Titel
Erdkunde
[* 2]
(Erdbeschreibung,
Geographie) beschäftigt sich als eine selbständige
Wissenschaft mit
der Erforschung der
Erde, vorzugsweise der Erdoberfläche, nach ihrer stofflichen
Zusammensetzung (Land,
Wasser,
Luft, Organismen),
Form und Formänderung unter der Einwirkung der in ihr und über ihr wirkenden und untereinander in
Konnex stehenden
Kräfte.
Eine allgemein angenommene kurze Begriffsbestimmung der Erdkunde
läßt sich übrigens heute noch
nicht geben, da unter den Geographen selbst die
Ansichten über
Begriff und
Ziel der noch auseinander gehen.
Diese Unfertigkeit der
Anschauungen hat sogar
Gelehrte, die außerhalb der
Geographie stehen, zu dem übereilten
Urteil geführt,
die Erdkunde
sei überhaupt keine selbständige
Wissenschaft. Es ist indes nicht schwer, nachzuweisen, daß
die den Anforderungen an eine selbständige
Wissenschaft insofern durchaus entspricht, als sie sowohl ein eignes ihr allein
zukommendes Forschungsobjekt besitzt, als auch nach einer eignen Forschungsmethode arbeitet. Dieser Nachweis soll zunächst
im folgenden kurz geführt werden.
Außer vielleicht für die Mathematik, sind für keine andre Wissenschaft scharfe Umgrenzungslinien aufzustellen; jede Wissenschaft hat mehr oder weniger ausgebreitete Grenzgebiete, die von verwandten Wissenschaften ihr streitig gemacht werden. Am meisten gilt dies von der Geographie, und gerade deren mannigfache Berührung mit den beschreibenden Naturwissenschaften, der Astronomie, [* 3] der Physik, der Geschichte, der Nationalökonomie, sogar der Sprachwissenschaft, hat zu dem verkehrten Urteil geführt, sie entbehre überhaupt eines ihr ausschließlich zukommenden Forschungsobjekts.
In der That aber besitzt sie ein solches in der Erdoberfläche. Keine einzige unter den andern Wissenschaften macht auf dieses Objekt Anspruch; die Geologie [* 4] oder die Nationalökonomie empfangen die Kenntnis der Erdoberfläche, so wie sie dieselbe brauchen, erst aus den Händen der Geographie. Der Geograph faßt nun die Erdoberfläche nicht rein mathematisch als bloße Begrenzungsfläche der festen Erdkugel (Lithosphäre), sondern er sieht in ihr etwas Stoffliches, insofern er die zweifache Umhüllung der Erde ihr zurechnet, nämlich erstens die flüssige Erdhülle (Hydrosphäre), welche in Gestalt der Meere, Seen und Flüsse [* 5] der Lithosphäre eingesenkt ist, und zweitens die gasförmige Erdhülle oder Atmosphäre, welche die Hydrosphäre überall und die von der letztern unbedeckt gelassenen Teile der Lithosphäre überlagert.
Auf die Erforschung dieser beiden
Hüllen erhebt keine andre
Wissenschaft Anspruch, sie bilden, neben der festen
Erdrinde, den
integrierenden Forschungsstoff der Erdkunde.
So ergibt sich von selbst eine Zergliederung des nur
der
Geographie zukommenden
Stoffes nach den drei Planetenteilen:
1) Meteorologie, als Lehre [* 6] von der Atmosphäre;
2) Hydrographie, die Hydrosphäre behandelnd, wovon die Ozeanographie (Meereskunde) ein Hauptteil ist;
3) die Festlandskunde, welche sich auf die trockne Erdoberfläche oder
Lithosphäre bezieht. Erstere beide geographische
Disziplinen
setzen eine erhebliche Kenntnis der
Gesetze der
Physik voraus, wie man sie geradezu kurzweg, aber einseitig,
als Anwendung der
Lehren
[* 7] der
Physik auf die Zustände und Vorgänge in der
Atmosphäre, bez. Hydrosphäre definiert hat. Die
letztere bietet innige Berührungspunkte mit der
Geologie, insofern als das Verständnis der Entstehung gewisser Erdoberflächenformen
erst nach Kenntnis des innern
Baues gewonnen wird. Davon später mehr. Eine weitere Ergänzung findet
der Arbeitsstoff der Erdkunde
darin, daß die Erdoberfläche die Rindenschicht eines
Gestirns ist, dessen Zugehörigkeit zum Planetensystem
[* 8] jene der Einwirkung gewisser
¶
mehr
astrophysischer Kräfte unterwirft. Doch ist dieser Teil der Erdkunde
fast ganz in die Hände der rechnenden und messenden Astronomie
übergegangen und erscheint als astronomische Geographie (fälschlich mathematische genannt) meist nur mit seinen elementarsten
Ergebnissen in den Lehrbüchern der Erdkunde.
