Sehr viel Branntwein wird aus hochgradigem
Spiritus
[* 7] durch Verdünnen mit
Wasser gewonnen, und man erhält ein fuseliges
Produkt bei
Anwendung von 80-82proz.
Spiritus, während 90-94proz.
Spiritus das
Material zu den feinern Branntweinen, den
Likören (s. d.)
etc., gibt. Neben dem Branntwein aus stärkemehlhaltigen Rohmaterialien spielen die Branntweine
aus zuckerhaltigen
Früchten eine große
Rolle. Man verarbeitet Äpfel und
Birnen in der
Normandie und in
Württemberg,
[* 8] wo man
aus diesen Obstsorten hauptsächlich
Obstwein darstellt, auch aus Branntwein. Aus
Wald- oder
Vogelkirschen erhält man den Kirschbranntwein
(Kirschgeist), der vorzüglich in
Dalmatien, in der
Schweiz
[* 9] und in den württembergischen
Alpenthälern
bereitet wird und von einem Zusatz zerstoßener Kirschkerne bei der
Gärung einen angenehmen
Geschmack nach bittern
Mandeln
erhält.
Zwetschen und Pflaumen liefern den Zwetschen- oder Pflaumenbranntwein, auch Kätsch, in
Ungarn Sliwowitza oder
Slibowitz, in
Slawonien Raky oder Racky genannt. Er wird in verschiedenen Gegenden
Deutschlands,
[* 10] besonders in
Franken,
außerdem aber hauptsächlich in
Slawonien und
Ungarn gebrannt und hat einen lieblichen reinen
Geruch und
Geschmack. Heidelbeeren
werden in manchen
Jahren auf dem
Schwarzwald in größerer
Menge gesammelt und auf Branntwein verarbeitet, ebenso Himbeeren,
Brombeeren,
Stachelbeeren, Holunderbeeren, in
Böhmen
[* 11] Vogelbeeren, inUngarn Wacholderbeeren und in der
ProvenceFeigen,
welche einen sehr feinen Branntwein liefern, in Südeuropa wilde Maulbeeren, Johannisbrot, Kaktusfeigen.
Wein liefert bei der
DestillationKognak,
Armagnak etc., gegorner Zuckerrohrsaft Tafia, gegorne Zuckerrohrmelasse
Rum und gegorne
Milch Arka oder Arsa der
Kirgisen.
Die Geschichte des Branntweins beginnt mit der
Erfindung derDestillation, welche den Arabern zugeschrieben
wird. Der arabische
Arzt Abul Kasim in
Cordova (gest. 1106
n. Chr.) spricht mit großer
Bestimmtheit vom gebrannten
Wein. Im
Abendland
lernt zuerst
RaimundLullus die Branntweinbereitung teils aus den
Schriften der Araber, teils auch aus eigner
Anschauung während
seiner
Reisen in
Afrika
[* 12] kennen. Im 14. Jahrh. soll ein glückliches Weinjahr die Veranlassung
größerer Branntweinmengen in
Modena gewesen sein.
Man trank damals den Branntwein noch sehr selten, benutzte ihn dagegen öfters als Arznei, so besonders gegen die
Pest und andre Infektionskrankheiten. Auch in
Irland diente Branntwein als Arznei, und er scheint dort auch, wie das
Opium bei
den
Türken, zur Stärkung des Heldenmuts angewandt worden zu sein. Diese
Annahme wird durch das
Beispiel eines
Heerführers,
NamensSavage, bestätigt, welcher 1350 lebte: derselbe ließ jedem seiner
Soldatenvor derSchlacht einen mächtigen Trunk Branntwein reichen.
Erst gegen das Ende des 15. Jahrh. wurde das Branntweintrinken allgemeiner.
MichaelSavonarola (gest. 1431)
verfaßte eine ausführliche
Schrift über den und lehrte unter anderm die
Prüfung des Branntweins und
Weingeistes auf den
Gehalt an
Alkohol mittels Papierstreifen. In
Schweden
[* 13] war der Branntwein zu Ende der
RegierungGustavs I. als
Arzneimittel im
Gebrauch,
wurde aber erst zu Ende des 16. Jahrh. allgemeines
Getränk. In Rußland bediente man sich des Branntweins
schon Anfang des 16. Jahrh. als eines allgemeinen
Getränks, in geringerm
Grad als eines
Arzneimittels; zu Ende desselben
Jahrhunderts
waren die
Russen dem Branntwein schon so ergeben wie heutzutage.
