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Weinbau und Steinbrüche. Auf einem Felsen am Rhein die Ruine Limburg, [* 2] Geburtsstätte des Königs Rudolf Ⅰ. von Habsburg.
Weinbau und Steinbrüche. Auf einem Felsen am Rhein die Ruine Limburg, [* 2] Geburtsstätte des Königs Rudolf Ⅰ. von Habsburg.
s. Linsenkombinationen.
August, Germanist, geb. in Wiener-Neustadt, studierte in Wien [* 4] und Berlin, [* 5] wurde 1879 supplierender Professor der deutschen Sprache [* 6] und Litteratur an der Universität Lemberg, [* 7] 1883 außerord. Professor in Graz, [* 8] 1886 an der deutschen Universität in Prag, [* 9] 1891 daselbst zum ord. Professor ernannt. S. hat sich besonders als Grillparzerforscher rühmlichst bekannt gemacht. Er schrieb: «J. W. von Brawe, der Schüler Lessings» (Straßb. 1878),
«Über den fünffüßigen Jambus von Lessings Nathan» (Wien 1878),
«Studien zur Goethephilologie» (mit J. Minor, ebd. 1880),
«Frauenbilder aus d er Blütezeit der deutschen Litteratur» (Lpz. 1885),
«Friedrich Hölderlin» (ebd. 1894) und gab die Werke von Ferdinand Raimund (2. Aufl., 3 Bde., Wien 1891, mit K. Glossy), E. von Kleist (3 Bde., Berl. 1880‒82), der Stürmer und Dränger (3 Bde., Stuttg. 1883),
von Bürger (ebd. 1884),
des Göttinger Dichterbundes (3 Bde., ebd. 1887‒95), von Grillparzer (5. Aufl., 20 Bde., ebd. 1892‒93), Uz (ebd. 1890) heraus, ferner Wiener Neudrucke (Bd. 1‒11, Wien 1883 fg.), «Beiträge zur Geschichte der deutschen Litteratur in Österreich» [* 10] (mit Minor und Werner, Bd. 2‒4, ebd. 1883‒84),
«Deutsche [* 11] Litteraturdenkmale des 18. und 19. Jahrh.» (begründet von Seuffert, Leipzig), [* 12]
«Bibliothek älterer deutscher Übersetzungen» (Bd. 1, Weim. 1894),
«Bibliothek deutscher Schriftsteller aus Böhmen» [* 13] (mit Jodl, Klaar, Knoll, Bd. 1, 2, 4, 5, Prag). Seit 1894 leitet er die Zeitschrift «Euphorion» (Wien).
Verlag *, J. D. Der Besitzer Heinrich Remigius Sauerländer starb 12. Okt. 1896 in Frankfurt [* 14] a. M.
s. Butter. ^[= ist das aus der Kuhmilch abgeschiedene Fett. Die Abscheidung der B. aus der Milch erfolgt im ...]
Anton, Freiherr von, Diplomat, geb. zu Adelsdorf (Kreis [* 15] Goldberg-Hainau) in Schlesien, [* 16] studierte in Bonn, [* 17] Breslau [* 18] und Berlin, wurde 1860 Referendar in Breslau, trat 1862 in den diplomat. Dienst über und war bis 1873 als Sekretär [* 19] an den Gesandtschaften von München, [* 20] Dresden, [* 21] Kopenhagen [* 22] und Stockholm sowie an den Botschaften von Petersburg, [* 23] Paris, [* 24] Madrid [* 25] und Konstantinopel [* 26] thätig. Zeitweise leistete er auch Dienste [* 27] als Hilfsarbeiter im Auswärtigen Amt. Er übernahm sodann kurz nacheinander als Missionschef die Posten von Belgrad, [* 28] Kairo, [* 29] Bukarest, [* 30] Stuttgart [* 31] und dem Haag, [* 32] bis ihm 1894 die Leitung der Botschaft in Washington [* 33] anvertraut wurde. Diese vertauschte er 1895 mit der Botschaft in Konstantinopel und letztere 1897 mit der in Rom. [* 34]
[* 1] *. Der Herbertzsche Dampfstrahlofen findet zum Umschmelzen von Roheisen, Stahl, Kupfer [* 35] sowie bei Verhüttung von Blei- und Kupfererzen vielfache Verwendung. Charakteristisch für denselben ist, daß die Luft nicht durch den Druck eines Gebläses, wie beim Kupolofen [* 36] (s. d., Bd. 10), in den Schacht gepreßt, sondern durch ein Dampfstrahlgebläse hineingesaugt wird und zwar durch eine ringförmige Einströmungsöffnung, die in der Weise gebildet wird, daß der Herd vom Schacht vollständig getrennt ist.
Das Absaugen der Gase [* 37] bei geschlossener Gicht und der Eintritt der Luft erfolgt durch das Absaugrohr, in welchem das Dampfstrahlgebläse eingebaut ist. In nachstehender [* 1] Figur ist A der Schacht, B der Herd, DD die zwischen beiden befindliche ringförmige Eintrittsöffnung für die Luft, die von einem im Abführungsrohr C befindlichen Dampfstrahlgebläse eingesaugt wird. Die Breite [* 38] der Öffnung DD kann durch Schrauben, [* 39] auf welchen der Herd ruht, reguliert werden. Durch die Art des Lufteintritts wird eine gleichmäßige Verteilung der Luft im Schacht und dadurch eine bedeutende Ersparnis an Brennmaterial erzielt. Da die Luft eingesaugt wird, so ist ein Austreten von Rauch, schädlichen Gasen und Funken selbst während der Beschickung unmöglich gemacht, weshalb der Herbertzofen, da er auch fast geräuschlos arbeitet, überall aufgestellt werden darf.