Dennoch sind namentlich die Beziehungen der Erdoberfläche zur Sonne
[* 10] (Erwärmung) und
zum Mond
[* 11] (Gezeiten) so tiefgreifend, daß kein Geograph umhin kann, sie aufmerksam zu studieren.
Teilkörper der Erdoberfläche sind nun aber auch die Organismen: Pflanzen, Tiere, Menschen; demgemäß gehören sie nach obiger Definition in den Bereich der Geographie. Eine Kollision mit der Botanik, der Zoologie, der Anthropologie ist ausgeschlossen dadurch, daß der Geograph diese organischen Objekte nach einer ihm eigentümlichen Methode untersucht. Der Botaniker und Zoolog beschreibt und klassifiziert die Pflanzen und Tiere, der Geograph aber untersucht die Verbreitung dieser so fixierten Arten, Gattungen, Familien auf der Erdoberfläche.
Die sogen. Pflanzengeographie und Tiergeographie, wohl auch zusammengefaßt als biologische Geographie, sind ursprünglich Teile der Geographiegewesen, die sich indes aus praktischen Gründen der Arbeitsteilung mehr und mehr zu selbständigen Disziplinen entwickelt haben. Kein Botaniker oder Zoolog wird sie fördern können, wenn er nicht bei der Geographie in die Schule gegangen ist; die Kenntnis der Klimatologie, der Meeresströmungen, [* 12] des Reliefs der Erdoberfläche sind beiden unentbehrlich.
Auch der Mensch ist zu den Organismen zu rechnen, welche die Erdoberfläche bewohnen; er ist geradezu der Erdoberflächenbewohner
par excellence. Mit der Klassifikation der Menschen nach ihren körperlichen Merkmalen befaßt sich die Anthropologie, nach sprachlichen
Merkmalen die Ethnographie.
[* 13] Aber die innigen, teilweise freilich dunkeln Beziehungen zwischen den natürlichen Bedingungen
der Erdoberfläche und der Geschichte, namentlich der Kulturgeschichte, der Menschheit bilden ein wiederum speziell der Erdkunde
zugewiesenes
Gebiet.
Karl Ritter stellte diesen Gesichtspunkt, den man schon bei Strabon angedeutet findet, so in den Vordergrund (z. B. schon im Titel
seines Hauptwerkes: »Die Erdkunde
im Verhältnis zur Natur und zur Geschichte des Menschen«),
daß lange Zeit
hindurch in der Aufdeckung dieser Beziehungen ganz unberechtigterweise die wissenschaftliche Hauptaufgabe der Erdkunde
gefunden
wurde, wie man, noch dieser Ansicht folgend, an den Schulen vielfach die Geographie als einen nebensächlichen Anhang der Geschichte
behandelt. Es ist nun gerade diese Frage, wie weit das sogen. historische Element in der Geographie zum
Ausdruck gelangen dürfe, ein Hauptpunkt der methodologischen Kontroverse unter den modernen Geographen.
Nur wenige derselben erblicken darin noch den Gipfelpunkt geographischer Forschung; einige werfen diese Aufgaben gänzlich aus der Geographie hinaus und betrachten also diese lediglich als eine Naturwissenschaft, die Mehrzahl aber, darunter die Führer der Geographen in Deutschland, [* 14] huldigen der dualistischen Ansicht von zwei gleichberechtigten Richtungen, indem sie nicht nur physikalische Geographie lehren, sondern daneben auch der Kulturgeographie oder nach Ratzel besser Anthropogeographie (früher brauchte man wohl auch das leicht mißzuverstehende »historische Geographie«) eine Stätte anweisen.
