126 1888 unter
San-Marzano als Jägeroberst in
Erythräa thätig, dessen Gouverneur er im Juli 1891 als Nachfolger Gandolfis
wurde. Im Nov. 1891 nach
Italien
[* 2] zurückgekehrt, arbeitete er mit
Graf Salimbeni den
Entwurf einer Neuordnung der
Kolonie aus,
zu deren Civilgouverneur er im Febr. 1892 ernannt wurde. Von Zanardelli im Dez. 1893 als Minister des
Auswärtigen ins
Auge
[* 3] gefaßt, begab er sich nach
Italien, kehrte aber, da das
Kabinett nicht zu stande kam, nach
Afrika
[* 4] zurück,
wo indessen sein
Stellvertreter, Arimondi, 22. Dez. die
Derwische bei Agordat geschlagen hatte. Er eroberte Kassala
und schlug Ras Mangascha von
Tigre bei Coatit, 16. Jan. bei Senafe.
Zum Generallieutenant befördert, besetzte und befestigte er im März Adigrat und nahm nach dem
Gefecht von Debra Ailat 9. Okt. die
Höhen von Antaló, worauf er unter Hinterlassung von
Truppen im
Paß
[* 5] von
Amba Aladschi und der Festung
[* 6]
Makalle nachMassaua
[* 7] zurückkehrte. Als nun die Schoaner, über deren
Absichten Bäcker stets überraschend schlecht unterrichtet war, vorrückten,
vereinigte Bäcker seine sämtlichen verfügbaren
Truppen bei Adigrat, worauf er nach langer Unthätigkeit, wodurch die
Niederlage
des Majors Toselli bei
Amba Aladschi (8. Dez.) und die Kapitulation
Makalles verschuldet wurden, zumAngriff
schritt und 1. März bei
Adua (s. d.) völlig geschlagen wurde. Bäcker wurde sofort, 4. März, zur
Disposition gestellt und der Oberbefehl dem
General Baldissera (s. d.) übertragen. Nachdem 31. Mai die Kammer die Disciplinaruntersuchung
gegen Bäcker wegen dieser
Niederlage beschlossen hatte, begann 5. JuniMassaua der Prozeß gegen ihn und endete 12. Juni mit
seiner Freisprechung. Im Aug. 1896 nahm er seinen
Abschied.
Vandelli, Pflanzengattung, die bald zu den
Amaryllidaceen (s. d., Bd.
1), bald zu den Hämodoraceen, neuerdings auch zu der kleinen Familie der Velloziaceen gerechnet wird.
Sie besitzen dichotomisch
verzweigte holzige
Stengel
[* 11] mit dichten
Blattrosetten, aus denen einzelne, selten mehrere lange Blütenschäfte hervortreiben.
Barbacenia purpursaHook. wird als Zierpflanze kultiviert.
Stadt im Distrikt Lydenburg der
Südafrikanischen Republik
(Transvaal), nahe der Nordgrenze
von
Swasiland, in gebirgiger, sehr ungesunder Gegend gelegen (850 m ü.d.M.). In der Nähe befinden sich die
De Kaap-Goldfelder,
von dem deutschen Reisenden
Mauch 1870 entdeckt, aber erst 1877 in
Angriff genommen.
GrahamBarber gründete die Stadt Barberton 1885,
die 1888 an 4000 E. zählte. Nach Erschließung der Goldfelder am Witwatersrand verlor Barberton außerordentlich
an Zugkraft. Die Jahresausbeute betrug 1893: 67497
Unzen,
d. i. 2099 kg
Gold.
[* 13] Barberton besitzt jetzt eine Zweigbahn, ausgehend von
der
Station Movini der
Delagoa-Pretoria-Eisenbahn.
[* 14] Stadt, hatte 1895: 325244, mit den Vorstädten
Gracia,
San Martin,
Sans und
SanAndres 523943
E. Seit neuester Zeit ist neben der Gasbeleuchtung auch elektrische eingerichtet. Die
Universität hat 1896 in ihren fünf
Fakultäten 57 ord. Professoren, 22 andere
Docenten und 3415 (darunter
1887 immatrikulierte)
Studenten. Die 2 Lehrerseminare
haben 400, die Ingenieurschule 400 und die Architektenschule 133
Schüler. 1895 wertete die Einfuhr 400325040,
die Ausfuhr 389522370
Pesetas. Im
Hafen verkehrten 2732 Schiffe
[* 15] mit 1299939 t; den Küstenhandel besorgten 2007 Schiffe mit 586271
t.
Distrikt in der
Kapkolonie, nördlich von
Kimberley und dem Vaalfluß in Westgriqualand
gelegen, mit 10422 qkm Flächeninhalt und 17400 E., darunter 3400
Weiße.
Hauptort ist Barkley, der älteste Ort in Westgriqualand,
Centrum der Diamantwäschereien mit etwa 1000 E.
