Titel
Arbeitersc
hutzgesetzgebung
(seit 1885). Im
Artikel
Fabrikgesetzgebung (Bd. 5, S. 997 ff) ist die Geschichte
und der
Stand der in einzelnen
Staaten, insbesondere in
England, der
Schweiz,
[* 2]
Deutschland,
[* 3]
Österreich
[* 4] und
Frankreich bis zum Jahr 1885 dargestellt
worden. Damals gewährten
England, die
Schweiz und
Österreich der Arbeiterklasse den weitestgehenden
Schutz,
und in diesen
Staaten sind auch, mit Ausnahme eines englischen
Gesetzes vom
zur Verbesserung der bisherigen das
Truckverbot betreffenden Bestimmungen, seitdem keine neuen Schutzbestimmungen erlassen worden. Dagegen sind in einer
Reihe
andrer
Staaten, namentlich in
Deutschland,
Italien,
[* 5]
Belgien,
[* 6]
Holland,
Dänemark,
[* 7]
Schweden,
[* 8]
Finnland und Rußland,
in denen die Arbeitersc
hutzgesetzgebung teils ganz fehlte, teils völlig ungenügend war, neue Arbeiterschutzgesetze
ergangen, die im folgenden besprochen werden sollen. Das bei weitem bedeutsamste dieser
Gesetze ist das neue deutsche Arbeitersc
hutzgesetz
vom
Deutsches Reich.
Im
Deutschen
Reich sind in der Geschichte der sozial-politischen
Gesetzgebung und insbesondere auch der
Arbeitersc
hutzgesetzgebung drei Stadien zu unterscheiden. Das erste umfaßt die Zeit von 1870 bis 1876, das zweite
die Zeit von 1877 bis zur Entlassung des
Fürsten
Bismarck (März 1890), das dritte die Zeit seitdem.
In dem ersten
Stadium,
in welchem
Minister
Delbrück der eigentliche
Leiter der
Wirtschafts- und
Sozialpolitik war, war die
Sozialpolitik
eine wenig arbeiterfreundliche. Im
Reichstag und bei den
Bundesregierungen herrschten damals, wie 1869, als die
Gewerbeordnung
des Norddeutschen
Bundes beschlossen wurde, manchesterliche
Anschauungen vor. Die Manchesterdoktrin, seit dem Anfang der 60er
Jahre in
Deutschland durch die die öffentliche Meinung, die
Presse
[* 9] und die gesetzgebenden
Körperschaften
in den wirtschafts- und sozialpolitischen
Fragen beherrschende Deutsche
[* 10]
»Freihandelspartei« (s.
Arbeiterfrage, Bd. 1, S. 751)
vertreten, verteidigt im Wirtschaftsleben überhaupt die volle individuelle
Freiheit und die
Politik des laisser faire und
laisser aller, die Nichteinmischung der
Staatsgewalt in die individuelle Erwerbsthätigkeit und in die
Gründung und den Betrieb der wirtschaftlichen
Unternehmungen, sie ist aus dem Gebiete der
Sozialpolitik Gegnerin jeder Arbeitersc
hutzgesetzgebung, selbst
der Bestimmungen zum
Schutz der
Kinder, der jugendlichen und weiblichen
Arbeiter, sie ist Gegnerin jeder öffentlich-rechtlichen
Arbeiterversicherung, d. h. jeder Regelung der
Arbeiterversicherung, die einen
Versicherungszwang ausspricht und durch den
Staat
Versicherungsanstalten für
Arbeiter organisiert.