Den Dualisten ist übrigens außer Karl Ritter (vgl. das obige Citat) auch Oskar Peschel zuzurechnen, den
man mit Unrecht einen Gegner des erstern nannte, da er doch selbst sagt: »Die
wissenschaftliche Erdkunde
betrachtet die Erdoberfläche als einen Raum, auf dem sich eine Fülle von Erscheinungen nach bestimmten
Gesetzen abspielt, und als Wohnplatz des Menschen«. Peschel, dessen eigne methodologische Ansichten übrigens
keineswegs abgeklärte waren, bekämpfte nur Übertreibungen der Ritterschen Schule. Ein System der anthropischen Geographie
hat aber erst Friedrich Ratzel in unsern Tagen gegeben (s. unten). Immer bleibt auch hier das Kriterium zwischen Geographie und
Geschichte: die Beziehungen zur Erdoberfläche aufzusuchen.
Auch in den Mitteln, durch welche die wissenschaftliche Erdkunde
das von ihr zu bearbeitende Material gewinnt,
liegt etwas sehr Charakteristisches. Zwar sind es an und für sich keine andern als die der Naturwissenschaften, nämlich Messung
und Beobachtung; aber die Art ihrer Anwendung auf die Erdoberfläche bildet ein Merkmal geographischer Methode. Die Messung
der Erdoberfläche führt zur Bestimmung der Gestalt der Erde, zu ihrer Überspannung mit einem Gradnetz.
Zur Fixierung eines Objekts auf der Erdoberfläche gelangt man durch Messung seiner drei geographischen Koordinaten:
[* 15] geographische
Breite,
[* 16] geographische Länge und vertikale Höhe über dem Meeresspiegel.
Die Resultate dieser Messungen gelangen zum Ausdruck in der Karte. So wird denn die Karte, weil sie die Orientierung unter den Objekten der Erdoberfläche bezweckt, das entschiedenste Charaktermerkmal der Geographie. Keine andre Wissenschaft zeichnet von sich aus Karten, die Geographie übergibt sie z. B. der Geologie oder der Statistik zur Benutzung oder zu speziellen Eintragungen aus der geographischen Grundlage. Zu des Ptolemäos Zeiten war es möglich, Geographie (wörtlich: graphische Darstellung der Erde) geradezu als Kartographie zu definieren, und noch heute sind die geographischen Werke der Chinesen nach Richthofen nichts andres als gesprochene Karten, insofern sie über eine trockne Statistik in Namen-, Zahlen- und Maßangaben etc. wenig hinausgehen, das Moment der Schilderung mehr oder weniger und die gedankliche Kombination der geographischen Elemente fast gänzlich vermissen lassen.
Die kartographische Abbildung aller Teile der Erdoberfläche in möglichst getreuer Gestalt ist darum die fundamentalste aller Aufgaben der Geographie, und der Geodät oder militärische Topograph, welcher diese (einen großen mathematischen Apparat erfordernden) Arbeiten da ausführt, wo es sich um die Herstellung von Kartenbildern in der exaktesten und subtilsten Form handelt, arbeitet bewußt als Diener der Geographie. Für den größten Teil der Erdoberfläche indes beruhen unsre Karten auf den unmittelbaren Aufnahmen geographischer Reisenden.
Auch das zweite Mittel, die Beobachtung, findet in der Geographie eine charakteristische Anwendung. Der Geograph beobachtet die in der Natur gegebenen Objekte und Vorgänge in der Absicht, ihre Beziehungen zur Erdoberfläche aufzusuchen. Freilich sind es dieselben Objekte, welche auch die Naturwissenschaften beobachten; der Geograph aber tritt all diesen Objekten mit dem einen oben genannten Gesichtspunkt gegenüber, der für andre Wissenschaften nicht obligatorisch ist. Je mehr die Naturwissenschaften die Kenntnis ihrer Objekte fördern und vertiefen, um so mehr kann dann auch der Gesichtspunkt des Geographen diesem eine Vervollkommnung seiner Auffassungen, eine schärfere Klarstellung der kausalen Beziehungen zur Erdoberfläche, ermöglichen. Am klarsten zeigt sich dies im Verhältnis zur Geologie. Die Hauptaufgaben dieser Schwesterwissenschaft der Geographie ¶
mehr
beruhen einmal auf der wissenschaftlichen Erforschung der Stoffe, aus denen die feste Erdrinde besteht, was zur Mineralogie, Petrographie und sogen. Bodenkunde führt; anderseits in der Aufstellung sogen. Formationen, deren Altersunterschiede durch die Fossilien bestimmt sind. Während diese genannten Bestrebungen ausschließlich dem Geologen zufallen, ist die sogen. dynamische Geologie, welche von den Kräften handelt, die das Relief der Erdoberfläche umformen, ein gemeinsames Arbeitsfeld der Geologie und Geographie.