*. Das Bürgerl. Gesetzbuch für das Deutsche Reich bestimmt über die Art des S. im allgemeinen in Übereinstimmung mit einer im Gemeinen Recht vielfach vertretenen Ansicht und mit der neuern Gesetzgebung, daß der Ersatzpflichtige in erster Linie den Zustand herzustellen hat, der bestehen würde, wenn der zum S. verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, daß er aber S. in Geld zu leisten hat, soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist.
Ist nicht wegen Entziehung einer Sache oder wegen nachteiliger Rechtsveränderung, sondern wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Ersatz zu leisten, so kann dem Geschädigten nicht zugemutet werden, zum Zweck der Herstellung eine in ihrem Erfolg oft zweifelhafte Einwirkung auf seine Person oder auf die Sache dem Ersatzpflichtigen ohne weiteres zu gestatten; dazu kann im Fall der Sachbeschädigung die Beschaffung einer neuen Sache unter Umständen dem Interesse des Verletzten mehr entsprechen als die Herstellung der beschädigten. Daher kann in diesen Fällen der Verletzte statt Herstellung den Geldbetrag verlangen, den er für Herstellung aufwenden müßte. Soweit der Ersatzpflichtige nur zu Herstellung verpflichtet ist, muß derselbe, ¶
wenn der Gläubiger es verlangt, innerhalb angemessener Frist die Herstellung vornehmen, widrigenfalls er, wenn der Gläubiger bei der Fristsetzung erklärte, daß er die Herstellung nach Ablauf [* 41] der Frist ablehne, demselben den Schaden in Geld zu ersetzen hat. Andererseits muß sich der Gläubiger S. in Geld gefallen lassen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist (§§. 249‒252). Auch für nicht vorauszusehende Folgen seines Verhaltens hat der Pflichtige zu haften.
Wegen Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den gesetzlich bestimmten Fällen verlangt werden (§. 253). Hat beim Entstehen der Schadens auch ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zu S. und Umfang desselben von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem andern Teil verursacht ist. Dies gilt auch, wenn das Verschulden des Beschädigten nur darin besteht, daß er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte, noch kennen mußte, oder daß er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern, wobei er auch das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, zu vertreten hat (§§. 254, 278). Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechtes S. zu leisten hat, kann Abtretung der Ansprüche verlangen, die der Ersatzberechtigte auf Grund des Eigentums an der Sache oder auf Grund des Rechtes gegen Dritte hat (§. 255).
Die Verpflichtung zum S. wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachteile, welche die Handlung für Erwerb oder Fortkommen herbeiführt (§§. 842 fg.). Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert, oder tritt eine Mehrung der Bedürfnisse des Verletzten ein, so ist S. durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten, auch wenn ein anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.
Die Rente ist für drei Monate voraus zu zahlen. Bei wichtigem Grund kann der Verletzte Kapitalabfindung verlangen. Im Fall der Tötung sind die Beerdigungskosten zu ersetzen und, wenn der Getötete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnisse stand, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder werden konnte, des weitern Geldrente an den Dritten zu leisten, sofern diesem infolge der Tötung das Recht auf den Unterhalt entzogen wird, jedoch nur soweit, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde.
Diese Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war. Im Fall der Tötung, der Verletzung von Körper oder Gesundheit sowie von Freiheitsentziehung hat der Pflichtige, wenn der Verletzte kraft Gesetzes einem Dritten zur Leistung von Diensten in dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet war, dem Dritten für die entgehenden Dienste durch Entrichtung einer Geldrente Ersatz zu leisten. Im Fall von Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Fall der Freiheitsentziehung kann auch wegen Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, billige Entschädigung in Geld verlangt werden, ohne daß dieser Anspruch übertragbar oder vererblich wäre, es sei denn, daß er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist.
Gleichen Anspruch hat eine Frauensperson, gegen die ein Verbrechen oder Vergehen wider die Sittlichkeit begangen, oder die durch Hinterlist, Drohung oder unter Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung der außerehelichen Beiwohnung bestimmt wird (§. 847). Der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, wo der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 30 Jahren von Begehung an (§. 852).
Im allgemeinen gilt für S. aus unerlaubten Handlungen der Satz, daß S. zu leisten hat, wer vorsätzlich oder fahrlässig Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder ein sonstiges Recht eines andern widerrechtlich verletzt oder gegen ein den Schutz eines andern bezweckendes Gesetz schuldhaft verstößt (§. 823) oder in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise (illoyale Handlungen) einem andern vorsätzlich Schaden zufügt (§. 826). – Für die Haftung aus dem Einsturz eines Gebäudes oder eines andern mit einem Grundstück verbundenen Werkes oder aus der Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werkes setzt das Bürgerl.
Gesetzbuch (§§. 836 fg.) voraus, daß Einsturz oder Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist. Haftbar ist nicht der Eigentümer als solcher, sondern der Eigenbesitzer, derjenige, welcher das Grundstück als ihm gehörig besitzt. Nur er ist im stande, sich über den Zustand des Gebäudes zu unterrichten, und er ist nicht haftpflichtig, wenn er zum Zweck der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.