Delbrück vertrat im wesentlichen den Standpunkt dieser Richtung nicht nur in der Handels- und Zollpolitik, sondern auch in der Gewerbe- und Sozialpolitik. Fürst Bismarck hat zwar persönlich nie die Anschauungen der individualistisch-freihändlerischen Richtung geteilt, aber in jener Zeit überließ er die Leitung der Wirtschafts- und Sozialpolitik, seinem Mitarbeiter Delbrück, er selber war durch die auswärtige Politik und durch andre Organisationsfragen, zuerst des Norddeutschen Bundes, dann des Deutschen Reiches, so sehr in Anspruch genommen, daß er, wie er selbst gesagt hat, sich nicht auch noch um die Wirtschaftspolitik kümmern konnte, und er sah sich um so weniger veranlaßt, der Politik Delbrücks entgegenzutreten, als die große Majorität des Reichstags mit dieser einverstanden war.
Die
Gewerbeordnung des Norddeutschen
Bundes vom die nach der
Gründung des
Deutschen
Reiches die Reichsgewerbeordnung
wurde und die Arbeitsverhältnisse regelte, enthielt nur ganz wenige und sehr dürftige Arbeitersc
hutzbestimmungen. Sie verbot
die »regelmäßige« Beschäftigung von
Kindern unter 12
Jahren in
Fabriken,
Bergwerken, Aufbereitungsanstalten
und unterirdisch betriebenen
Brüchen oder
Gruben, normierte in diesen
Unternehmungen die Maximalarbeitszeit für
Kinder von
¶
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12-14 Jahren auf 6 Stunden, für jugendliche Arbeiter von 14-16 Jahren auf 10 Stunden, verbot in ihnen für diejenigen unter 16 Jahren die Sonntags- und Festtagsarbeit sowie die Nachtarbeit und traf für industrielle Arbeiter Bestimmungen zur Verhinderung des sogen. Trucksystems, d. h. einer Ausbeutung derselben durch direkte oder indirekte Ablöhnung mit Waren. Im übrigen enthielt sie nur noch die allgemeine Bestimmung (§ 107): »Jeder Gewerbeunternehmer ist verbunden, auf seine Kosten alle diejenigen Einrichtungen herzustellen und zu unterhalten, welche mit Rücksicht auf die besondere Beschaffenheit des Gewerbebetriebs und der Betriebsstätte zu thunlichster Sicherung der Arbeiter gegen Gefahr für Leben und Gesundheit notwendig sind.« Da man aber unterließ, obrigkeitliche Organe zu verpflichten, für die Durchführung dieser Vorschrift zu sorgen, bez. solche Organe einzurichten, so hatte die Bestimmung, mit Ausnahme weniger Distrikte, wie z. B. im Regierungsbezirk Düsseldorf, [* 12] wo die Regierung auf Grund jenes Paragraphen selbständig weitere Ausführungsbestimmungen traf und deren Befolgung durchsetzte, keine praktische Bedeutung.
Auch die andern Schutzbestimmungen wurden mangels obrigkeitlicher Kontrolle vielfach nicht befolgt. Außerdem hatte nur noch das sogen. Haftpflichtgesetz vom die bisherige gemein- und partikularrechtliche Haftpflicht der Unternehmer bei Betriebsunfällen dahin erweitert:
1) daß Eisenbahnunternehmer haften, sofern sie nicht beweisen, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eignes Verschulden des Getöteten oder Verletzten verursacht ist;
2) Bergwerks-, Steinbruchs-, Gräberei- (Gruben-), Fabrikunternehmer haften, wenn ein Bevollmächtigter oder ein Repräsentant oder eine zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder der Arbeiten angenommene Person durch ein Verschulden in Ausführung der Dienstverrichtungen den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen herbeigeführt hat. Aber auch dies Gesetz hatte für industrielle Arbeiter eine geringe Bedeutung, weil es für die weitaus meisten Betriebsunfälle keine Haftpflicht der Unternehmer anerkannte und für die andern dem Verunglückten, bez. dessen Hinterbliebenen die schwierige Beweislast auferlegte.
