Zuckerrüben
(Zuckerrunkel, Beta vulgaris rapacea saccharifera; engl. Sugar Beet-rave, White French Sugar B.; frz. betterave saccharifère, betterave blanche à sucre, blanche de Silésie), durch Kultur gewonnene Abart der Runkelrübe (Dickwurz, Mangold, Beißkohl, römisch. Spinat, Burgunderrübe, Rungkraut - Beta Cicla L., engl. Sicilian white Beet-Thick leaved B., frz. betterave de Sicilie, Unterart der Runkel, Beta; engl. Beet Root, frz. bette, betterave, poirèe, Gemüse und Futterpflanze, Garten- und Feldpflanze, angebaut in der Hauptform Mangold, B. vulgaris var. Cicla, von welcher die Blattrippen und Blattstiele, weiß, gelb, rot, ähnlich wie Spargel bereitet, gegessen werden (mit den Abarten Schnitt kohl und rote Rübe), und B. vulgaris var. rapacea, die Futter- und Zuckerrunkel, beide in vielen Varietäten gebaut. Die Futterrunkel bildet eine der wichtigsten Hackfrüchte für den Landwirt, weil sie, abgesehen von ihrer Bedeutung für die Winterfütterung, eine der besten Vorfrüchte für Winter und Sommergetreide ist; sie kann sehr viel Dünger vertragen und gibt durchnittlich bei guter Kultur 500 kg Ztr. (bei mehrmaliger ¶
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Düngung hat man schon bis 2400 kg Ztr. erzielt) an Wurzeln und bis 70 Ztr. Blätter, welche meistens ebenfalls, besonders in der Form von Sauerfutter, zur Fütterung dienen, zum Teil auch als Zigarrendeckblatt Verwendung finden, bei rationeller Kultur aber auf dem Felde zu Schaffutter oder zur Düngung verbleiben; bei Samenzucht erntet man, im zweiten Jahr, bis 12 Ztr. Samen, welcher hoch im Preise steht. Die R. wird meistens durch Vorsaat und Auspflanzung gezogen. Wesentlich anders ist die Kultur der Z. - Die Vervollkommnung der Z. zu Zwecken der Fabrikation gelang erst in Quedlinburg von 1824 an und seitdem kennt man die Z. als besondere Art in mehreren Varietäten.
Die besten sind: die schlesische weiße Z., birnförmig, mit festem Fleisch und grünem Kopf, am besten auf trocknem leichtem Boden, die Quedlinburger, für schweren Boden, spindelförmiger, Kopf rosafarben, die Imperial- oder Knauersche Z., weiß, weiß- und festfleischig, kleiner, schlank birnförmig, Kopf stumpf; die sibierische Z., die mährische oder Castelnaudory ^[richtig: Castelnaudary], die französische oder belgische (Vilmarins Z.), die wiener tellerförmige, die Czabayer Imperial, die Wanzlebener, die Schlanstädter, die Bestahornsche, die Erfurter (Büchnersche), olivenförmig, und andre Arten werden ebenfalls und besonders lokal gerühmt. - Gute Z. müssen einen möglichst großen Gehalt von Zucker haben, 7-15%, möglichst wenig Nichtzucker, besonders nicht viel, die Fabrikation störende, Salze, hauptsächlich im Boden wachsen (der an dem Lichte grün werdende Kopf kann nicht auf Zucker verarbeitet werden, ist also Verlust), möglichst glatt sein, keine Verästelungen, wenig und feine Seitenwurzeln treiben, im Fleisch dicht, hart, weiß sein und möglichst wenig Abfall geben. Diesen Anforderungen entsprechen die erstgenannten Arten am besten. Die Zucht von Samen guter Z. ist sehr lohnend und wird von Handelsgärtnern und auch von einzelnen Landwirten betrieben. - Der Anbau der Z. setzt die Vereinigung geeigneten Bodens, günstigen Klimas, leichten Bezugs, guter Arbeitskräfte, die Bedingungen zur damit zu verbindenden Viehmast, wegen der Verwertung der Abfälle, und die für großen Fabrikbetrieb voraus.