Ein früherer Eigenbesitzer ist verantwortlich, wenn Einsturz oder Ablösung innerhalb eines Jahres nach Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, daß er während seines Besitzes die nötige Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können. Ist das schadenstiftende Bauwerk nicht im Besitze des Eigenbesitzers des Grundstücks, sondern eines andern, der es in Ausübung eines Rechtes (z. B. als Pächter) besitzt, so trifft diesen andern die Haftung. Neben dem Eigenbesitzer haftet, wer die Unterhaltung für ihn übernommen hat und wer vermöge Nutzungsrechtes (Nießbrauch, Wohnungsrecht) zur Unterhaltung verpflichtet ist. (S. auch Unlauterer Wettbewerb.)
[* 42] *, Kanton, [* 43] hatte 1888 eine Wohnbevölkerung von 37783 (17970 männl., 19813 weibl.) E., darunter 147 Franzosen und 79 Italiener. Einwohnerzahl der Bezirke:
Bezirke | Einwohner | Evangelische | Katholiken | Israeliten | Andere |
---|---|---|---|---|---|
Oberklettgau | 3556 | 3437 | 110 | 1 | 8 |
Unterklettgau | 4375 | 4232 | 141 | 1 | 1 |
Reyath | 4107 | 3959 | 127 | - | 21 |
Schaffhausen | 18570 | 15069 | 3372 | 26 | 103 |
Schleitheim | 4043 | 3913 | 125 | - | 5 |
Stein | 3132 | 2230 | 886 | - | 16 |
Kanton | 37783 | 32840 | 4761 | 28 | 154 |
Nach der Viehzählung von 1896 gab es 972 Pferde, [* 44] 11654 Rinder, [* 45] 11118 Schweine, [* 46] 4505 Ziegen und 2427 Bienenstöcke. 1894 wurden in der Fischzuchtanstalt des Kantons eingesetzt 631840 ¶
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Fischeier, darunter 407000 Lachs-, 189000 Aschen - und 35840 Forelleneier. Die Staatseinnahmen betruaen 1894:1,5iv, die Ausgaben 1,4is Mill. und das Vermögen 12 372 862 Frs. Schaftlach, Dorf im Bezirksamt Miesbach des bayr. Reg.-Bez. Oberbayern, am Tegernsee und an den Nebenlinien Holzkirchen-Tölz und S.-Gmund (7,8 Km) der Bayr. Staatsbahnen, [* 48] hat (1895) 538 kath. E., Posterpedition und Telegraph. [* 49] '"Schall. [* 50] Genügend starke Schallschwingungen können sich auch in Anziehung und Ab sto ß u n g, Luftströmungen und Wirbel umsetzen.
Bei Versuchen verwendet man zur Tonerzeugung eine starke, nicht zu tiefe Stimmgabel auf einen: Nesonanzkasten, oder ein konisches Horn von Pappe oder Blech, das wie eine Trompete ange- blasen wird, oder auch die menschliche Stimme, die durch ein vor den Mund gehaltenes koni- sches Rohr verstärkt wird. Körper, die specifisch schwerer als Luft sind, werden von der Ton- quelle angezogen, specifisch leichtere abgestoßen. Eine mit Kohlensäure gefüllte Seifenblase be- wegt sich gegen die Öffnung des Resonanzkastens einer Stimmgabel, ebenso ein Stück Pappe, eine Korkkugel u. dgl. Eine mit Leuchtgas [* 51] oder Wasserstoff gefüllte Seifenblase, eine brennende Flamme, [* 52] wird von der Öffnung des Resonanz- kastens weggetrieben.
Eine Kugel, die sich periodisch erweitert und zusammenzieht (pulsierende Kugel), stößt eine zweite solche Kugel ab, wenn sie in entgegenge- setzter Phase schwingen (d. h. wenn sich die cinc ausdehnt, während sich die zweite zusammen- zieht); wenn sie in gleicher Phase schwingen, tritt Anziehung ein. Zwei kleine ruhende Kügelchen, welche sich in einem Schwingungsbauche befinden, ziehen sich an, wenn ihre Verbindungslinie senkrecht steht zur Schwingungsrichtung; fällt ihre Verbin- dungslinie in die Schwingungsrichtung, so stoßen sie sich ab. Ein dünnes Scheibchen trachtet sich immer senkrecht zur Schwingungsrichtung zu stellen, welcher Umstand zur Schallstärkemessung verwendet werden kann.
Man hat in den akustischen Anzie- hungs- und Abstoßungserscheinungen Analogien für magnetische und elektrische Kraftwirkungen sowie für die allgemeine Gravitation gesucht und daraus die Möglichkeit der Erklärung der Elektricität, des Ma- gnettsmus und der Schwere durch Schwingungen des Äthers vermutet. Ein kleiner Resonator, den man in einer solchen Lage auf Wasser schwimmen läßt, daß die Achse der das auf eine Nadelspitze gestellt wird. Vorstehende [* 47] Fig. 1 zeigt ein solches akustischesReaktionsrad mit drei Glasresonatoren.