Das zweite Stadium beginnt mit dem im J. 1876 erfolgten Rücktritt Delbrücks. Fürst Bismarck wurde nun auch der Leiter der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Delbrücks Sturz hatte seinen Grund nicht in den Anschauungen beider Staatsmänner über die Sozialpolitik, sondern in ihren Ansichten über die Zoll- und Eisenbahnpolitik. Bismarck wollte statt der seit 1865 befolgten Freihandelspolitik eine Schutzzollpolitik und in Preußen [* 13] eine Verstaatlichung der Eisenbahnen durchführen; Delbrück war dagegen.
Die Zollpolitik wurde seit 1879 eine entschieden schutzzöllnerische. Aber es erfolgte auch eine Änderung der Sozialpolitik. Diese Änderungen waren nur dadurch möglich, daß sich inzwischen auch ein Umschwung in der öffentlichen Meinung in den wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen vollzogen hatte. Einerseits war durch die energische Agitation der Großindustriellen (Zentralverband der deutschen Industriellen) und der sogen. Agrarier, welche durch die schädlichen Folgen der großen wirtschaftlichen Krisis von 1873 unterstützt wurde, die bisher herrschende freihändlerische Strömung einer schutzzöllnerischen gewichen, welche bei den Reichstagswahlen von 1877 zum Ausdruck gelangte und zu einer schutzzöllnerischen Majorität führte; anderseits war durch die Gründung des Vereins für Sozialpolitik und durch die Bekämpfung der Lehren [* 14] des Mancherstertums seitens der Vertreter der Nationalökonomie an den deutschen Universitäten eine neue sozialpolitische Lehre [* 15] und Richtung, die sozialreformatorische, begründet worden (s. Arbeiterfrage, Bd. 1, S. 752), welche in weiten Kreisen Anhänger gefunden hatte und eine Erfüllung der berechtigten Anforderungen der Arbeiterklasse im Sinn dieser Richtung forderte; eine energische Inangriffnahme der sozialen Reform wurde um so dringlicher, als die schweren Mißstände in den Verhältnissen der industriellen Arbeiter die Unzufriedenheit der Arbeiterklasse steigerten und die Sozialdemokratie eine bedenkliche Ausdehnung [* 16] erlangte.
Für die sozialpolitische Gesetzgebung in diesem Stadium ist nun charakteristisch, daß durch den Einfluß
des Fürsten Bismarck die öffentlich-rechtliche Regelung der Arbeiterversicherung in einem sehr weiten Umfang erfolgte, dagegen
für den weitern Ausbau der Arbeitersc
hutzgesetzgebung sehr wenig geschah. Allerdings wurden im Anfang dieser Periode durch das den Titel VII der Gewerbeordnung
abändernde Gesetz vom auch einige neue Arbeiterschutzbestimmungen erlassen. Die bisher für
Fabriken etc. bestehenden Schutzbestimmungen wurden noch auf einige andre Gewerbebetriebei
(Werkstätten mit regelmäßigem Dampfkraftbetrieb, Hüttenwerke, Bauhöfe u. Werften) ausgedehnt, in allen diesen Unternehmungen
wurde jetzt die Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren unbedingt und den Wöchnerinnen die Arbeit während 3 Wochen nach
ihrer Niederkunft verboten.
Verboten wurde den Arbeiterinnen in Bergwerken, Salinen etc. die Arbeit unter Tage. Die bisher auf Arbeiter unter 16 Jahren beschränkte polizeiliche Kontrolle wurde auf alle Arbeiter unter 21 Jahren ausgedehnt. Eingeführt wurde ferner die obligatorische Fabrikinspektion durch besondere Aufsichtsbeamte, und der Bundesrat erhielt endlich noch die Befugnis, unter gewissen Voraussetzungen und unter dem Vorbehalt nachträglicher Genehmigung des Reichstags den Schutz für Kinder, jugendliche und weibliche Arbeiter in Bezug auf übermäßige Arbeitszeit, gesundheits- oder moralschädliche Arbeit, Nacht- und Sonntagsarbeit auszudehnen, unter Umständen aber auch einzuschränken.