[* 28] hat (1895) 126992 (61139 männl., 95853 weibl.) E., darunter 102818
Evangelische, 21031 Katholiken, 2643 andere
Christen und 500 Israeliten, ferner 6973 bewohnte
Wohnhäuser,
[* 29] 27654 Haushaltungen und 95 Anstalten. Rechnet
man hierzu die Einwohnerzahl der Nachbargemeinden Langerfeld (s. d.) und Nächstebreck
(2574 E.), so ergeben sich 137900 und für das Industriecentrum
Elberfeld-Barmen rund 306000 E. Die Zahl der
Geburten betrug
1895: 4203, der
Eheschließungen 1076, der Sterbefälle (einschließlich Totgeburten) 2183. Die Vieh-und
Schlachthofanlage ist 1894 eröffnet worden. Der städtische Haushaltplan für 1896/97 schließt ab in Einnahme und
Ausgabe
mit 5259300 M., wovon durch Gemeindeeinkommensteuern 2344831 M. gedeckt werden (156 Proz. Zuschlag
zur Staatseinkommensteuer nebst 153 Proz. Zuschlag zur
Grund-,
Gebäude- und Gewerbesteuer und 53 Proz. Zuschlag zur Betriebssteuer,
gegen 450 Proz. Zuschlag zur
¶
forlaufend
127
Klassen- und Einkommensteuer und 50 Proz. zur Grund- und Gebäudesteuer vor 10 Jahren) und 221000 M. durch Umsatz-, Bier-, Hunde-,
Lustbar- teits- und Vetriedssteuer. Es werden aufgebracht an Staatseinkommensteuer 1043527 M., Grund- und Gebäudesteuer 382000
M., Gewerbe- und Betriebs- steuer 217138 M., Ergänzungssteuer 192 317 M. Der Überschuß der Gaswerte
betrug 417000 M., des Wasserwerkes 64000 M., des Elektricitäts- werkes 24000 M., der Leihanstalt 5000 M., der Sparkasse 66000 M.
Vom Stiftungsvcrmogen (1,6 Mill. M.) entfallen 873000 M. auf Armen- pflege, 181000 M. auf Krankenpflege, 237000 M. auf Unterrichtszwccke, 111000
M. auf Invaliden- wesen, 2(X)000 M. auf verschiedene Stiftungen.
Das Schulwesen beansprucht jährlich 1518000 M., das Armenwesen434000M., das Bauwesen 650000 M., das Polizeiwesen 298000
M. V. ist Sitz eines Be- zirtstommandos. Die städtische Realschule wurde in eine Oberrealschule verwandelt, das städtische
Realgymnasium zur Entlastung der Gewerbeschule mit einer Realschule ausgestattet, und zwar in der Weise, daß bis zur Quarta
einschließlich ein gemein- samer Unterbau (Parallelcöten ohne Latein) ge- schaffen wurde (FrankfurterSystem) und die Teilung
erst in Untertertia beginnt.
An den höhern Knaben- schulen sind die Vorschulen aufgehoben worden. Das Fortbildungsschulwesen ist neu gestaltet; es bestehen
außer der Fortbildungsschule an der Gewerbeschule (Zeichenklasse) die städtische gewerbliche Fortbil- dungsschule, die
städtische Handwerker- und Kunst- gewerbeschule und die städtische Baugewerbescbule. Die Errichtung einer staatlichen Baugewerbeschule
für und Elberfeld ist geplant. Auf dem Karls- platze wird demnächst eine dem Andenken der Kaiser Wilhelm I. und Friedrich gewidmete
«Rubmeohalle» nach den Plänen des Kunstgewerbeschuldirektors Har- tig-Barmen erbaut.
Der Alte Markt ist freigelegt worden, und weitere Verschönerungen sind teils be- reits ausgeführt,
teils in nächster Aussicht. In der Bleichenstraße ist ein prächtiges neues Gymnasium nach dem Entwürfe des Stadtbaumeisters
Winchen- bach erbaut. Das Wasserwerk ist vergrößert wor- den, eine allgemeine Kanalisation im Werke. Auf der südl. Bergseite
sind weitere schöne Anlagen entstanden und ein Villenviertel ist im Einsteben. An der nördl.
Seite hat die Stadt große Wal- dungen für einen Park angekauft. An Vereinen bestehen 171 Gesang- und Musik-, 30 religiöse, 40 gemeinnützige, 7 polit., 29 Sport-, 34 Krieger-, 7 Fach-, 6 landwirtschaftliche, 359 sonstige
Ver- eine und 269 Kassen (2 Orts-, 56Fabrik-, 5 In- nungskrankenkassen, 8 eingeschriebene Hilfskassen,
4^ Pensions-, 33 Kranken- undSterbe- und 161 Sterbekassen).
VonWohlthätigkeitsvereinen sind noch zu nennen die Vereine zur Unterstützung hilfsbedürf- tiger Kinder, für Volksküchen
und für Erziehung, die Ortsgruppe des BergischenVereins für Ge- meinwohl, die Baugesellschaft für Arbeiterwohnun- gen, die
Zweigvereine der Kaiser-Wilhelms-Stif- tung und des Vaterländischen Frauenvereins und die Gefängnisgcfellschaft.
In Barth erscheinen (1896) 5 polit. Zeitungen, 9 religiöse Wochen- und Mo- natsschriften, 1 landwirtschaftliches Centralblatt
und «Der Feuerwehrmann».
Die.Hauptindustrie (Fabri- kation von Bändern, Litzen und Besatzartikeln) be- schäftigt (1896) in etwa 700
Betrieben über
15000, die Gesamtindustrie über 30000 Arbeiter. Eine Schwebebahn (System Langen) mit elektrischem Betrieb
führt über die Wupper bis Sonnborn. Die BarmerBergbahnis. d.) und die elektrische Strahen- babnlinie Tbcater-Hcckinghaufen
sind seit 1894, die elektrischen StraßenbahnenTheater-Wichlinghausen und Barth-Elbcrfeld-Sonnborn seit 1895 im Betrieb, die
elektrische StraßenbahnTheater-Rittershausen- Langenfeld-Echwelm und verschiedene kleinere Ver- bindungsbahnen im Bau.