Die Z. kann wegen des größern Trockensubstanzgehaltes auch mit Vorteil zur Fütterung verwendet werden - Bedeutung dazu gegenüber der Futterrunkel etwa gleich 3:2 -;
sie kommt aber doch vorzugsweise nur da in Betracht, wo die Zuckerfabriken sich finden, da die Z. weiten Transport und im Winter solchen gar nicht verträgt;
Fabrik und Rübenbau müssen also zusammen liegen. In Deutschland ist die Magdeburger Ebene das Hauptgebiet, nächst diesem der Anbau noch bedeutend in Schlesien und um Braunschweig, in Österreich besonders in Böhmen und Mähren, in Frankreich in den Norddepartements, Lilie als Zentrum;
neuerdings beteiligen sich auch Belgien, Holland, Schweden, Rußland, selbst England und Amerika.
Die Z. wird vorzugsweise direkt ausgesät und zwar auf vorher sehr sorgfältig bearbeiteten und gut, richtig, nicht reichlich, durchdüngten Boden unter vorzugsweiser Berücksichtigung der Mineralstoffe, Kali in erster Linie; man ackert kleine Beete oder Kämme und sät auf diese, also reihenförmig, mittels besonderer Maschine oder mit der Hand, je 3-4, selten bis 8 Samen an eine Stelle, zusammen mit 8-12 kg, auf Kämme 9-15 kg, mit Maschinen bis 35 kg. Der Samen (-Knäuel) der Z. besteht aus einem festen Gehäuse, in welchem 3-6 Saatkörner, klein, bräunlich, in besondern Einzelfrüchten eingeschlossen sind. Zu besserer Keimung läßt man den Samen oft vorher quellen oder mischt ihn mit feinem Sande. 1 hl „Samen“ wiegt 25 kg im Durchschnitt;
100 kg werden zu 60-120 bis 190 Mk., je nach Jahrgang und Sorte, verkauft, Futterrunkel (Saatbedarf geringer) zu 70-100 und bis 140 Mk. -
Für den Fabrikanten kommt es darauf an, die Z. möglichst oft bauen zu können, die Bedingungen ihres Wachstums also vollständig zu beherrschen;
es ist jetzt gelungen, bis ⅓ des Areals unbedenklich mit Z. zu bebauen;
darüber hinaus zu gehen, ist im großen nicht rätlich, weil die zahlreichen Feinde der Pflanzen dann zu sehr überhandnehmen und der Anbau eine Zeitlang unterbleiben muß.
Hinsichtlich der Düngung und Bearbeitung gibt es keine Schwierigkeiten mehr. Der Rübenbauer braucht am meisten Handelsdünger und die besten Ackergerätschaften, verwendet am meisten Sorgfalt, mit Jäten, Verpflanzen, Behacken, Behäufeln etc., auf seine Felder und führt einen unablässigen Krieg gegen die Feinde aus der Tier- und Pflanzenwelt unter Aufwendung großer Kosten: Unkraut (Melden, Ackersenf etc.), Rost der Blätter, Herzfäule, Fäulnis durch den Wurzeltöter, Schwärze oder Rußthau, Blattdürre und eine, der Kartoffelkrankheit ähnliche Erkrankung, alle meist durch Pilze veranlaßt, Aaskäfer, schwarze, Moosknopfkäfer, Rübennematoden (nach manchen Ursache der Rübenmüdigkeit), Saatschellkäfer, nebliger Schildkäfer, Kohl-, Wintersaat- und Ypsilon-Eule, Runkelfliege und Engerlinge sind die wesentlichsten Feinde, welche die Z. bedrohen.