Der
NameAqua vitae scheint aus
Spanien
[* 14] und
Italien
[* 15] zu stammen, wo der Branntwein als
Acqua vite oder
Acqua di vite,
Wasser der Weinrebe, bekannt war. Da die Klöster die Sitze und die Pflegestätten der
Wissenschaft sowie die ersten Bereitungsstätten
der Arzneien waren, so liegt es nahe, wenn man vermutet, daß dort der
AusdruckAcqua vite in das lateinische
Aqua vitae übersetzt
worden und daraus die später allgemeinere Bezeichnung
Lebenselixir entstanden sei. Im 17. Jahrh. kamen
die Branntweine aus Baumfrüchten,
Beeren und
Cerealien immer allgemeiner in
Gebrauch, und schon 1747 beschrieb C. Skytte das
Verfahren, Branntwein aus
Kartoffeln zu erzeugen. Sehr förderlich für die Ausbreitung des Branntweins in
Deutschland war der
¶
KeineFlüssigkeit wurde in dem Maß verdammt, gegen keine mit solchem Eifer aufgetreten wie gegen den Branntwein; dieser galt für die
Ursache der meisten Verbrechen und Laster, er war ein Trank der Hölle, eine Erfindung des Teufels; Mäßigkeitsgesellschaften,
kirchliche Missionsvereine, Traktätchen, Erbauungsschriften etc. bekämpften ihn. Die Neigung, namentlich des ärmern, schlecht
genährten Mannes, Branntwein zu trinken, läßt sich aber auf ganz bestimmte physiologische Verhältnisse zurückführen
(s. Alkohol), und deshalb haben alle oben genannten Bemühungen sehr wenig, der steigende Wohlstand, die
daraus folgende bessere Ernährung und namentlich die immer mehr um sich greifende Gewohnheit, Bier zu trinken, außerordentlich
viel zur Beseitigung des Mißbrauchs, der mit dem Branntwein getrieben wurde, beigetragen.
(frz. Eau de vie, engl. Brandy); dieses Wort, entstanden durch Zusammenziehung
der Worte gebrannter Wein, wurde ursprünglich nur für den Weingeist, d. h. den durch Destillation aus Wein bereiteten verdünnten
Aethylalkohol gebraucht, für den man jetzt den Namen Kognak hat. Im weiteren Sinne gebraucht man jetzt das Wort B. für jeden
rohen, nicht gereinigten Äthylalkohol (Spiritus) gleichgültig, aus welcher Substanz er gewonnen wurde;
im engeren Sinne für den aus Roggen bereiteten (Kornbranntwein).
Alle Sorten B. enthalten demnach als Hauptbestandteil Äthylalkohol und die Unterschiede im Geruch und Geschmack haben ihren
Grund nur in geringen Beimengungen andrer Stoffe, namentlich höherer Alkohole, der sogenannten Fuselöle. Zur Bereitung von
B. lassen sich alle stärkemehlhaltigen Pflanzenstoffe verwenden, also die Samen der Getreidearten und
Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Flechten u. s. w.; stets muß hierbei jedoch die Stärke zunächst in Zucker umgewandelt werden,
was entweder durch Behandlung mit Malz oder mit verdünnter Schwefelsäure geschieht. Im letzteren Falle wird die Schwefelsäure
nach geschehener Zuckerbildung durch Zusatz von Kalk wieder entfernt.
Die zuckerhaltige Flüssigkeit wird dann mittels Hefe in die geistige Gärung versetzt, wodurch der Zucker in Spiritus (Äthylalkohol)
und Kohlensäure zerfällt; nebenbei entstehen, da man gewöhnlich der Steuer wegen sehr konzentrierte Maischen vergären
läßt, die bereits erwähnten Fuselöle, sowie kleine Mengen anderer Stoffe. Nächst den stärkemehlhaltigen Substanzen lassen
sich, wie schon aus dem Gesagten hervorgeht, auch alle zuckerhaltigen zur Bereitung von B. verwerten,
demnach alle süßen Früchte, Zuckerrüben, Palmensaft, Melasse u. s. w. Aus der gegorenen Flüssigkeit, Maische genannt,
wird dann der B. durch Destillation gewonnen, was jetzt fast ausschließlich mittels Wasserdampf geschieht.