Der Geolog untersucht die Tektonik der Gebirge, der Hoch- und Tiefebenen und führt die Züge des innern Baues derselben zurück auf Faltungen, Verwerfungen etc. der Schichten oder erkennt vulkanische Durchbrüche der Erdrinde; danach stellt er seine verschiedenen Dislokationstypen auf. Die Modifikationen aber dieser gewissermaßen im Rohen erkannten Formen durch die äußern Kräfte der Verwitterung oder Erosion [* 18] wird der Geograph vielleicht gründlicher untersuchen können, weil ihm die hier maßgebenden Einwirkungen der klimatischen Bedingungen geläufiger sind als dem Geologen.
Wenn man gemeint hat, der Geograph solle alle Reliefänderungen, die sich nachweisbar erst seit historischer Zeit vollzogen haben, studieren, dem Geologen aber die vorhistorischen überlassen, so wird man praktisch auf die größten Schwierigkeiten stoßen, da viele Teile der Erdoberfläche das Gepräge ihres Reliefs, so wie es heute vorliegt, in den Grundzügen schon vor der Diluvialzeit, ja manche schon in vortertiärer Zeit empfangen haben. Die Altersgrenze, bis zu welcher die Geographie zurückgehen darf, wird also von Fall zu Fall eine andre sein. Je mehr die geologischen Detailkenntnisse von den einzelnen Ländern durch die geologischen Landesaufnahmen sich vertieft haben, um so klarer und schärfer konnte auch der Geograph seine Formentypen des Reliefs bestimmen.
Dana, Sir Charles Lyell und Eduard Süß sind vielleicht diejenigen Geologen, welche am meisten der modernen Geographie zu einer wissenschaftlichen Vertiefung der Morphologie der Erdoberfläche verholfen haben. »Das Beobachtungsmaterial, welches der Geograph zu verwerten hat«, sagt Richthofen, »ist unendlich groß, da sein Arbeitsfeld die Erdoberfläche umfaßt und sich über alle Naturreiche erstreckt. Er gewinnt es ebenso durch die eingehendste Untersuchung der kleinsten Erdlokalität wie durch den vergleichenden Überblick weiter Erdräume, ebenso durch das Studium der Natur wie durch die philosophische Betrachtung des Kartenbildes. Wie die Biene [* 19] aus tausend verschiedenen Blütenkelchen den Honig sammelt und nur diesen Bestandteil aus denen, welche sie vorfindet, zu entnehmen versteht, so liegt es ihm ob, neben seinen eignen Untersuchungen diejenigen Beobachtungen und Thatsachen aus den verschiedensten Wissensgebieten zu entnehmen und anzusammeln, welche eine Beziehung zu seinem leitenden Gesichtspunkt erkennen lassen.«
Handelt es sich um die systematische Ordnung des so angesammelten Stoffes, so bieten sich dafür zwei Methoden dar:
1) Ordnung nach den Erdräumen: spezielle Geographie;
2) Ordnung der Objekte und Erscheinungen unabhängig von den Erdräumen zu Kategorien: allgemeine Geographie.