Barotropismus (grch.), in der Physiologie die Erscheinung, daß sich ein Organismus nach der Seite eines
auf ihn ausgeübten Druckes wendet; ge- schieht das nach der Seite des höhern Druckes, so ist der Barth positiv,
geschieht es nach der des gerin- gern, so ist er negativ. Baroxyton, Blechblasinstrument für Primbaß von weiter Mensur mit
dem Umfang vom Kontra-1 bis zum eingestrichenen a, das 1853 von dem In- strumentenmacher Vaclav Frantisek
Cervenh (s. d., Bd.
4) in Königgrätz
[* 33] erfunden wurde. * Barras, PaulJean Francois Nicolas, Graf von. Seine «^lömoireZ» (4 Bde.,
Par. 1895-96; deutsck Stuttgart-Leipzig 1895 fg.), die auf allerlei Aufzeicbnungen beruhen, die Barth hinterließ und Rousselin
überarbeitete, hat der jetzige BesitzerGeorges Duruv herausgegeben, leider in der von Rousselin hergestellten,
nicht in der ursprünglichen Form. Sie sind überaus reichhaltig, bieten zu- mal wichtiges Material für die Geschichte
Nobes- pierres sowie wertvolle Berichte über die Vorgänge innerbalb des Direktoriums, sind aber stark von der Eitelkeit des
Verfassers beeinflußt und vor allem voll unglaublicher Gehässigkeit gegen Napoleon und die Seinen,
am ärgsten gegen B.s frühere Geliebte Iosephine Beauharnais.
Barsinghaufen, Dorf im Landkreis Linden des preuß. Reg.-Bez. Hannover, am Deister und an der Nebenlinie Weetzen-Haste der Preuß.
Staatsbah- nen, hat (1895) 4017 evang. E., Post, Telegraph, evang. Kirche, cvang. Damenstift in dem ehemaligen Augustinernonnenkloster;
Papier-, Schleifstein- und ^ Preßüchlenfabrikation, konigl. Steinkohlengruben i und Sandsteinbrüche.
! Barsö, Insel im Kleinen Velt, zur preuß. Pro- vinz Schleswig-Holstein
[* 34] gehörig, nordwestlich von der InselAlsen.
Barth, Heinrich, Pianist, geb. in Pillau bei Königsberg,
[* 35] machte seine pianistischen Studien in Potsdam
[* 36] beiL. Steinmann
und in Berlin bei Hans von Bülow, Vronsart von l^chellendorf und Tausig; daneben genoß er theoretischen
Unter- richt bei A. Marx, Weitzmann und Friedrich Kiel.
[* 37] Er wurde 1869 Lehrer am Sternschen Konservato- rium in Berlin, 1871 an der
könial. Hochschule für Musik daselbst. Im Verein mit de Ahna und Haus- mann gab V. Kammennusikabende in der
¶
forlaufend
Sing-128 Barthelemy Saint-Hilaire - Bassum akademie und später volkstümliche Kammermusiken in der Philharmonie. Als Solist
wie als Ensemble- spieler gehört Bassum zu den ersten seines Faches. * Barthelemy Saint-Hilaire, Jules, starb zu Paris.
Barthou (spr. -tuh),Jean Louis, franz. Poli- tiker, geb. in Oloron-Sainte-Marie iVasses Pyrenees),
studierte die Rechte und wurde Advokat und Muuizipalrat in Pau,
[* 39] wo er die Re- daktion des «Inä^p6Iiäaut
ll68 ij^LLL'I^I^N^L» führte. 1889 und 1893 wurde er als republika- nischer Kandidat in die Kammer gewählt, errang
sich hier bald eine einflußreiche Stellung als Mit- glied mehrerer wichtiger Kommissionen, so daß ihm
Tupuy in seinem Ministerium vom (von Casimir-Perier durch Dekret vom 1. Juli bei- behalten) das Nessort der öffentlichen
Arbeiten, Meline bei der Bildung seines Mi- nisteriums die Leitung des Innern übertrug. Bassum ist einer der schlagfertigsten
und begabtesten unter den jüngern Führern der gemäßigten Republikaner. Durch seine Rede in der Deputiertcnkammer
ließ er den Socialisten eine unumwundene Ab- sage zu teil werden. *Bafel.
1) Kanton.
[* 40] 3. Der Halbkanton Basel- Landschaft hatte 1888 eine Wohnbevölkerung von 61941 (5. (303 Franzosen, 115 Italicner),
darunter 12921 Katholiken und 165 Israeliten. Einwohner- zahl der Bezirke: Bezirke Arlcsheim . Liestal . . . Sissach . . ,
Waldenburg
[* 41] Ein- Evan- wohncr > gelische Katho- i Israe- litin ! liten Andere 21903 11250 ! 10 574 14 753 13189 1361 15 701 > 14 914 756 9 584 9 345 46 89 30 230
- 33 114 1 Halbkanton ^ 61941 ^ 48 698 5 12 921 j 165 I 157 Die Saline Schweizerhalle lieferte 1894: 15789 tKoch-, Tafel- und Viehsalz sowie 1555 t, Dünge- und Gewerbesalz.
In der Industrie zählte man 1894: 71 Fabriken mit 3845 Arbeitern und 3405 Pferdestärken und 323 eingetragene Firmen.