Stellt man diese Vor- richtung auf einen niedrigen Fuß in einen Glas- cylinder, so genügt es schon, den Ton der Resonatoren über dem Glascylinder zu singen, um das Rad in Bewegung zu setzen. Man kann auch ein akustisches Reaktionsrad [* 53] herstellen, das mit wachsender Schall- stärke aufhört, sich zu drehen und dann die Drehungs- richtung wechselt; jeder Resonator besitzt dann zwei Öffnungen von verschiedener Einrichtung. [* 47] Fig. t. [* 47] Fig. 2. Öffnung horizontal ist, wird immer in der Richtung seiner Achse fortgestoßen; diese Abstoßung giebt eine stetige Drehung, falls man einen oder mehrere sol- cher Resonatoren auf einem leichten Kreuz [* 54] befestigt, Flg. 3. [* 47] Fig. 4. Schlägt man in ein Stück dünner Pappe oder Aluminiumblech eine Anzahl Öffnungen mit konisch aufgeworfenem Rande, so bewegt cs sich in einem Schwingungsbauche so, daß die breitere Seite der Öffnungen vorangeht.
Etwa drei folcher Flügel geben das Schallradiometer [* 47] (Fig. 2); dasselbe dreht sich vor der Öffnung des Resonanzkastens einer starken Stimmgabel oder im SchwingunHsbauche einer Nesonanzröhre. Schneidet man von emem ge- wöhnlichen kugelförmigen Resonator den engen Teil, der ins Ohr [* 55] gesteckt wird, weg und klebt eine kleine Metallplatte mit konisch verengter Öffnung auf, so entstehen an dieser Öffnung Strömungserscheinun- gen. Bei jeder Verdichtung im Resonator wird die zunächst dieser Öffnung befindliche Luft, wahrschein- lich in Form eines kleinen Wirbelringes, ausgestoßen und bet jeder Verdünnung Luft in den Resonator eingesogen; ersteres giebt einen Luftstrom außer- halb, letzteres einen solchen innerhalb des Resonators.
Dieser Luftstrom kann leicht ein brennendes Zünd- hölzchen ausblasen, oder ein leichtes Windrädchen in Drehung versetzen; [* 47] Fig. 3 zeigt einen Glasreso- nator mit je einem Windrädchen für den äußern und innern Luftstrom. Läßt man den Luftstrom auf ein Flüssigkeitssäulchen auftresfen, das sich in einem schwach gebogenen Glasröhrchen befindet, so kann man die Verschiebung der Flüssigkeit zu vergleichen- den Schallstärkemessungen benutzen; [* 47] Fig. 4 zeigt einen solchen einfachen Schallmesser. Schallradiometer, s. Schall. Schälmaschine, s. Kaffee. Schapirograph, ein von H. Hurwitz H (50. in Berlin in den Handel gebrachter Vervielfältigungs- apparat, bei welchem die Abzüge eines mit geeig- neter Tinte geschriebenen Originalmanuskriptes wie ¶
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beim Hektographen ls. d., Bd. ^) gewonnell werden. Die Schrift des Originals wird jedoch nicht, wie beim Hektographen, aus eine Leimplatte, sondern auf ein hierzu präpariertes Papier (sog. Negativ- Papier) übertragen, das sich in einem Kasten, von zwei Rollen [* 57] straff gespannt, befindet. Nach Gebrauch einer Stelle des Papiers werden die Rollen gedrebt, wodurch eine frische Fläche zwischen ihnen zum Ge- brauch bereit ist. Jede Stelle des Negativpapiers kann dreimal gebraucht werden, vorausgesetzt, daß sie nach dem Gebrauch einige Tage unbenutzt bleibt.
Scharfenberg, Ruine bei Donzdors (s. d.). *Schauermann (Schauer; Schauerleute; vom niederläud. «cnmnvei-, d.h. ein Arbeiter, der Sckiffe ausbessert; engl. norkman; frz. onvrier; ital. 8(^ri^toi'e), die Arbeiter in den Hafenstädten, die an Bord der Handelsschiffe mit dem Laden und Entladen (Löschen) der Schiffsfracht beschäftigt werden; auch besorgen sie das fachgemäße Stauen (d. h. Festlegen der Fracht im Laderaum) unter Aufsicht der Stauer (s. d.). Die Schauerleute arbeiten gewöhnlich in G äng en, d. i. in Gruppen von 6-10 Mann, die zu- sammen für eine Dampfwinde (Dampfkran) arbeiten. Von jedem Gang [* 58] befinden sich etwa vier Mann im Laderaum, mehrere Leute stehen an den Luken, um da die Ladung beim Heißen oder Fieren zu beauf- sichtigen, andere auf dem Oberdeck, um die von der Dampfwinde gehobene Fracht über Bord zu fetzeil oder vom Leichterfahrzeuge zu empfangen. An: Lande besorgen die Quai arbeit er die weitere Arbeit de^ Löschens und Ladens. Bei Stückgutladung arbeiten die Schauerleute gewo'bnlich im Tagelohn, bei Bulk- ladung (homogener, meist unverpackter Fracht, wie Getreide, [* 59] Salpeter, Kohlen, Guano und ähnliches) arbeiten sie meist in Accord. * Schaumburg-Lippe hat (1895) 41224 120 693 männl., 20531 weibl.) E., darunter 40169 Evangelische, 639 Katholiken, 32 andere Christen und 384 IZraeliten, ferner 5781 bewohnte Wohn- häuser, 8565 Haushaltungen und 22 Anstalten, d. i. eine Zunahme seit 1890 um 2061 Personen oder 5,26 Proz. über den Beruf der Bevölkerung [* 60] s. Ta- belle unten. Die Zahl der Geburten betrug 1895: 1304, der Eheschließungen 302, der Sterbefälle (ein- schließlich 29 Totgeburten) 680. Im 1.1893 kamen auf Acker- und Gartenland 16130, Wiesen 3936, Weiden und Hntungen 2373, Forsten und Holzungen 7102 da. Die Erntefläche be- trug 1895 vonRoggen5175,Weizen 2021, Gerste339, Kartoffeln 1410, Hafer [* 61] 2550 und Wiefenheu 38561i» - der Ernteertraa 9758 t Roggen, 4267 Weizen, 613 Gerste, [* 62] 17 878 Kartoffeln, 5039 Hafer, 12 236 Nuukel rüben, 5982 Klee (Heu) und 14885 t Wiesenheu. Im I. 1893 waren bestanden mit Laubholz 5606 Im, darunter 2966 ka Eichen, und mit Nadel- holz 1497 Iia. 911 schelten Schaumburg-Lippescher Hausorden. für Lippe-Detmo'ld und Schaumburg-Lippe gemein- sam bestehende Ehrenkreuz (s. d., Bd. 5) ist in zwei selbständige Orden [* 63] für die beiden Für- stentümer zerlegt worden.