Der Zuckergehalt wird außerdem wesentlich durch die Witterung bedingt und kann deshalb der Ertrag sehr bedeutend nach Jahrgängen schwanken. Man rechnet durchschnittlich 235-260 kg Ztr. und meist nicht über 350 Ztr. Die Blätter kommen als Ertrag meist gar nicht in Betracht. Da die Z. 7-15% (meist nur bis 14%) Zucker enthalten können, so sind als Zuckerernte 235 × 7% = 1645 bis 260 × 15% = 3900 kg denkbar. Die Ernte findet so spät als möglich statt, die Aufbewahrung jetzt nur noch in Erdmieten.
Zur Samenzucht werden, wie bei allen ähnlichen Gewächsen, die schönsten, am gleichmäßigsten gewachsenen, unverletzten, aber nicht über 1 kg schweren Rüben bestimmt, bei der Ernte sofort ausgeschieden, auf den Zuckergehalt geprüft und zum Überwintern dadurch hergerichtet, daß die Blattrosetten ausgedreht oder 5 cm über dem Kopfe abgeschnitten werden, ohne Verletzung der Herzknospe; die Rüben kommen dann im Keller in ein Sandbett und werden im Frühjahr, etwa im April, in gartenmäßig bearbeitetes, besonderes Feld unter einer Auspflanzung mit bis 1 □ m Raum für ¶
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jede Pflanze gebracht. Die weitere Behandlung im Felde betrifft das Beinhalten, Lockern, Behäufeln und Anbinden der Stengeltriebe mit dem Samen, welchen man erntet, sowie die Fruchtknäule gebräunten Samen zeigen. Man schneidet mit hoher Stoppel und läßt auf dieser die Nachreife und das Trocknen sich vollziehen; gewonnen wird der Samen im Winter bei Kälte durch Ausdreschen. Bei sehr wertvollen Sorten pflückt man den Samen mit der Hand. Ertrag 5 bis 10 kg Ztr. -
Die Z. sind nur selten Gegenstand des Verkaufs für Händler, da die Fabrikanten sich den Bedarf durch Akkorde mit den Landwirten sichern und diesen die Abfälle zurückgewähren, zum Teil auch Selbstzucht betreiben; soweit die Fabriken Aktienunternehmen sind, werden die Landwirte auch mit Aktien zu beteiligen gesucht und gibt es dann etwas ermäßigte Verkaufspreise. Meist löst dann der Landwirt 1,50-2 Mk. für 1 Ztr. Für den Handel kommt aber der Samen in Betracht, soweit nicht wiederum Selbstzucht stattfindet;
zum Teil liefern die Handelsgärtner das Saatgut und dann meist nur von besten Sorten, für welche die oben angegebenen höchsten Preise gelten;
viel kann aber auch bei einzelnen Landwirten aufgekauft und anderwärts mit Vorteil verkauft werden;
der Landwirt löst selten über 160 Mk. für 100 kg. -
Im Jahre 1879 waren in Deutschland 1725946 ha mit Z. bestellt und gaben 44881787 m. Ztr. Futterrunkel gab es 330902,1 ha mit 74431771 m. Ztr. Ertrag, zu Samen waren 4124,6 ha bestellt und gaben 79284 m. Ztr. Ein- und Ausfuhr kommen für Rüben nicht in Betracht.
Österreich diesseits erbaute 25367819 m. Ztr. Z. und 14141841 Ztr. Futterrunkeln. Frankreich bestellt etwas über 370000 ha mit Rüben, deren Ernte zu 271,6 Mill. Frcs. veranschlagt wird. An Z. rechnet man 420-800 m. Ztr. pro ha; im ganzen baut man etwa 118,2 Mill. Ztr., durchschnittlich zu 2,15 Frcs. oder zusammen für 252,6 Mill. Frcs. Z. (1874). Diese werden dort auch viel zu Rübenspiritus verarbeitet. Anbau dazu 4300 □km, Erzeugnis über 800000 hl. Fernere Angaben sind: Niederlande an 6000 ha, Belgien über 18000 ha, Rußland 3293 Mill. kg. Das deutsche Erzeugnis ist von 1840 mit 241,5 Mill, kg, im Jahre 1879 auf 4847,9 Mill, kg Rüben gestiegen. - Z., frische oder gedarrte, zollfrei.