Ovidius
,
Publius Ovidius.
Naso, röm. Dichter, geb. 43
v. Chr. in Sulmo (Sulmona), einer wohlhabenden
Ritterfamilie angehörig, erhielt die sorgfältigste Ausbildung in der Rhetorenschule zu
Rom.
[* 2] Seine
Lehrer waren Porcius Latro
und Arellius Fuscus. Seine
Bildung vollendete Ovidius
auf
Reisen und lebte dann in
Rom in den glücklichsten Verhältnissen im Verkehr
mit der Augusteischen Familie und seinen Freunden, bis er im J. 9 n. Chr.
von
Augustus aus nicht genügend aufgeklärten
Gründen nach der kleinen Stadt
Tomi (beim heutigen Küstendže) am
Schwarzen
Meer, in ein Land mit barbarischer
Bevölkerung,
[* 3] fremder
Sitte und
Sprache,
[* 4] verbannt ward, wo er bis an seinen im J. 17 n. Chr.
erfolgten
Tod bleiben mußte.
Ovidius
'Dichtungen zeigen weder idealen Schwung noch tiefere, ernstere Empfindung; aber Ovidius
ist pikant, witzig und
geistreich, er beherrscht meisterhaft die Form. Die meisten seiner Werke sind noch vorhanden. Zu diesen gehören zunächst
«Epistolae» oder «Heroides», 21
Briefe von Heroinen und Heroen an ihre fernen Geliebten (aber nur die 14 ersten
Heroinenbriefe rühren sicher von Ovidius
her); ferner in derselben Form des Distichons
«Amores» (3
Bücher),
eigentliche Liebeselegien. Am vollendetsten in der Form ist die «Ars amandi» («Ars amatoria»),
die Kunst zu lieben (in 3 Büchern),
und gewissermaßen
dazu gehörig: «Remedia amoris»
(Mittel gegen die Liebe) und «Medicamina faciei»
(Toilettenvorschriften). Das bekannteste und gelesenste Werk Ovidius'
sind jedoch die
«Metamorphoses» («Verwandlungen», in 15
Büchern),
in welchen die auf Verwandlungen bezüglichen Fabeln der griech. und ital.
Mythologie zu einem freilich losen Ganzen verbunden werden, das schließlich in die
Vorgeschichte des Julischen Hauses und
deren Verherrlichung ausläuft.
Den «Metamorphosen» zur Seite treten die unvollendeten «Fasti» (6 Bücher) in Distichen, ein fortlaufender poet. Kommentar des röm. Kalenders, der je in einem Buche die Erklärung der Feste eines Monats, ihre Mythen, Gebräuche u. s. w. giebt. Weniger stoffliches Interesse haben die in der Verbannung geschriebenen «Tristia» (Trauerlieder, 5 Bücher) und «Epistolae ex Ponto» (4 Bücher),
die durch Einförmigkeit des
Inhalts
ermüden. Auch werden dem Ovidius
zum
Teil mit Unrecht einige kleinere, ganz oder teilweise erhaltene Gedichte
(«Ibis», «Halieutica»,
«Nux» u. a.) zugeschrieben. Ein
Trauerspiel
«Medea» ist verloren.
Seit den ersten Ausgaben (Rom 1471; Bologna 1471) sind zahllose Gesamt- und Einzelausgaben erschienen. Die wichtigern sind die der gesamten Werke von N. Heinsius (3. Ausg., Leid. 1661),
Merkel (3 Bde., 2. Ausg., Lpz. 1873-75; neu bearb. von Ehwald, Bd. 1, ebd. 1888) und Niese (3 Bde., ebd. 1871-74), der «Heroides» von Sedlmayer (Prag [* 5] 1886),
der «Carmina amatoria» von L. Müller (Berl. 1861),
der «Metamorphoses» von Korn (ebd. 1880) und mit Erklärung von Haupt, Korn und H. J. Müller (Bd. 1, 7. Aufl., ebd. 1885; Bd. 2, 2. Aufl. 1881),
der «Fasti» von Peter (3. Aufl., Lpz. 1889). Übersetzungen sämtlicher Werke von Lindeman (mit lat. Text, 6 Bde., ebd. 1853-67) und in den beiden Stuttgarter Sammlungen (Metzler, 19 Bde., 1833-74, und Hoffmann, 3 Bde., 1858-76).