Die Einnahmen betrugen 1895:1357 910, die Ausgaben 1317 602 Frs. d. Der .Halbkanton Basel-Stadt hatte 1888 eine Wohnbevölkerung
von 73749 E., darunter 2040 Franzosen, 346 Italiener und 57 Romanen. Ein- wohnerzahl derBezirkc: Bezirke Einwohner Evangelische
Katholiken Israc-liten Andere Stadtbezirk . . Landbezirk . . 69 809 3 940 47 007 3 074 21312 320 104739
443 7 Halbkanton ! 73749 I 50081 ! 22132 I 1086 ! 450 Die Zahl der Geburten (einschließlich Totgeburten) betrug
1894: 2636, der Eheschließungen 815, der Sterbefälle 1475. Die Industrie zählte 1894: 160 Fabriken mit 13790 Arbeitern
und 3560 Pferde- stärken;
Aktiengesellschaften bestanden 83, einge- tragene Firmen 1426. Die Straßen umfaßten 1895: 170 km,
die Eisenbahnen 21,8 km-, hierzu kommen noch 3 kni elektrische Straßenbahn, die 1896/97 um etwa 12 km vermehrt werden. 1896 wird
der Zweigkanal Mülhausen
[* 42] i. E.-Hüningen des Rhein- Rhöne-Kanals bis auf das kantonale
Gebiet weiter geführt und in V. eine große Hafenanlage gebaut. Die Einnahmen des H a l'b kantons betrugen 1894: 7 418 386 Frs.,
darunter Einkommen- und Erwerbs- stcner 1165071, Vermögenssteuer 1077 575 Frs., die Ausgaben 7178107, darunter 1,85 Mill.
Frs. für Er- ziehungswesen, 2 473 757 Frs. für das öffentliche Bauwesen und 1036452 Frs. für Verzinsung
und Amortisation der
Staatsschuld. Das Aktivvermögen betrug 13,509, das Passivvermögen 25,724 Mill. Frs. Basel-Stadt ist auch
bemerkenswert durch seine social- polit. Gesetzgebung, deren Beginn noch in die Zeit vor dem Auftreten der deutschen Kathedersocialisten
fällt. 1869 wurde der zwölfstündige Normalarbeits- tag in Fabriken, verbunden mit Verbot der Nacht-
und Sonntagsarbeit, eingeführt; 1888 wurde dann das eidgenössische Fabrikgesetz von 1877, welches den elfstündigen Normalarbeitstag
in Fabriken einführte, in Basel-Stadt durch ein besonderes Schutzgesetz in seinen wichtigsten Bestimmungen auf alle weiblichen
Arbeitskräfte in gewerblichen Ateliers ausgedehnt.
Andere Gesetze führten ein: den staatlichen Arbeits- nachweis, die gewerblichen Schiedsgerichte, die un-
entgeltliche Beerdigung, die unentgeltliche Kranken- pflege Bedürftiger, die Unentgeltlichkeit der Lehr- mittel, der Schreib-
und Zeichenmaterialien und des gesamten Unterrichts (mit Ausnahme desjenigen der Universität), die staatlichen Kinderhorte,
die Versorgung verwahrloster jugendlicher Elemente und die staatliche (ebenfalls unentgeltliche) Frauen- arbeitsschule. Dagegen
wurden zwei Entwürfe obli- gatorischer Krankenversicherung, die seit 1868 in Angriff genommen worden waren,
in der Volks- abstimmung verworfen, trotzdem der GroßeRat sie mit großer Majorität angenommen batte. Gegen- wärtig (1896)
steht im GroßenRat ein Gesetzent- wurf betreffend Einführung obligatorischer Arbeits- losenversicherung zur Beratung. - 2)
Stadt, hatte 1888: 69809 E. (1997 Franzosen, 305 Italiener, 56 Romanen).
Das auf Kosten des BaronsGruyer zum Dank für die Unterstützung des 1870 belagerten Strahburg durch die Schweiz
[* 43] und besonders
durch Bassum errichtete Denkmal in weißem Marmor (von Bartholdi in Colmar)
[* 44] wurde 1895 enthüllt. In den Nebengebäuden des Münsters
befindet sich seit 1896 eine Bibelausstellung der BaselerBibelgesellschaft. Die Predigerkirche ist den
Altkatholiken eingeräumt, die roman. Matthäuskirche 1894-96 erbaut. Das histor. Museum befindet
sich in der 1890-92 restau- rierten Barfüßerkirche. Das 1894 - 96 erbaute Bibliotbekgebäude enthält die Universitätsbibliothek.
Die Universität hatte 1896/97: 95 Professoren und 461 Studierende. Von Unterrichtsanstalten sind noch zu nennen die
allgemeine Gewerbeschule mit Museum, ciue private Musikschule, Predigerschule, staatliche Frauenarbeitsschule, höhere Mädchenschule
mit Fortbildungsabteilungen für gelehrte Berufe und kaufmännische Ausbildung. - Von dem «Ur- kundenbuch der Stadt
V.» erschien 1897 in Basel
[* 45] der 3. Band,
[* 46] von den «Vasler Chroniken» 1895 in Leipzig
[* 47] der fünfte. * Basis, in der Geodäsie.
Von der preußi- schen trigonometr. Abteilung der Landesaufnahme wurde im Sommer 1892 bei Bonn
[* 48] an derselben
Stelle wie 1847, nur in etwas anderer Lage und Ausdehnung,
[* 49] eine neue Basismessung ausgeführt. Die neue hat eine Länge von rund
2512,9 iu. Bassum, Flecken im KreisSyke des preuß. Reg.- Bez. Hannover, am Klosterbach und der Linie Wanne-
Münster-Bremen der Prcuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Verden),
[* 50] hat (1895) 837, als Gemeinde 2304 evang.