Von dieser Befugnis hat der Bundesrat nach beiden Richtungen (der Schutzerweiterung und -Beschränkung) Gebrauch gemacht, nach jener durch die Bekanntmachungen vom betr. Walz- und Hammerwerke, vom betr. Glashütten, vom betr. Steinkohlenwerke, vom betr. Drahtziehereien, vom betr. Bleifarben- u. Bleizuckerfabriken, vom betr. Zigarrenfabriken, vom 21. Juli 1888 betr. Gummiwarenfabriken, nach dieser durch die Bekanntmachung vom betr. Spinnereien.
Aber bei diesen wenigen Änderungen ließ man es auch in dieser ganzen Periode bewenden. Dagegen erfolgten in den 80er Jahren großartige Reformen auf dem Gebiete der Arbeiterversicherung. Diese Gestaltung der deutschen Sozialpolitik ist das Werk des Fürsten Bismarck. Bismarcks sozialpolitischer Standpunkt war ein eigentümlicher. Er wollte die staatliche Fürsorge für das Wohl der arbeitenden Klassen lediglich auf die Fälle der Erwerbsunfähigkeit der Arbeiter beschränken, auf die öffentlich rechtliche Regelung der Unfall-, Kranken-, Invaliditäts- und Altersversicherung, und er hat konsequent und energisch diese Arbeiterversicherung in den Jahren 1883-89 (s. darüber die betr. ¶
mehr
Artikel, auch in Bd. 17) durchgesetzt. Er war aber
entschieden gegen die weitere Ausdehnung der Arbeiterschutzgesetzgebung
, gegen völlige Beseitigung der Kinderarbeit, gegen die staatliche Regelung
der Arbeit der jugendlichen und weiblichen Personen, der Sonntags- und Nachtarbeit etc.; in allen diesen Betriebsverhältnissen
wollte er weder der Industrie und den industriellen Unternehmern noch den Arbeitern gesetzliche Beschränkungen
auferlegen. Er stand mit dieser Ansicht entgegen nicht nur den wissenschaftlichen Vertretern der sozialen Reform, sondern auch
allen Parteien des Reichstags und den meisten Bundesregierungen, und daher kam es, daß alle Anträge und Gesetzentwürfe, welche
seit der Mitte der 80er Jahre von allen Parteien im Reichstag eingebracht, bez. unterstützt und mit großen
Majoritäten beschlossen wurden, und welche eine Ausdehnung des Arbeiterschutzes namentlich für Kinder, jugendliche und weibliche
Arbeiter und bezüglich der Sonntagsarbeit bezweckten, gelegentlich vom Fürsten Bismarck bekämpft, sonst aber vom Bundesratstisch
mit einem beredten Schweigen gewürdigt und vom Bundesrat nicht weiter berücksichtigt wurden.
Wenn man erwägt, daß Arbeiterschutzgesetze, welche den Arbeitern und ihren Familien unmittelbar und
sofort zu gute kommen und den Arbeitern keine materiellen Opfer auferlegen, die Arbeiter zufriedener machen als Arbeiterversicherungsgesetze,
so ist es mehr als wahrscheinlich, daß, wenn schon früher die heute durch das Gesetz vom eingeführte Arbeiterschutzgesetzgebung
erlassen
wäre, es der Sozialdemokratie nicht in dem Maße gelungen wäre, in der Arbeiterbevölkerung Anhänger zu gewinnen, wie es
thatsächlich in den 80er Jahren geschehen ist. Bismarcks Standpunkt in der Frage des Arbeiterschutzes hat für Deutschland insofern
auch eine große Tragweite gehabt, als er eine der wesentlichen sachlichen Ursachen der Entlassung des
Reichskanzlers gewesen ist, da Kaiser Wilhelm II. in dieser Frage völlig andrer Ansicht war. Der Kaiser gab derselben in seinen
Erlassen vom einen feierlichen Ausdruck.