Die Ordenszeichen des S. H. sind die bisherigen, nur trägt das Medaillon das Schaumburgsche Nesselblatt mit der Lippeschen Rose, daZLippe-DetmoldschcEhrenkreuzjedochnurdieRose. *Scheibbs, Bezirkshauptmannschaft, umfaßt seit der 1896 erfolgten Abtrennung des Gerichts- bezirks Mank zur nenen Bezirtshanptmannfchaft Melk die Gerichtsbezirke Gaming und S. und hat 1041,20 cikin und (1890) 31605 E. Scheiern, Dorf, s. Scheyern. Scheiner, Julius, Astrophysiker, geb. zu Köln [* 64] a. Rh., studierte 1878-81 in Bonn unter Schönfeld Astronomie, [* 65] promovierte 1882 mit der Schrift «Über den Licktwechsel Algols». 1881-86 war er Assistent an der Bonner Sternwarte, [* 66] 1887 -94 Assistent am Astrophysikalischen Institut zu Potsdam. [* 67] 1893 erhielt er den Titel Professor, 1894 die definitive Anstellung als Astronom am Obser- vatorium in Potsdam und wurde gleichzeitig zum außerord.
Professor der Astrophysik an der Berliner [* 68] Universität ernannt. An den bedeutenden Arbeiten der Potsdamer Sternwarte auf dem Gebiete der Spettrofkopie hat S. als Assistent Vogels einen her- vorragenden Anteil, auch ist er der Verfasser des ersten Lehrbuchs der Spektroskopie iu ihrer Anwen- dung auf die Astronomie («Die Spektralanalyse [* 69] der Gestirne», Lpz. 1890). Von größern selbständigen Arbeiten sind in den «Astron. Nachrichten» von ihm veröffentlicht worden: «nber die Bestimmung der Sterngrößen aus photogr. Aufnahmen» (1889), «Vorläufige Mitteilung über Untersuchungen an photogr. Aufnahmen von Sternfpektren» (1889), «Photogr.-photometrifche Untersuchungen» (1891); ferner erschienen in den Sitzungsberichten und Ab- handlungen der Berliner Akademie «Untersuchun- gen über die Sternspektra vom I. Typus» (1890), «Der große Sternhaufen im Hercules, Messier 13» 11892), «Photogr. Aufnahmen Fraunhoferscher Beu- gungsfiguren» (mit Hirayama, 1894),
«Über eine sehr empfindliche Methode znm Nachweis Hertzscher elektrifcher Schwingungen» (mit Wilsing, 1895). Band [* 70] VIII, 2 (1895) der Publikationen des Pots- damer Observatoriums enthält von S. «Unter- suchungen über die Spektra der Hellern Sterne». Schelten, Auf treiben, ein in der Znnftzeit gebräuchliches Kampfmittel gegen «unehrliche» Mit- glieder des Handwerks. Der Name des unehrlichen Handwerkers, der sich gegen die Zunftordnung oder Verfügungen der Zunftbehörden verging, wurde ans dem «Schwarzen Brett» bekannt gegeben. Beim ge- scholtenen Meister durfte kein Gefelle mehr arbeiten, derselbe durfte nicht mehr bei der Morgensprache und Die Bevölkerung in Schaumburg-Lippe nach Berufsabteiluugen am Verufsabteilungen ^. Land- und Forstwirtschaft u. s. w V. Bergbau [* 71] und Industrie, Baugewerbe 5. Handel und Verkehr D. Lohnarbeit, häusliche Dieuste N. Armee-, Staats-, Gemeinde-, Kirchendienst; freie Berufe Darunter: Armee und Marine IV Rentner, Pensionäre n. s. w., Personen ohne Beruf und Bernfsangabe Darunter: Berufslose Selbständige Summe ^.-I' Darunter weibliche Perfonen Erwerbs- thätige Dienende 5 534 6 889 1286 277 155:; 101? 1450 1100 16 989 3 52^! 496 250 197 1 194 12 166 166 An- gehörige 6 999 11898 1969 297 896 55 914 914 Bevölkerung überhaupt 13 029 19 037 3 452 575 2 643 1084 2 530 2 180 1304 127? 22 973 15 746 41266 20 546 ¶
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andern Zusammenkünften der Zunftgenossen er- scheinen, auf dem Markte nicht mehr neben den andem Meistern, sondern nur drei Schritte von diesen entfernt feine Waren feilbieten, oder er wurde völlig vom Absatz auf dem städtischen Markte aus geschlossen u. s. w. Der gescholtene Geselle dagegen muhte seine Arbeitsstelle verlassen, kein Geselle durfte mehr neben ihm arbeiten, ohne selbst gescholten zn werden. Wollte er an einem andern Orte Arbeit nehmm, so ward er «aufgetrieben», d. h. durch Vriesc dahin verfolgt, wohin er sich wendete oder wo cr Arbeit suchte. S. und Austreiben waren demgemäß ursprünglich Verrufserklärungen als Disciplinen- mittet, die durch Gewerbeverfassung und Zunft fatzung als zulässig