E., Post, Telegraph, evang. Kirche, evang. Damenstift, um 860 vom
¶
forlaufend
129
BischofAnsgar von Bremen
[* 52] als Benediktincrkloster gegründet, mit Stiftskirche (im 14. Jahrh, erbaut und 1866 restauriert),
landwirtschaftliche Winterschule, Sparkasse-. Tabakfabrikation, Gerbereien, Säge- werke, Molkerei und Viehhandel. *Bastia,
Stadt, hat (1891) 21208, als Ge- meinde 23397 E. Batabanb, Stadt in der Provinz Habana
[* 53] auf der InselCuba, südsüdöstlich
von Habana am Nord- ufer der Bahia de
[* 54] la Broa gelegen, bat (1887) als Gemeinde 8016 E. und wurde Ende
des Jahres 1895 von den Aufständischen großenteils eingeäschert. hat Eisenbahnverbindung mit Habana, Pinar del Rio
[* 55] und
dem Osten.
*Batavia. Die Stadt hat (1893) 110 670 E., darunter nur 9700 Europäer. * Bathurst, engl. Familie. AllenAlexan- der, sechster Graf Bauernbefreiung, starb ihm folgte als siebenter Graf Bauernbefreiung sein Sohn AllenBenja- min, geb. Batna,
Stadt im alger. Tepart. Constantine, 119 Wn im SSW. von Constantine, Hauptort einer 1883 gegründeten Unterprafektur und
einer Militär- Subdivision, Sitz eines Gerichtshofs erster Instanz, hat 5250 E., darunter 1730 Franzosen.
Die Stadt, zuerst eine unter dem NamenNeu - Lambessa 1848 gegründete Militärstation zur Überwachung der Auresstämme und
Sicherung der Verbindung mit Biskra, liegt an der Grenze der Hochebene, in 103 m .höhe, am Wadi Bauernbefreiung. Die Winter sind sebr
kalt, die Sommer heiß. In 2000 m Höhe über der Stadt liegt der berühmte Cedernwald am Dschebel Tuggur. In B.istbcdeutender
Holz-,Ziegel-und Kohlenhandel.-
Vgl. Cagnat, 1^ Mi866 äs I^amd^86 (Par. 1895).
^Battenberg, Familie. Julie, Prinzessin von Bauernbefreiung, starb auf Schloß Heiligen- bcrg bei Jugenheim. Prinz Heinrick schloß
sick der engl. Erpedition gegen Aschanti an und ging mit den Truppen in ^ee. Ein starker Fieberanfall
bei seiner Ankunft in Afrika nötigte ihn zur Rückreise nach Cape-Coast-Castle, von wo er sich an Bord des enal. Kreuzers Blonde nach
Madeira
[* 56] einschiffte. Auf der Reise dahin starb er Seine Gemahlin Bea- trice, Gräfin von Bauernbefreiung, wurde
im Juni 1896 zum Gouverneur und Kapitän der Insel Wight und zum Gouverneur von Carisbrooke Eastle daselbst ernannt.
«Batum bat (1892) 19891 E., Filialen der RussischenReichs bank und der Tifliser Kommerzbank. Die Produktion der verschiedenen
Unternebmungen betrug 1893: 33,9 Mill. Rubel mit cinem Rein- gewinn von 913400 Rubel; an Pctroleumbebäl-
tern allein wurden für 26 Mill. Rubel angefertigt. Die Ausfuhr betrug 1893: 57,? Mill. Pud im Werte von 23,5 Mill.
Rubel, darunter Napbtba- produkte 55,4 Mill., Sühholzwurzeln 1,1 Mill., Manganerze 0,49 Mill., Mais 203256, Nutzholz 141013
Pud; eingeführt wurden 6 Mill. Pud im Werte von 9,7 Mill. Rubel, darunter Bretter und Balken 2,35 Mill., Blech 2 Mill., Schwefel
30^ 108 Pud. Der Schiffahrtsverkehr umfaßte 1893: 2158 Dampf- und 593 Segelschiffe. Der Hafen is. nachstehenden Plan)
hat große
Bedeutung als Stützpunkt für die russ. Flotte in: Sckwarzen Meer. Er kann etwa 20 große Kriegs- schiffe
aufnehmen; 2 Molen, eine kurze westlicke und eine große an der Ostseite, schützen das Hafen- becken, dessen WasjerticM l)
bis 4iu betragen. Der ganze Hafen soll auf 8 m Tiefe ausgebaggert Vrockhaus' Kouversations-Lexikon. 14. Aufl.. XVII. werden.
Die Reede vor dem Hafen ist gut, aber ttcin; sie wird vom KapBurun geschützt. Die Schiffe mit weniger als 6 ni
Tiefgang können un- mittelbar am Lande längsseit der Quaianlagen des Hafens festmachen. Die Petroleumniederlagen von Bauernbefreiung fassen 90000 t
Petroleum. TieKüstenbefestigungen von V., die teilweise noch nickt ganz fertig sind, umfassen die steinerne
Kasemattenbatterie Burun Tabia auf dem Kap Vu- Vatum (Situationsplan). run; auf dem Kopf der großen Mole
[* 57] einen im Bau befindlichen
großen Panzerturn: mit schweren Ge- schützen; die Batterie Barzkhana Tabia in der Nähe der Rothschildscken Mole für die
Petroleumdampfer; ferner ein Fort im Osten der Bucht von Bauernbefreiung, so- wie mehrere Batterien mit schweren Kruppschen
Gesckützen bewaffnet. In der Nabe von Bauernbefreiung, bei Tschakwa, sind in neuerer Zeit große Theeplantagen durch chines. und japan.
Arbeiter mit Erfolg angelegt worden. Baudelaire lspr. bod'lähr), Pierre Charles, franz. Dichter, geb. zu Paris, machte
sich bekannt durch einen Band Gedichte: »l'ieurg cw inai" (1857), wegen deren er gerichtlich belangt wurde
und von denen er in der zweiten Auflage (1861) mehrere als moralverletzend weglassen mußte.
