerei, Brauerei, Rübenzuckerfabrikation u. dgl. -
Vgl. Simmonds, Waste Products (3. Aufl., Lond. 1876);
Süßenguth, Industrie der Abfallstoffe (Lpz. 1879);
Ferd. Fischer, Die Verwertung der städtischen und Industrie-Abfallstoffe (ebd. 1875).