anerkannt waren. Seit dein 16. Jahrh, nahmen sie aber einen teilweise andern Charakter an und wurden zu einem Kampfmittel der organisierten Gefellenschaft gegenüber den Meister- zünften. Diese Verrufterklärung eines Arbeitgebers durch die Arbeitergenossenschaften ist nichts anderes als das Boycotten (f. d., Bd. 3) der neuesten socialen Kämpfe. Während jedoch das (H. die Verrufserklä- rung einer Person war, macht der moderne Boycott den Kampf gegen die hergestellten Waren zur Haupt- sache, er will den kapitalistischen Unternehmer durch die Unverkäuflichkeit feiner Erzeugnisse vernichten oder zur Nachgiebigkeit gegen die Arbeiterforde- rungen zwingen. -
Vgl. von Zecket, Artikel Boycott im 1. Supplementband des «Handwörterterbuchs der Staatswissenschaften», hg. von Conrad (Lpz. 1895) - derf.,DerBoycott(inden «Jahrbüchern für National- ökonomieund Statistik», hg.vonConrad (Iena1895).
* Schenk, Karl, starb in Bern. [* 73] Schenklengsfeld, Flecken im Kreis Hersfeld [* 74] des preuß. Reg.-Vez. Cassel, an der Solz, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Cassel), hat (1895) 1014! E., Post, Fernsprechverbindung, evang. Kirche; Molkerei, Ziegeleien, Sandsteinbrüche und Mühlen. [* 75] Nahebei die Ruine Land eck. ftitis. Scherings Diphtherieantitoxin, s.Diphthe Scheyern (Sch eiern), Dorf im Bezirksamt Pfaffenhofen des bayr. Reg.-Bez. Oberbayern, hat (1895) 1144 kath. E., Posterpedition, Telegraph Benediktinerkloster mit Lateinschule und Knaben- seminar. S. ist Stammsitz der Grafen vonS., die 1108 ihre Burg in ein Kloster umwandelten, ihren Sitz nach Wittelsbach verlegten und sich nun nach der neuen Burg Grafen von Wittelsbach (f. d., Bd. 16) nannten.
Das Kloster wurde 1803 aufgehoben und verkauft, 1838 von Ludwig I. von Bayern [* 76] angekauft, restauriert und zur Gruft des königl. Haufes be- stimmt, welcher Plan jedoch nicht ausgeführt wurde. Benediktiner von Metten hielten hierauf ihren Einzug.-Vgl.Hundt,KlosterS. (Münch. 1862). ^Schichau, Ferdinand, starb in Elding. Die Leitung des Werkes ging an seinen Schwiegersohn Ziese über. Schiedsgerichte, kaufmännische. Nachdem Vorbilde Londons (OdamdLi' ok arditi-aFe), wo ins- besondere die Höhe der Prozeßkosten dazu führte, machen sich auch in Deutschland [* 77] da und dort Be- strebungen geltend, zur raschern und billigern Er- ledigung von Streitigkeiten unter Kaufleuten stän- dige S. zu organisieren.
Eine Art derselben stellen die Vörsenschiedsgerichte (s. d.) dar. Schiefbahn, Dorf im Kreis Gladbach [* 78] des preuß. Reg.-Bez. Düsseldorf, [* 79] an den Linien Krefeld-Rheydt (Station Niederheide) und Neuß-Vierfen-Neerfen der Preuh. Staatsbahnen, hat (1895) 3120(5., Post agentur, Fernsprechverbindung, Bürgermeisterei, kath. Kirche; Seidenweberei, mechan. Weberei [* 80] und Hausindustrie. * Schießen. [* 81] Durch die Einführung von Schieß- auszeichnungen (f. Schützenabzeichen, Bd. 14) und Kaiserpreise sind die Bestimmungen für das Einzel- Prüfungsfchießen in der deutfchen Infanterie seit dem I. 1895 abgeändert worden. Da es sich bei der Ermittelung der Schießresultate bei den Trup- pen darum handelt, daß die in Vergleich zu stellenden Leistungen der einzelnen Compagnien möglichst unter gleichwertigen Bedingungen erreicht worden sind, daß vornehmlich die Beteiligung aller Mannschaften einer Compagnie gewährleistet und die Art der Vorübungen überall auf dasselbe Maß eingeschränkt bleibt, so ist folgendes Verfabren ein- geschlagen worden: Die für die gefamten Fußtrup- pen gleichmäßig gestellten Aufgaben für das Einzel- Prüfungsfchieften wurden im Monat Mai bekannt gegeben und bestimmt, daß von diesem Augenblick an jedes S. mit scharfen Patronen bis zur Erledigung des Einzel-Prüfungsschießens verboten sei. Die Truppencommandeure wurden dafür verantwortlich gemacht, daß die Compagnien in größtmöglichster Stärke [* 82] am Prüfungsschießen teilnehmen, und sehr eingehende und dem Zweck der geplanten Ermitte- lungen scharf angepaßte Berichtsvorschriften wurden gegeben.