Die vervollkommneten Destillationsapparate der Neuzeit gestatten auch jetzt schon durch einmalige Destillation
einen ziemlich starken, hochgradigen Alkohol zu gewinnen, doch hat man es in der Gewalt, auch schwachgrädigen darzustellen.
Jene hochgradige Ware, 90-93% Trall., führt jedoch den Namen B. nicht
mehr, sondern wird schon Spiritus genannt (s. d.), und braucht nur noch rektifiziert zu werden, was
gewöhnlich in besonderen Etablissements (Spritfabriken) der größeren Städte (Berlin, Leipzig, Breslau
u. s. w.) ausgeführt wird, während die Bereitung des B. oder Rohspiritus ein Nebengewerbe
(Branntweinbrennerei) des landwirtschaftlichen Großbetriebes ist. - Die Stärke des B. wird durch das Alkoholometer bestimmt,
welches die Volumenprozente bei einer gewissen Temperatur angibt (vgl. Spiritus).
Die Zahl der im Betriebe befindlichen Branntweinbrennereien im deutschen Reichssteuergebiete (also mit
Ausschluß von
Bayern, Würtemberg und Baden) belief sich im Etatsjahr 1878/79 auf 31645. Rechnet man hiervon die Zahl der
in Elsaß-Lothringen, das erst 1873 zur Branntweinsteuergemeinschaft getreten ist und eine sehr beträchtliche Zahl meist
ganz kleiner Brennereien besitzt, betriebenen Brennereien ab, so bleiben für 1878/79 übrig 8735 derartige
Anstalten, während sich die Zahl derselben belief:
im Kalenderjahre
1874
auf
8192
" "
1875
"
9143
" "
1876
"
9322
im Etatsjahre
1877/78
"
8745
" "
1878/79
"
8735.
Die Menge des erzeugten B. läßt sich nur annähernd aus dem Materialverbrauche und den erhobenen Steuerbeträgen
berechnen und beträgt für das Etatsjahr 1878/79 im Reichssteuergebiete 4169200 Hektol. à
50% Tralles, gegen 4009900 Hektol. im Etatsjahre 1877/78. An der Gesamtproduktion des Jahres
1878/79 haben sich Brandenburg, Ost- und Westpreußen, Posen, Pommern, Schlesien, Provinz und Königreich Sachsen und Anhalt
mit 82% beteiligt und mit einer Produktionsquote von 18 Lit. auf den Kopf der
Bevölkerung, der übrige Teil des Reichssteuergebietes mit 18% oder 4,9 Lit. pro Kopf.
Hingegen ist für Bayern im Durchschnitte der letzten 7 Jahre eine Produktionsquote von etwa 3⅓ Lit.
pro Kopf berechnet worden. Der Gesamtbetrag der aus dem Branntweinverbrauch des Reichsteuergebietes erhobenen
Abgaben nach Abzug der für Ausfuhr und steuerfreie Verwendung gezahlten Steuerrückvergütungen ist für 1878/79
auf 47409990 Mk., oder 1,36 Mk. pro Kopf der Bevölkerung angegeben. Von
Bayern sind Angaben nicht vorhanden;
in Würtemberg betrug der Gesamtbetrag der Branntweinsteuer vom bis dahin
1878: 440905 Mk. oder 0,24 Mk. per Kopf;
in Baden für das Kalenderjahr 1878: 419250 Mk. oder 0,28 Mk.
per Kopf. In Österreich betrug die Produktion von B. 1877/78 im Ganzen 50357653 Hektol. Grade;
die Steuerverschreibungbetrug 5388280 fl., Dies sind die Steuerbeträge der pauschalierten Brennereien, die der nicht pauschalierten
betrug 110228 fl., was zusammen die Summe von 5498508 fl. ergibt.
Der Export belief sich auf 2753654
Hektol. Grade, wofür 294632 fl. restituiert wurden. Die ausgeführte Menge von B. aus Ungarn
belief sich auf 7310416 Hektol. Grade, mit einem Restitutionsbetrag von 782215 fl. Einfuhrzoll:
S. Tarif im Anhange Nr. 25 b. - An Ausfuhrbonifikation sowie an Steuervergütung
für den an gewissen gewerblichen Zwecken denaturierten Branntwein zahlt die Steuergemeinschaft für je 114,5 Alkoholliterprozente
0,18 Mk. heraus. Bayern vergütet bei der Ausfuhr für 100 l zu 50% Alkohol 8 Mk., Baden für 1 l à 100% 0,09 Mk.