Mit diesen Erlassen beginnt das dritte Stadium der Sozialpolitik des Deutschen Reiches. Der Kaiser erklärte den weitern Ausbau
der Arbeiterschutzgesetzgebung
als eine notwendige und dringende Aufgabe und die Lösung derselben als seinen festen und entschiedenen
Entschluß. Eingeleitet wurde die neue Ära durch eingehende Beratungen des preußischen Staatsrats unter dem Vorsitz des Kaisers
über die Änderungen der bisherigen Gesetzgebung und durch die vom Kaiser veranlaßte internationale Arbeiterschutzkonferenz,
welche in Berlin
[* 18] 15.-29. März 1890 stattfand (s. Arbeiterschutzkonferenz, Bd. 18). Nach dem Rücktritt
des Fürsten Bismarck wurden dem Reichstag von dem neuen Reichskanzler v. Caprivi zwei große und wichtige sozialpolitische
Gesetzentwürfe vorgelegt.
Der eine betraf die Organisation von Gewerbegerichten, die zugleich als Einigungsämter wirken können, und wurde noch 1890 (Gesetz
vom erledigt (s. Gewerbegerichte, Bd. 18). Der zweite enthielt die neue Gestaltung
der Arbeiterschutzgesetzgebung
und wurde nach sehr eingehenden Kommissionsberatungen und langen Verhandlungen unter zahlreichen Abänderungen vom
Reichstag in dritter Lesung angenommen. Die Bundesregierungen stimmten der vom Reichstag beschlossenen Fassung zu,
das Gesetz wurde vom Kaiser unterzeichnet und publiziert.
Das Arbeiterschutzgesetz vom
Die neuen Schutzbestimmungen ändern den Titel VII
der Gewerbeordnung, welcher die Verhältnisse der gewerblichen Arbeiter regelt,
in so vielen Paragraphen ab, daß der Bundesrat es für zweckmäßig fand, durch die Vorlage den bisherigen Titel VII Zu
ersetzen. Deshalb enthält die Vorlage und ebenso das neue Gesetz auch noch einige weitere Abänderungen und Ergänzungen der
bisherigen Gesetzgebung, die zwar nicht in den Kreis
[* 19] der eigentlichen Arbeiterschutzgesetzgebung
fallen, sich aber auch auf die Regelung der Arbeiterverhältnisse
beziehen und auch schon längst als notwendig, bez. wünschenswert anerkannt
worden sind. Es handelt sich hier, von einigen minder wichtigen Bestimmungen abgesehen, besonders um
Ergänzungen der Bestimmungen über die Arbeitsbücher der Minderjährigen (§ 107-114), die den Zweck verfolgen, durch Stärkung
der elterlichen Autorität der zunehmenden Zuchtlosigkeit der Jugend entgegenzuwirken, und um die bisher nicht erfolgte besondere
Regelung der Verhältnisse der Betriebsbeamten, Werkmeister und Techniker in gewerblichen Unternehmungen
(Abschnitt III a, § 133a-133e). Wir unterlassen es, hier auf diese Bestimmungen des neuen Gesetzes einzugehen und beschränken
uns auf die Darstellung der Schutzbestimmungen.
Was diese betrifft, so ist zwar, wie schon erwähnt, durch die Kommission und den Reichstag die Regierungsvorlage in vielen einzelnen Punkten abgeändert worden und zum Teil gegen den Widerspruch der Vertreter der Bundesregierungen, aber im allgemeinen herrschte doch zwischen Bundesrat und Reichstag Übereinstimmung über Art und Umfang der Ausdehnung des Arbeiterschutzes, und die Differenzen betrafen im wesentlichen Spezialpunkte von geringerer Tragweite, deren Entscheidung vorzugsweise eine Frage der Zweckmäßigkeit war.