Auch wurde bestimmt, daß Compagnien, welche im Durchschnitt mehr als eine Minute für den Schuß gebraucht haben, von dem Wettbewerb um das Kaiferabzeichen ausgeschlossen würden. Behufs Er- mittelung der besten Ergebnisse sind zunächst die Sum- men der erschossenen Ringe der drei vorgeschriebenen Übungen zusammenzuzählen, und darauf ist die Ge- samtsumme durch die Zahl der von der Compagnie abgegebenen Schüsse zu teilen. * Schießpulver. [* 83] Die bisher bekannten rauch- schwachen Pulver bestehen entweder bloß aus Nitrocellulose oder aus einer Mischung derselben mit Nitroglycerin oder aromatischen Nitroverbindungen.
Sie habendieFormvonKornern, Blättchen, Würfeln, Schnüren, Röhren [* 84] oder Streifen. Die Blättchen des S. für militär. Zwecke haben die verschiedensten Ab- messungen, für Iagdzwecke beträgt die Dicke nur 0,i mm, dagegen für Geschütze [* 85] 3 ram bei einer Seiten- länge bis zu 20 min. Die Farbe der Pulver ist grau- gelb, braun oder, wenn es mit Graphit poliert ist, grauschwarz glänzend. Obgleich sie minimale Mengen eines Rückstandes hinterlassen, müssen nach einge- stelltem Feuer die Läufe doch gereinigt werden, weil sie durch geringe Mengen von Säure rosten. Die Darstellung der rauchlofen Pulver ist folgende. Die Lösung von Nitrocellulose mit oder ohne Nitro- glycerin, Nitrobenzolu.s.w. in Äther, Alkohol, Ace- ton u. s. w. geschieht in Knetmaschinen ähnlich denen zur Herstellung des Brotteigs. Nach 3 -lOstün- digemKneten stellt der Teig eine gleichförmige, durch- scheinende, gummiartige Masse dar. Diese wird ent- weder durch ein Mundstück zu Schnüren gepreßt (wie bei den Cordite.n, s. d., Bd. 4) oder in heißes Wasser eingetragen und durch Einleiten von Dampf [* 86] in Körnerform gebracht (Walseroder Pulver), oder der Teig wird durch feinpolierte, auf etwa 60° erwärmte Hartguß- oder Stahlwalzen zu dünnen Blättern ausgewalzt und nachher in einer Schneide- maschine zu dünnen Streifen und diese in kleine Blättchen geschnitten. Sollen dickere Blätter oder Würfel hergestellt werden, so werden verschiedene dünne Blättchen durch Walzen zusammengepreßt ¶
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und verkittet. Zu den reinen Nitrocellulosepulvern gehört das franz. B-Pulver, das deutsche rauchschwache Pulver (s. Blättchenpulver, Bd. 3), die Pulver von Wettern, Walserode, Förster, das 8. L.-Pulver von Judson und Borland u. s. w. Zu den nitroglycerinhaltigen Pulvern gehört der Ballistik (s. Nobels rauchschwaches Pulver, Bd. 12), der in Form von Schnüren die Bezeichnung Filit führt. Der CordU enthält 48 Teile Nitroglycerin, 37 Teile Schießbaumwolle, 3 Teile Vaselin.
Als Amberit bezeichnet man ein körniges Pulver von 44 Teilen Trinitrocellulose, 12 Teilen Dinitrocellulose, 40 Teilen Nitroglycerin nebst etwas Paraffin [* 88] und Schellack. Zu den mit aromatischen Nitroverbindungen gemischten Pulvern gehören Indurit, Du Pont-Pulver, Riflit, welche Nitrobenzol enthalten, und der Plastomenit, der durch Auflösen von nitrierter Holzcellulose in geschmolzenem Dinitrotoluol erzeugt wird. *Schiffbaukunst. Vor dem Bau eines Schiffs müssen die (im Band 14 angeführten) Pläne entworfen sein; die drei Projektionen: Aufriß, Wasserlinienriß und Spantenriß bestimmen die genaue Form des Schiffskörpers.
Aus den Einzelheiten des Planes wird dann (wenigstens stets bei Kriegsschiffen) der Systemschwerpunkt, d. h. der Schwerpunkt [* 89] des Schiffs mit allen einzelnen Lasten, die es tragen soll, berechnet; seine Lage ist sehr wichtig, weil die Seetüchtigkeit des Schiffs davon abhängt. Er soll womöglich in der obersten Wasserlinie oder Konstruktionswasserlinie (d. h. der horizontalen Schnittfläche, bis zu der das Schiff [* 90] in vollbeladenem Zustande eintaucht) oder in ihrer Nähe liegen, damit das Schlingern (s. d., Bd. 14) nicht zu heftig werden kann.