Außerdem veröffentlichte Bauernbefreiung eine Übersetzung des amerik. Dichters Edgar Poe, eines Geistesver- wandten V.s (5 Bde.,
Par. 1856 fg.), Schriften über Tbeoptüle Gautier (1860), über Opium und Haschisch, dessen Genuß V.
selbst eine Zeit lang fröhnte («I'ü- i-!i(ii8 3i'titic-i6l8», 1861),
über Richard Wagner und Tannhäuser (apologetisch, 1861). Er starb zu Parie. Nach seinem Tode erschienen seine "
(tXivi-68 cmupietez» (4 Bde., Par.
1869),
Vgl. A. de la Fizelicre und E. Decaur, Oiiai-168 K. (Par. 1868);
Asselineau, (Hari68
Ü., 8^ vis 6t8on wnvl6 (1869);
F. Brunetiere in der «1 des Doux ^i0Nli63» (1887).
^Vaudifsin. GrafUlrich von V. starb zu Wiesbaden.
[* 58] Gras Noderich von Bauernbefreiung starb Familienhaupt ist
seitdem sein Nesse, GrafOtto von Bauernbefreiung, geb. * Bauer, Ferdinand,Freiherr von, starb in Wien.
[* 59] Bauernbefreiung,
die durch eine Reihe von gesetzlichen Maßnahmen zu Ende des 18. und An- sang des 19. Jahrh, herbeigeführte Befreiung des
Bauernstandes von allen Lasten und seine wirtschaft- licke und persönliche Freiheit einschränkenden Ver-
hältnissen, wie sie sich im Verlauf des MiNelalters herausgebildet hatten. Dahin gehört zunächst die 9
¶
forlaufend
130
Aufhebung der Erbunterthänigkeit, in ihrer weitest- gehenden AusartungLeibeigenschaft (s. d., Bd.
11) genannt, ferner die Aufhebung der bäuerlichen Fron- dienste (f. Frone, Bd.
7), weiter die Verwandlung des verschiedenartigen Vesitzverhältnisses der Bauern zu dem von ihnen bebauten Boden in freies
Eigentum, schließlich die durch vorstehende Maßnahmen bedingte Ablösung der auf dem Bauern persönlich
oder seinem Grund und Boden ruhenden Reallastcn (s. d., Bd.
13). Ursprünglich ist von einem seßhaften deutschen Bauernstand überhaupt nicht zu reden. In seiner Frühzeit war der Germane
hauptsächlich Krieger.
Der durch Krieg gewonnene Boden wurde zunächst an die Hundertschaften, dann an die einzelnen Zaus- väter gleichmäßig
zur Benutzung verteilt; nur die Führer des Stammes und besonders verdiente Krieger erhielten ein Mehrfaches des dem Einzelnen
zugewiesenen Anteils. Allmählich gestalteten sich so- dann im 4. und 5. Jahrh, die ursprünglich nur vor^ übergehend gedachten
Besitzverhältnisse dauernder und fester: der Krieger wurde Bauer. Während aber der auf die primitive
Urzeit zugeschnittene Ertrag der einzelnen Vauernstellen ein kärglicherer und un- zureichender geworden war, waren die staatsbürger-
lichen Pflichten und Lasten die alten geblieben.
Darum begannen schon jetzt die Bauern Schutz zu suchen bei dem großen Grundherrn; sie übertrugen diesem entweder das ihnen
gehörende Gut oder nahmen von ihm ein solches zur Leihe, und jener übernahm als Entgelt ihre staatsbürgerlichen
Pflichten. Die Folge war, daß der freie Bauernstand allmählich im 10. bis 12. Jahrh, mit der bereits auf den Gütern jener
Großgrundherren seit lange vor- handenen Klasse grundherrlicher Unfreien verschmolz zu der Klasse der grundholden Bauern.
Der Besitz eines eigenen, wohldurchdachten und wohlange- wandten Rechtes und die thätige Mitarbeit der
Grundherren am landwirtschaftlichen Betriebe ließen trotz alledem den Bauernstand während dieser Zeit vorwärts schreiten.
Anders wurde dies jedoch, als mit dem 12. Jahrh, der Grundherr sich der Mit- arbeit entzog, aus dem praktischen Landwirt
ein kriegslustiger Ritter wurde, der den Sinn für alles Agrarische verlor. Die persönliche Unsreiheit
der Grundholden lockerte sich, die Intensität des Be- triebes wuchs, die Grundrente stieg; die Zinse konn- ten aber, da sie
rechtlich fixiert waren, von dem Grundherrn nicht einseitig erhöht werden und stan- den infolgedessen in keinem Verhältnisse
mehr zu dem Ertrage des Grund und Bodens.
Tausende von Bauern wurden stark genug, in Einzelverträgen ihr Grundholdentum in Erb- oder Zeitpacht umzuwan- deln; ein neuer
Stand bäuerlicher Pächter war ent- standen. Und wie immer in Zeiten großen Auf- schwungs wurde es auch jetzt manchem, der
in der Heimat keine Genüge für seine Schaffenslust fand, auf dem alten Kulturboden zu eng; ein Stromdeut- scher Kolonisten ergoß sich in die slawischen Länder jenseit der Elbe, verdrängte die Slawen, verbreitete deutsches Recht
und begründete in der Vodenwirt- schaft ein freies, erbzinsliches Leihverhältnis.
Bis zum 14. Jahrh, dauerte dieser Zuzug; dann ging der Einfluß der Deutschen im Osten zurück; gleichzeitig
batte aber im alten Mutterlande der Anbau des Landes die äußerste Grenze der Rentabilität erreicht. Die großen Städte
vermochten die überschüssigen Elemente nicht in nötigem Maße aufzunehmen; es bildete sich ein lästiges, ländliches Proletariat.