Dagegen zeigte sich eine prinzipielle Meinungsverschiedenheit zwischen dem Bundesrat und der Majorität der Kommission wie des Reichstags über eine andre Frage, die nicht den Schutz der Arbeiter, sondern den Schutz der Arbeitgeber betraf, und die den wichtigsten Streitpunkt bei den Verhandlungen bildete. Die Bundesregierungen wollten, indem sie auf der einen Seite den Arbeitern einen viel größern Schutz gewährten, auf der andern Seite die Arbeitgeber mehr als bisher schützen gegen Kontraktbruch und widerrechtliche gemeinsame Arbeitseinstellungen, die im letzten Jahrzehnt sehr zahlreich vorgekommen waren, und sie wollten dies erreichen durch zwei neue Bestimmungen, von denen die eine dem Arbeitgeber wie dem Arbeiter beim Kontraktbruch ein Recht auf eine gesetzlich in ihrem Maximalbetrag begrenzte Buße des Kontraktbrüchigen einräumte, die andre aber die öffentliche Aufforderung zur widerrechtlichen Einstellung der Arbeit, ebenso die zur widerrechtlichen Entlassung von Arbeitern unter Strafe stellte. Diese Bestimmungen stießen auf die lebhafteste Opposition, und es gelang. den Bundesregierungen nicht, für dieselben eine Majorität zu erhalten.
Die Buße.
Die erste Bestimmung enthielt der § 125 der Regierungsvorlage: »Hat ein Geselle oder Gehilfe vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeit verlassen, so kann der Arbeitgeber an Stelle der Entschädigung eine an ihn zu erlegende Buße fordern, welche für den Tag des Vertragsbruches und jeden folgenden Tag der vertragsmäßigen oder gesetzlichen Arbeitszeit, höchstens aber für 6 Wochen, bis auf die Höhe des ortsüblichen Tagelohns (§ 8 des Krankenversicherungsgesetzes vom sich belaufen darf. Dasselbe ¶
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- 22: Arbeitsordnung
- 23: Buße
- 24: Deutsche Kolonisation in Posen
Anzahl Fundstellen auf 150 begrenzen.
Quellen, Literatur
Band - Seite | Artikel | Autor | Titel | Ausgabe |
---|---|---|---|---|
19.58 | Arbeiterschutzgesetzgebung | F. Hitze | Schutz dem Arbeiter | (Köln 1890) |
5.1003 | Fabrikgesetzgebung | Tait | Die Arbeiterschutzgesetzgebung in den Vereinigten Staaten | (Tübing. 1884) |
1.757 | Arbeitsämter | Cave Tait | Die Arbeiterschutzgesetzgebung in den Vereinigten Staaten | (Tübing. 1884) |
51.822 | Arbeitsämter | W. Cave Tait | Die Arbeiterschutzgesetzgebung in den Vereinigten Staaten | (Tüb. 1884) |
19.58 | Arbeiterschutzgesetzgebung | G. Schönberg im | "Handbuch der politischen Ökonomie" | (3. Aufl., Bd. 2, S. 697 ff., Tübing. 1891) |
19.58 | Arbeiterschutzgesetzgebung | H. Brauns | "Archiv für soziale Gesetzgebung u. Statistik" | Bd. 2-4 (Tübing. 1888-90; Berl. 1891) |
19.46 | Arbeiterschutzgesetzgebung | "Freihandelspartei" | (s. Arbeiterfrage, Bd. 1, S. 751) | |
19.58 | Arbeiterschutzgesetzgebung | Die Artikel | "A. in den einzelnen Staaten" in Conrads "Handwörterbuch der Staatswissenschaften" | Bd. 1, S. 401 ff. (Jena 1890; dort auch weitere Litteratur) |
19.58 | Arbeiterschutzgesetzgebung | Reichstagsakten | 8. Legislaturperiode, 1. Session 1890, Nr. 4, Nr. 190. Praktische Ratgeber über das Reichsgesetz vom 1. 1891 von Hitze | ("Normalarbeitsordnung, sowie Normalstatut eines Arbeiterausschusses etc.", Köln 1892) |
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