In der Regel liegt der Systemschwerpunkt zwischen dem Deplacementsschwerpunkt und dem Metacentrum [* 91] (s. d., Bd. 11). Alle drei Punkte liegen nur bei aufrechter Schiffslage in einer Vertikalen, schon bei geringer Neigung des Schiffs rückt der Deplacementsschwerpunkt nach der geneigten Seite hin. Im Systemschwerpunkt wirkt die Masse des Schiffs nach unten, im Deplacementsschwerpunkt liegt der Angriffspunkt der nach oben wirkenden Resultierenden des Auftriebs (s. d.). Beide Punkte müssen so liegen, daß sie bei jeder Bewegung des schwimmenden Schiffs das Bestreben haben, das Schiff wieder in die normale Lage zu bringen.
Die Wirkung beider Kräfte nennt man die Steife oder Steifigkeit des Schiffs. Das Metacentrum muß bei jeder Neigung über dem Systemschwerpunkt bleiben; rückt bei starker Krängung das Metacentrum unter den Systemschwerpunkt, so kentert das Schiff. Je höher das Metacentrum über dem Systemschwerpunkt liegt, um so steifer ist das Schiff, um so schneller sucht es seine ausrechte Stellung wieder einzunehmen. Rank nennt man Schiffe, [* 92] die leicht auf die Seite fallen, bei denen also die beiden genannten Punkte nahe beisammen liegen.
Die Lage des Systemschwerpunkts ist weniger von der Form des Schiffskörpers, als von der Gewichtsverteilung an Bord abhängig, also bei Kriegsschiffen von der Anordnung des Panzers und der Aufstellung der Geschütze, bei Handelsschiffen von der Art und der Stauung der Ladung. Gefährlich können Veränderungen in der Lage des Systemschwerpunkts werden, wenn z. B. lose gestaute Ladungen, wie Korn oder Kohlen, in einem nur teilweise gefüllten Laderaum bei starker Krängung sich nach der geneigten Seite bewegen, «überschießen».
Jedes Schiff muß kentern, dessen Systemschwerpunkt beim überschießen von Lasten weiter nach der geneigten Schiffsseite hinrückt als der Deplacementsschwerpunkt. Auf den Plänen muß die oberste Wasserlinie genau festgestellt sein. Zur Berechnung des Deplacements oder Gesamtgewichts eines Schiffs muß bestimmt werden:
1) das tote Gewicht, bestehend aus den Gewichten des Schiffskörpers mit innerer und Deckseinrichtung, der Takelung, [* 93] der Anker, [* 94] Ketten und Troffen, der Boote mit Ausrüstung, der Wasserkästen, Kombüsen, des Handwerkzeugs, des Koch- und Backgeschirrs (s. Back 2 u. 3, Bd. 2), der Mannschaftseffekten, des Proviants, des Wasservorrats, des Materials für Instandhaltung, Reinigung und Ausbesserung des Schiffskörpers, der Maschinen und Kessel (diese mit Wasser gefüllt), des Propellers mit Zubehör und Reserveteilen, des Kohlenvorrats, des Ballastes;
2) die nützliche Zuladung, bestehend bei Handelsschiffen aus den Gewichten der Frachtgüter und der Passagiere mit Effekten, des Proviants und Wassers, bei Kriegsschiffen aus den Gewichten der Geschütze mit Munition, der Torpedoausrüstung, des Panzers mit Holzhinterlage und der Besatzung. Die Veränderlichkeit des Tiefgangs ist bei Frachtschiffen (Seglern und Dampfern) am größten, bei Kriegsschiffen am geringsten. Ein Handelsschiff kann im unbeladenen Zustande weniger als das halbe Deplacement des beladenen Zustandes haben.
Bei Kriegsschiffen ist Deplacement und Tiefgang nur von dem Verbrauch an Kohlen, Proviant und andern Vorräten abhängig. Um für jeden Tiefgang die Tragfähigkeit oder das Deplacement für den betreffenden Tiefgang zu wissen, wird den Schiffsplänen ein Lastenmaßstab (auch Deplacementsskala genannt) beigegeben. Um ihn aufzustellen, wird für verschiedene beabsichtigte Tiefgänge die Wasserverdrängung (der Schiffsform) berechnet und graphisch dargestellt (s. beistehende [* 87] Figur). K bedeutenden Kiel, [* 95] W den Schnittpunkt der Vertikalen vom Kiel mit der obersten Wasserlinie O O'; W D sei in beliebigem Maßstabe das Deplacement der Wasserlinie O O'. In halber Höhe zwischen Kiel und Wasserlinie sei das Deplacement (im gleichen Maßstabe wie W D ausgedrückt) gleich W D', in ¼ Höhe ebenso W D'', in ¾ Höhe W D''', so nennt man die Kurve D D''' D' D'' K die Deplacementskurve, auf der man für jeden beliebigen Tiefgang das Deplacement abgreifen kann.
Will man auch die Reserveschwimmkraft bestimmen, d. h. das Deplacement des über der obersten Wasserlinie noch schwimmfähigen, wasserdichten Schiffsraums, der gewöhnlich bis zum Oberdeck reicht, so wird der Lastenmaßstab noch bis zum Oberdeck L R berechnet. Die Größe der Reserveschwimmkraft im Verhältnis zum Deplacement ist für die Schwimmfähigkeit bei Zusammenstößen, Grundberührungen, Torpedoerplosionen und Schußverletzungen unter der Wasserlinie von großem Einfluß. Das lineare Maß für die Größe der Reserveschwimm kraft ist der Freibord (s. d.). Um verschiedene Schiffskörper ¶