Die Erdoberfläche tritt dem Beschauer der Karte zusammengesetzt aus Teilräumen entgegen. So unterscheidet man die fünf Erdteile, man unterscheidet im Bereich eines jeden dieser Erdteile wieder Abgliederungen als Inseln, Halbinseln oder einzelne Reiche und Länder. Der Teilraum Großbritannien [* 20] ist ein scharf umschriebenes »geographisches Individuum« (Ritter) mit nur ihm allein zukommender geographischer Breiten- und Längenausdehnung, Küstenkonfiguration, Anordnung der Erhebungen, Klima, [* 21] Vegetation, allgemeiner wirtschaftlicher Ausstattung, Bevölkerung [* 22] etc.; alles, in dieser Kombination nur einmal aus der Erdoberfläche vorhanden, gibt das geographische Individuum Großbritannien. So ist es mit Spanien, [* 23] so mit Kalifornien etc. Die Beschreibung dieser Teilräume der trocknen Erdoberfläche gibt in systematischer Zusammenstellung die Chorographie oder Länderkunde (auch politische Geographie genannt), welche bei der Fülle des Stoffes indes überall nur das Charakteristische und das Einflußreiche, vom spezifisch geographischen Gesichtspunkt aus, berücksichtigen sollte, leider aber meist mit statistischem Ballast überladen wird.
Die allgemeine Geographie hat es sicherlich mit denselben Objekten zu thun, ja thatsächlich empfängt sie dieselben aus den Händen der speziellen Geographie; aber sie zergliedert den Stoff nach seinen Elementen und faßt diese nach Kategorien von Objekten und Erscheinungen ohne Rücksicht auf die einzelnen Erdräume zusammen. Die spezielle Geographie kennt nur einzelne Gebirge oder Gebirgssysteme, z. B. die Alpen, [* 24] die Pyrenäen, den Himalaja, die Andes. Die allgemeine Geographie sucht die gemeinsamen Merkmale dieser Einzelobjekte zusammenzufassen zu einem geographischen Begriff Hochgebirge, dem sowohl gewisse gleichartige Züge im innern Bau und äußern Relief und in den Dimensionen als auch einige klimatische und biologische Kennzeichen zukommen.
Die allgemeine Geographie schafft also Typen, Kategorien, Begriffe. Dabei richtet sie ihre Blicke »auf das Erdganze und auf die Erdoberfläche in ihrer Gesamtheit und untersucht die allgemeinen Gesetze des örtlichen Vorkommens der einzelnen Kategorien oder Typen von Erscheinungsformen« (H. Wagner),
oder, wie Karl Ritter 1818 es ausdrückte: »Allgemein wird diese Erdbeschreibung genannt, nicht weil sie alles zu geben bemüht ist, sondern weil sie ohne Rücksicht auf einen speziellen Zweck jeden Teil der Erde und jede ihrer Formen, liege sie im Flüssigen oder auf dem Festen, im fernen Weltteil oder im Vaterland, sei sie der Schauplatz eines Kulturvolkes oder eine Wüste, ihrem Wesen nach mit gleicher Aufmerksamkeit zu erforschen bemüht ist, denn nur aus den Grundtypen aller wesentlichen Bildungen der Natur kann ein natürliches System hervorgehen«.
Es mag hier eingeschaltet werden, daß die sogen. vergleichende Erdkunde
keinen
besondern Zweig der Geographie bildet. Karl Ritter, der dieses Epitheton seiner allgemeinen Geographie beifügt, dachte damit nur,
wie F. Marthe bewiesen hat, einen generellen Ausdruck für sein tief wissenschaftliches Streben zu geben. Er wollte den Vergleich
nicht als Zweck, wie man ihm fälschlich vorgeworfen hat, sondern als Mittel zur Auffindung örtlicher
Gesetze des Erscheinens der Naturdinge; er hat die Erdoberflächenobjekte verglichen nach Form, Lage und Größe, sowohl um
dabei das Charakteristische als das Wirkungsvolle (letzteres namentlich in Bezug auf das Menschengeschlecht) zu finden; mit
Vorliebe verglich er aber die Zustände eines und desselben Erdraums in verschiedenen historischen Zeiten.
In dieser Vielartigkeit seiner Vergleiche liegt der Hauptbeweis dafür, daß er nur eine wissenschaftliche Vertiefung der
Erdkunde
überhaupt damit anstrebte. Neuerdings hat Oskar Peschel auf Grund einer Reihe von morphologischen Untersuchungen geglaubt,
eine besondere vergleichende Erdkunde
geschaffen zu haben. Die von ihm als vergleichende bezeichnete
¶
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Erdkunde
,
[* 2] s. Geographische Litteratur. ^[= Mehr als je haben wir uns in unserm Bericht über die neuesten Erscheinungen auf dem Gebiete ...]