(lat. aqua vitae; frz. eau de vie; engl. brandy), im weitern Sinn jedes aus gegorenen alkoholigen Flüssigkeiten
durch Destillation abgeschiedene Produkt (s. Alkohol, Brennerei, Spiritusfabrikation);
[* 22] Branntwein im engern Sinn ist
im wesentlichen ein zu Trinkzwecken bestimmtes Gemisch von Alkohol (25 bis höchstens 55 Volumenprozent), Wasser und gewissen
für die einzelnen Sorten charakteristischen, ihren Geschmack und Geruch bedingenden Beimengungen. Branntwein wird entweder sofort
in der für den Verbrauch bestimmten Alkoholstärke
erzeugt oder durch Vermischen stärkern Alkohols (Sprit,
Rohspiritus) mit Wasser auf die zum Gebrauch geeignete Stärke
[* 23] gestellt.
Die dem Branntwein beigemengten Stoffe sind teils Produkte der Gärung (z. B. der Fuselgehalt des Korn-, Kartoffel-, Tresterbranntweins;
der Gehalt des Cognacs an Äthern, Estern, höhern Alkoholen, Fuselöl), teils stammen sie aus dem Rohmaterial (z. B. der Gehalt
einzelner Obstbranntweine an Bittermandelöl und Blausäure), teils werden sie durch nochmalige Destillation
des Branntwein über ätherische Öle
[* 24] haltige Früchte, Kräuter und Wurzeln, wie z. B. Fenchel, Anissamen, Kümmel, Enzianwurzeln und
viele andere gewonnen, teils endlich werden sie durch Vermischen der Alkoholwassermischung mit den aus den verschiedenen
Pflanzen dargestellten ätherischen Ölen und Essenzen dargestellt.
Dieses letztere Verfahren nennt man die Branntweinbereitung auf kaltem Wege im Gegensatz zu den erstgenannten
Methoden, dem warmen Wege. Als einfachen Branntwein bezeichnet man in der Regel solchen mit einem Alkoholgehalte von 25 bis 30 Volumenprozenten
und nur geringem Zuckerzusatze, während doppelter Branntwein oder Doppelbranntwein meist alkoholreicher (36 Volumenprozente)
ist, auch einen größern Zuckergehalt (12-13 Proz.) besitzt. Sehr zuckerreiche,
aus reinem Sprit unter Zusatz feiner ätherischer Öle und Essenzen bereitete Branntwein bezeichnet man als Liqueure (s. d.).
Die aus Roggen, Kern- oder Steinobst, Beerenfrüchten, Wurzeln, Weinhefe, Tresternu. dgl. durch Gärung und Destillation unmittelbar
gewonnenen Trinkbranntweine, deren Preis nicht sowohl von der Stärke des Alkoholgehaltes, als von der
Art des Rohmaterials und dem eigenartigen Geschmack abhängt, und die oft nur bestimmte, örtlich begrenzte Absatzgebiete
haben, heißen Qualitätsbranntweine, Über die wichtigsten einzelnen Branntwein s. auch die Artikel: Absinth, Armagnac, Arrak, Chartreuse,
Cognac, Curaçao, Danziger Goldwasser, Danziger Tropfen, Enzian, Genever, Getreidekümmel, Gin, Iva, Kirschwasser, Kornbranntwein,
Kräuterliqueur, Kümmel, Liqueure, Maraschino, Nordhäuser Korn, Persico, Pfefferminze, Rum, Sliwowitz, Steinhäger, Tresterbranntwein,
Whisky, Zwetschenwasser; über Benediktiner und Boonekamp s. Kräuterliqueur. Über den Branntweingenuß in mediz. und socialer
Hinsicht s. Alkoholismus und Geistige Getränke.
ihre vorzugsweise in dem Ertrage der Fischerei bestehenden Erzeugnisse und setzt sie gegen Getreide, Branntwein, Gerätschaften u. s. w. um. Die eigene Handelsflotte der Stadt bestand (1891)