Die Grundherren aber
wurden wieder aufmerksamer auf ihre alten Rechte, und indem sie dieselben im Sinne
des zur Herrschaft gelangten röm. Rechts umwandel- ten, konstruierten sie zu ihren Gunsten ein unbe- schränktes Eigentumsrecht
am Grund und Boden, seinen Gebäuden und seinen Bebauern und daraus wiederum ein Recht aufZinse und persönliche Dienste
[* 61] ohne
Maß und Schranke. Die Aufstände der gegen solche Auffassung und deren rücksichtslose Durch- führung
rebellierenden Bauern wurden indem furcht- baren Bauernkriege (s. d., Bd.
2) blutig niederge- worfen und der Druck nur noch verstärkt; bis zum Beginn des 19. Jahrh, wurde ein grundherrliches Regiment,
bestehend in Erpressungen und Aus- nutzung aller Art, geführt.
Preußische Monarchen machten die ersten Ver- suche, den Bauernstand von seinen Lasten zu befreien. Bereits
Friedrich Wilhelm I. hatte 1718 seine ost- preußischen, 1719 seine pommerschen Domänen- bauern freigegeben. Es handelte sich
hierbei jedoch hauptsächlich um Einführung des erblichen Besitzes; die Frondienste blieben, auch die Gebundenheit an die
Sckolle. Allgemein eingeführt wurde der erblich-las- sitische Besitz an Stelle des bisher unerblichen durch
eine 1777 ergangene Kabinettsorder Friedrichs II. sowie durch eiue1790 ergangene Deklaration zu jener Kabinettsorder.
Auch jetzt blieben aber Frondienste und Erbunterthänigkeit im allgemeinen noch bestehen. Für Ost- und Westpreußen
[* 62] wurde
das Aufhören der Erbunterthänigkeit 1804 gesetzlich anerkannt. Von 1799 bis 1805 war außerdem den Domänenbauern die Möglichkeit
der Dienstablösung gegeben worden. In Pommern,
[* 63] der Neu- und Kurmark fand vertrags- mäßig gleichzeitig mit der Dienstablö^nng
die Auf- hebung der Erbunterthänigkeit statt. Durch Ver- ordnung vom wurde sodann die etwa noch vorhandene Erbunterthänigkeit
der Domänen- bauern in Brandenburg,
[* 64] Schlesien
[* 65] und Pommern beseitigt.
Hand
[* 66] in Hand mit der Ablösung der Dienste ging die Verleihung des Eigentums an die Domänenbauern gegen
ein von diesen zu ent- richtendes Einkaufsgeld. Schwerer war die Auf- gabe des Staates hinsichtlich der Befreiung der Privatbauern
gegenüber den privaten Grundherren. Das 18. Jahrh, brachte hier nur eine einzige, aller- dings sehr bedeutsame Maßregel:
das durch Fried- rich II. schon 1749, namentlich aber 1764 durchge- setzte Verbot des Legens der Bauern
(s. Bauern- legen, Bd. 2). Derselbe König hatte auch einige,
allerdings mißglückte Versuche gemacht, die Erb- unterthünigkeit aufzuheben; aber erst der tiefe Sturz des preuß. Staates
nach den Schlachten
[* 67] von Jena
[* 68] und Auerstüdt zwang unter andern bedeutenden Neuerungen auch zur Aufhebung
der Gutsunter- thänigkeit, zur Stütze des schwankenden Staates auf der breiten Grundlage eines freien Bauernstandes.
Dies geschah durch das Edikt vom Frei war der Bauer nun zwar geworden, aber die Frondienste, die nicht persönliche,
sondern auf dem Bauernhof lastende Pflichten waren, bestanden fort. Hier wurde Wandel geschaffen durch
die sog. Regu- lierungen der zwischen Gutsherren und Bauern be- stehenden Verhältnisse, und grundlegend hierfür war das
sog. Ncgulierungsedikt vom durch welches für das ganze Königreich die Bedin- gungen
festgelegt wurden, unter welchen die guts- berrlichen Bauern bei Ablösung aller Lasten und Dienste freie
Eigentümer des von ihnen bebauten Grund und Bodens werden sollten. Gestört und aufgehalten wurde die Vefreiungsarbeit teils
durch
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forlaufend
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die Kriege von 1812,1813 und 1814, teils auch ' durch die Unzulänglichkeit der Gesetze selbst. Auf- gabe der Ablösungsordnung
vom sollte es sein, feste Grundsätze für die Ablösung der Dienste und Lasten aufzustellen; sie war aber nur der
Vor- läufer für eine ganze Reihe von verschiedenen Ab- lösungsgesetzen, welche ihren definitiven Abschluß!
fanden in dem Gesetz vom In Bayern
[* 70] hatte wie in Preußen
[* 71] der Staat auch zunächst versucht, eine Besserung in dem
Abhängig- z keitsverhältnis der Staatsgrunoholden auf Grund ! des Mandats vom herbeizuführen.
DasfelbeermöglichtedenStaatsgrundholden, ebenso wie die Verordnung vom den Grund- holden der
säkularisierten Klöster, die Umwandlung des staatlichen Obereigentums in frei vererblicbes ! Besitztum. Durch Verordnung
vom nebst Ausführungsverordnungen vom 20. Aug.1808 wurde die Leibeigenschaft, soweit sie überhaupt noch vorhanden war,
aufgehoben. Das gleichzeitig er- gangene Edikt vom wandelte zu- nächst alle bisher bestehenden
ungemessenen Fronen , in gemessene um und gab außerdem die Möglichkeit zur Ablösung der guts- und grundhcrrlichen Nechte.
Nachdem durch die Verordnungen vom und der Staat für seine eigenen Grundholden die Bedingungen für diese
Ablösungen festgestellt hatte, erfolgte eine allgemeine Regelung der zwischen Gutsherren und Bauern obwaltenden
^ Verhältnisse zwecks Beseitigung der aus dem Grund und Boden ruhenden Lasten durch das Gesetz vom ! 4. Juni 1848. ! In Baden
[* 72] setzt die V. ein mit einem vom Mark- grafen KarlFriedrich unter dem er- ^ lassenen Editt, durch
das in allen unter seiner Landeshoheit befindlichen Orten die Leibeigenschaft aufgehoben wurde.
Durch die Konstitutionsedikte wurde dieselbe sodann endgültig und allgemein be- seitigt. Die Aufhebung der Reallasten wurde
be- gonnen mit dem Gesetz vom und fort- i geführt durch das Gesetz vom be- >
treffend die Aufhebung der Feudalrechte, welches außer allen Abgaben gutsherrlicher Natur auch die noch bestehenden Erbdienstbarkeitsrechte
und die arundherrlichen Jagd- und Fischereirechte aufhob. Die Ablösung der sehr bedeutenden Zehntabgaben erfolgte durch das
Gesetz vom sowie durck das eigentliche Zehntablösungsgesetz vom 15. Nov. 1833. ! In Württemberg
[* 73] begann die Vefreiungsarbeit mit dem Edikt vom welches die Personal-und Lokalleibeigensckaft aufhob, doch keine
großen Wirkungen zeitigte. Es folgten die Gesetze vom 27., 28. und welche die Beden, Fronen und Lcibcigenschaftsleistungen
ausboben oder für ablösbar erklärten.
Definitiven gesetzlichen Abschluß brachte wie in andern Ländern so auch hier das Jahr 1848, namentlich
mit dem Gesetz vom das später noch durch mehrere Einzel- und Specialgesetze ergänzt und fortgeführt wurde.
In Sachsen
[* 74] bestand eine Leibeigenschaft Anfang dieses Jahrhunderts eigentlich nur noch in der Ober- lausitz. Bauernaufstände,
die 1830 losbrachen, ver- anlaßten die Regierung, sämtliche Reste bäuerlicher Unfreiheit zu beseitigen
und dem Bauernstände Sitz und Stimme in der Ständekammer zu geben.
Die Ablösung dcr Neallasten wurde ermöglicht durch das Neskript vom
und das Gesetz vom das erste
in Deutschland,
[* 75] welches gleichzeitig mit der Genehmigung der Ablösung auch das dem Bauern die Ablösung
ermöglichende Institut, die Landesrentenbank (s. Nentenbanken, Bd.
13), ins Leben rief. Im übrigen Deutschland war es auch hauptsäch- lich das Jabr 1848, welches das Ablösungswerk zum Abschluß
brachte. über dieV. in Rußland s. Vauernemancipation (Bd.
2). Litteratur.
Graichen, Handbuch über Ablösun- gen, Gemeinheitsteilungen und Grundstückenzusam- menlegung;
eine übersichtliche
Darstellung der über die Regulierung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhält- nisse im Königreich Sachsen geltenden Gesetze
u. s. w. (Lpz. 1842);
Schwarz, Zehentablösungsgesetz für das Königreich Württemberg (Stuttg. 1849);
A- Lette undL. von
Rönne, Die Landeskulturgesetz- gebung des prcuß.
Staates (3 Bde., Verl. 1853- 54); Sugenhcim, Geschichte der
Aufhebung der Leibeigenschaft in Europa
[* 76] bis um die Mitte des 19. Jahrh. (Petersb.
1861);
G.F. Knapp, Die V. und der Ursprung der Landarbeiter in den ältern TeilenPreußens
[* 77] (2 Bde., Lpz.
1887); ders., Die Landarbeiter in Freiheit und Knechtschaft (ebd. 1891).
Dasselbe sieht die Errichtung von derartigen Komitees in den einzelnen Arrondissemcnts vor, welche unter anderm die Erbauung
und Vermietung gesunder Arbeiterwohnungen sowie ihren Verkauf an die Ar- beiter gegen bar oder jährliche Abzahlungen beför-
dern sollen, regelt die rechtliche Stellung der Gesell- schaften und Genossenschaften, deren ausschließlicher Zweck die
Erbauung, der Ankauf, Verkauf oder die Vermietung von für die arbeitenden Klassen be- stimmten Wohnungen bildet, sichert
denselben gewisse Gebührenbegünstigungen, ermächtigt die staatliche Allgemeine Spar- und Altersrentenkasse zur Ge- währung
von Darlehen für die Erbauung und den Ankauf von Arbeiterhäufern u. a. mehr.
Unter der Herrschaft dieses Gesetzes, das bereits durch Nach- tragsbestimmungen Modifikationen erfahren
hat und noch weitere Ergänzung finden soll, hat sich ein immerhin bemerkenswerter Aufschwung bei der Herstellung von Arbeiterwohnungen
ergeben. Ende 1893 bestanden 56 Aktiengesellschaften und 8 Genossenschaften, welche sei es selbst Arbeiter- Häuser vermieten
und verkaufen, sei es den Arbei- tern Vorschüsse zum Bau und Ankauf von solchen gewähren. Der von der
Spar- und Altersrenten- lasse an diese Gesellschaften und Genossenschaften gewährte Kredit belief sich auf 5,35 Mill. Frs.
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